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Tourismus im Harz Gerichtsstreit um Talsperren-Parkplätze droht

Gegner der Parkplatzerweiterung an der Rappbodetalsperre greifen juristisch an. Sie wollen den Petitionausschuss des Landtags einschalten.

Von Burkhard Falkner 25.10.2018, 11:12

Rübeland l Maik Berke – einer der Geschäftsführer von Harzdrenalin an der Rappbodetalsperre – bleibt trotz allen Gegenwinds optimistisch: Im Winterhalbjahr, so seine Pläne, soll der Bebauungsplan für die Freizeitanlage Rappbodetalsperre vorangebracht werden. Schwerpunkt und Hauptansinnen dabei: Die Erweiterung der jetzt rund 125 Parkplätze um etwa 240. Genaue Zahlen will Berke wegen der laufenden Planungen nicht nennen. „Frühestens Mitte 2019 könnte dann die bauliche Umsetzung starten“, wagt er eine vorsichtige Prognose.

Vorsicht ist tatsächlich angebracht, denn Gegner des Projektes machen nun massiv Front. Eine Interessengemeinschaft „Harzer Naturfreunde“ sammelt nicht nur Unterschriften, sondern hat nun auch einen Anwalt eingeschaltet. Jens Kownatzki aus Halberstadt prüft nach eigenen Angaben aktuell Details, hält sich aber mit konkreten Fakten zurück. „Ich benötige erst mal einen genauen Überblick“, so der Jurist. Nur eines sei schon klar: „In Kürze geht eine Petition an den zuständigen Landtagsausschuss.“ Damit werden das Projekt und die Kritik der Gegner nun Thema auf Landesebene.

Dreh- und Angelpunkt der Kritiker: Es sei unverhältnismäßig und letztlich unnötig, Grün- und Waldflächen zu roden, um die Zahl der Parkplätze zu erweitern, weil rund einen Kilometer entfernt bis zu 500 Stellflächen vorhanden seien. Anwalt Kownatzki spricht von rund 9700 Quadratmetern Grünland, auf denen gerodet werden soll.

Tatsächlich bringt sich mit Blick auf alternative Parkplätze Andreas Rothschuh, Geschäftsführer des Hotels Zur Talsperre am „Kilometer Neun“ – ins Gespräch. „All diejenigen, die jetzt in Stoßzeiten illegal am Straßenrand parken, hätten bei uns Platz“, so der Unternehmer, der Tagesgebühren von zwei Euro in Aussicht stellt. Und damit nicht genug: Auch einen Bustransfer könne er sich vorstellen, um Besucher von Rappbodetalsperre und Hängebrücke zum Ziel zu befördern. Alle übrigen könnten auf einem Wanderweg parallel zur Straße dorthin gelangen. Am finanziellen Aufwand, um den Weg entsprechend herzurichten, würde er sich beteiligen.

Offerten, die für Maik Breternitz gute Argumente sind, um gegen die Erweiterungspläne von Harzdrenalin zu kämpfen. Breternitz ist einer der Macher hinter der Unterschriftenaktion und hat auch Anwalt Kownatzki in die Spur geschickt.

Die Vernichtung der Grünflächen sei unverhältnismäßig, weil es eben die alternativen Möglichkeiten am Talsperren-Hotel gebe. Und das Parkchaos entlang der Landesstraße zwischen Kilometer Neun und der Talsperre sowie auf der anderen Tunnelseite in Richtung Rübeland lasse sich verhindern, wenn ausnahmslos alle Abschnitte mit Leitplanken versehen würden. „Dann könnten die Autos nicht mehr wild zwischen Straße und Bankett alles zuparken.“

Ein Ansinnen, das längst umgesetzt sei, betont Stefan Hörold, Regionalchef der Landesstraßenbaubehörde (LSBB). Nach den chaotischen Zuständen kurz nach der Einweihung der Hängebrücke im Sommer 2017 sei zwischen Hotel und Talsperre ein nahezu lückenloses Band aus Leitplanken gezogen worden. „Mehr ist nicht geplant, da Einfahrten frei bleiben müssen.“ Zudem dürften mit Planken etwaige Flucht- und Ausweichstellen für havarierte Fahrzeuge nicht gänzlich verschlossen werden. Lediglich im Abschnitt zwischen dem heutigen Parkplatz der Hängebrücke und Rübeland würden Leitplanken im Rahmen der jetzigen Straßensanierung ergänzt, so Hörold.

Letztlich rücken die Leitplanken angesichts des Grundproblems in den Hintergrund: Zwischen Harzdrenalin-Chef Berke und Hotelbetreiber Rothschuh bestehen inzwischen augenscheinlich unüberbrückbare Differenzen. Eine Kooperation im Sinne des Naturschutzes, lassen beide erkennen, scheint ausgeschlossen.

Für Maik Berke, der in Breternitz‘ Interessengemeinschaft eine von Rothschuh instrumentalisierte Gruppe sieht, sprechen auch planerische Fakten gegen eine solche Variante: „Ich müsste einen barrierefreien Weg bauen. Das wäre ein viel gravierenderer Eingriff in die Natur als unsere Parkplatz-Erweiterung.“ Doch warum so opulent – würde nicht ein gut ausgebauter Wanderweg, so wie von Rothschuh vorgeschlagen, ausreichen?

Fragen, die sich stellen. Ebenso wie diese Kernfrage: Wie konnte es überhaupt passieren, dass im Harz die in ihrer Bauart längste Hängebrücke der Welt genehmigt wird, und scheinbar alle Verantwortlichen nach dem Start im Frühjahr 2017 darüber verwundert sind, dass 125 Stellplätze nicht ansatzweise ausreichen?

Die Hängebrücke, so der Oberharzer Vize-Bürgermeister Roland Krebs, sei im damaligen Genehmigungsverfahren bei der Kreisverwaltung ein Einzelprojekt gewesen. „Damals ging es um Tempo, um das Projekt überhaupt durchzubekommen.“ Scheinbar mit Tunnelblick, ohne die damit verbundenen Verkehrsauswirkungen im Blick zu haben. Dabei spielt heutzutage bei vielen Baugenehmigungen die Ausweisung von Stellplätzen eine maßgebliche Rolle. Maik Berke wiederum sagt: „Ich bin seit fünf Jahren am Parkplatzproblem dran.“

Apropos Parkplätze: Auch die von Andreas Rothschuh ins Spiel gebrachten Stellflächen sorgen längst für Diskussionen: Ob die überhaupt alle genehmigt seien, wird immer wieder gefragt. Rothschuh setzt bei den regulären, ständig genutzten Flächen auf einen Bestandsschutz noch aus DDR-Zeiten. Bei anderen Arealen – beispielsweise zeitweilig genutzten Grünflächen – müsse man im Einzelfall schauen. „In der Vergangenheit war eine derartige Nutzung seitens der Behörden beispielsweise bei Talsperrenfesten aber nie ein Problem“, erinnert der 47-jährige Hotelier.