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Tierschutz Harzer Hundequälerin ohne jede Reue

Nach der Rettung von 15 Welpen in Wienrode schlagen die Emotionen hoch. Nun spricht die beschuldigte Hundehalterin aus dem Harz.

Von Dennis Lotzmann 23.02.2019, 00:01

Wienrode/Halberstadt l „Ich habe meine Tiere kupieren lassen, habe damit gegen das Gesetz verstoßen und dazu stehe ich auch. Mehr habe ich mir nicht vorzuwerfen. “ Mit diesen Worten hat die Wienröderin Gabriela Schäfer am Freitag auf die massiven Vorwürfe, mehreren Hundewelpen illegal Körperteile amputiert (kupiert) haben zu lassen, reagiert. Das Grundstück der 54-Jährigen war am Donnerstagmorgen von Polizei und Veterinäramt durchsucht worden. Dabei waren zehn nunmehr acht Wochen alte Dobermann-Welpen und fünf etwa vier Monate alte Junghunde beschlagnahmt worden. Die Welpen mit kupierten Ruten (Schwänzen), die Junghunde obendrein mit teilweise kupierten Ohren.

Während Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die 54-Jährige und eine 48 Jahre alte Frau aus Serbien wegen des Verdachts, gegen das Tierschutzgesetz verstoßen zu haben, ermitteln, geriert sich die 54-Jährige gegenüber der Volksstimme als Opfer: Sie habe schließlich alles für ihre zehn Hundewelpen, die sie als „ihre Kinder“ bezeichnet, getan. „Ich habe sie persönlich auf die Welt gebracht. Ich habe jede Woche von meinen Kindern Fotos gemacht und sie haben von mir nur das beste Futter bekommen“, betont sie. Kurzum: Die Tiere hätten sich in einem hervorragenden Zustand befunden. Obendrein seien alle schon verkauft gewesen. Sie nun zu beschlagnahmen, sei einfach eine Ungerechtigkeit, wettert die Frau.

Zumindest was den gesundheitlichen Zustand der Tiere anbetrifft, gibt es mittlerweile von offizieller Seite Entwarnung: „Den Hunden geht‘s soweit gut“, so Amtstierarzt Dr. Rainer Miethig am Freitag. Zuvor hatten seine Mitarbeiter die in Tierheimen untergebrachten 15 Dobermänner genau unter die Lupe genommen.

Die Tiere sind nach der Razzia von der Kreisverwaltung beschlagnahmt worden. Wie es mit ihnen weitergeht, ist nach Miethigs Worten unklar. Die juristische Klärung laufe noch.

Eine maßgebliche Frage, weil sich nach dem Bekanntwerden der Razzia und der Beschlagnahme der Tiere zahlreiche Hundefreunde gemeldet und persönlich Unterstützung angeboten haben. „Wir würden einem dieser Welpen gern ein schönes Zuhause bieten wollen.“ Mit diesen Worten hat eine Frau am Donnerstagabend auf die Berichterstattung der Volksstimme reagiert. Auch bei Amtstierarzt Miethig sind schon Anfragen eingegangen.

Klar ist nach seinen Worten, dass die fünf Junghunde erst einmal in Quarantäne müssten, bis alle anderen Fragen geklärt seien. Dazu gehöre auch die Frage, ob Papiere vorliegen und diese in Ordnung seien. Bei den Welpen müsse der Eigentums- und Herkunftsnachweis genetisch erbracht werden. Wie lange diese Untersuchungen dauerten, könne er nicht sagen, so der Chefveterinär.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft sind die Tiere als Beweismittel im Verfahren nicht zwingend nötig. Vor Gericht, so der Chef der Staatsanwaltschaft in Halberstadt, Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck, werde üblicherweise mit Fotos, Protokollen und Expertisen von Sachverständigen gearbeitet. „Die Tiere bis zur abschließenden Klärung aller Vorwürfe in liebevolle Hände abzugeben, hat unsererseits die volle Unterstützung“, so Roggenbuck.

Allerdings stellt der Chefermittler klar: Das wäre erstmal nur eine in Obhutnahme, weil es sein könnte, dass erst nach dem Abschluss aller juristischer Verfahren das Schicksal der Tiere endgültig klar ist.

Ein Fakt, der an die Beschlagnahme von 26 völlig verwahrlosten Pferden vor einigen Jahren in Danstedt erinnert. Nach der damaligen Razzia war dem Besitzer ein gerichtliches Haltungsverbot auferlegt worden. Zudem waren mehrere Tiere eingezogen worden. Möglich, dass es hier ähnlich läuft und die Tiere dann endgültig an neue Besitzer gehen. Denkbar ist aber auch, dass Gabriela Schäfer, die sich nach eigenen Worten mittlerweile anwaltlich vertreten lässt, am Ende straffrei bleibt und die Tiere, so sie tatsächlich ihr Eigentum sind, zurück erhält.

Gegenüber der Volksstimme zeigt die 54-Jährige kaum Schuldbewusstsein. Das Kupieren von Rute und Ohren eines Dobermanns, so die Vorstellung der Berufsschulsekretärin, sei der Gesundheit der Tiere zuträglich. Quatsch, kontert Miethig. Einfach was amputieren – das sei wie bei einem Bein beim Menschen – viele haben danach auf immer Phantomschmerzen. „Man kann davon ausgehen, dass beim Kupieren immer was zurückbleibt“, so Miethig.

Nicht zuletzt deshalb sind derartige Amputationen laut Tierschutzgesetz in Deutschland generell verboten. Bei medizinischen Indikationen oder beispielsweise bei Jagdhunden sind sie aber zulässig. Für Schäfer ein Widerspruch. Bei Gesetzesverstößen – somit also auch ihr – drohen Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft. Schließlich räumt sie gegenüber der Volksstimme ein: „Die Ruten meiner zehn Welpen sind bei mir zu Hause kupiert worden.“ Von wem sagt sie nicht.

Letztlich dürften auf die Wienröderin noch mehr Vorwürfe zukommen. Anna Walker, Aktivistin der Tierschutzorganisation Peta, die das jetzige Verfahren mit einem Scheinkauf erst ermöglicht hatte, sagt: „Ich sollte 1000 Euro für den Hund und 500 Euro fürs Kupieren zahlen.“ Sie habe insgesamt 500 Euro pro Hund genommen, entgegnet Schäfer. Die fünf Junghunde, die aus Bulgarien stammten, habe ihre Freundin aus Serbien völlig eigenständig angeboten.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft stellen sich letztlich auch steuerrechtliche Fragen. „Wir werden das Finanzamt um Prüfung bitten“, kündigt Hauke Roggenbuck an. Sie habe die Einkünfte aus dem Verkauf nicht angegeben, weil ihnen immense Ausgaben gegenüber gestanden hätten, kontert Gabriela Schäfer. Allerdings wurden nach Informationen der Volksstimme bei der Razzia auch mehrere tausend Euro Bargeld sichergestellt. Was bei einer Frau, die sich privat im Verbraucherinsolvenzverfahren befindet, freilich einige Fragen aufwirft.

Interessenten, die Tiere in Obhut nehmen möchten, können sich an das Veterinäramt der Harzer Kreisverwaltung wenden, Telefon: (0 39 41) 5 97 00.