Umgang mit dem Tod Warum der Abschied wichtig ist, wenn ein Mensch stirbt
Kurz vor seinem 44. Geburtstag hat der ehemalige Wernigeröder Christian Kaufhold den Kampf gegen Krebs verloren. Wie nimmt man Abschied von einem Menschen, der so früh aus dem Leben scheiden musste?

Wernigerode/Battgendorf - Tod. Als Altenpflegerin kommt Kathrin Busch unweigerlich immer wieder mit diesem Thema in Berührung. „Doch privat ist das noch einmal eine ganz andere Hausnummer“, sagt die Wernigeröderin leise. Hinter ihr und ihrer Familie liegen kräftezehrende Jahre voller Schmerz und Sorgen. Aber sie waren auch geprägt von Zusammenhalt, von Stärke und – trotz allem – von Lachen, wie sie berichtet.
„So war Christian einfach“, sagt die 57-Jährige. „Er war bis zum Schluss so tapfer und lebensbejahend. Er hat sich seinen Humor nie nehmen lassen.“ Angesichts des Schicksals ihres Schwiegersohns sei das nicht selbstverständlich.
Schon im Kindesalter begannen die gesundheitlichen Probleme von Christian Kaufhold. „Aber er hat sich davon nie unterkriegen lassen und versucht, ein normales Leben zu führen.“ 2011 erlebte er den ersten jähen Rückschlag: Schilddrüsenkrebs mit Anfang 30, das Organ musste entfernt werden.
Hoffnung auf bessere Zeiten
„Das war ein Jahr, nachdem er meine Tochter kennengelernt hat“, erinnert sich Kathrin Busch. Eileen Kaufhold war damals alleinerziehend und absolvierte gerade eine Pflegeausbildung in Wernigerode. Für sie habe es außer Frage gestanden, ihrem Partner während der Krankheit zur Seite zu stehen und ihn zu pflegen, wenn es nötig war. „Sie ist tough“, sagt die Mutter.
Zunächst habe es so ausgesehen, als würde sich für das junge Paar alles zum Besten wenden. „Christian ging es sehr viel besser. Er war zwar oft geschwächt, aber das konnte Eileen ausgleichen.“
Für den Job zog es die junge Familie nach Battgendorf in Thüringen. Die gemeinsame Tochter wurde geboren, ein Haus gebaut. „Und dann kam 2019 der Krebs zurück.“ Dieses Mal war die Thymusdrüse betroffen und der Krebs hatte bereits gestreut. „Haut, Herz, die Stimmbänder“, berichtet Kathrin Busch. „Christian arbeitete im Außendienst – und plötzlich war die Stimme weg.“
Nothochzeit vor der Chemotherapie
Am 27. Dezember 2019, zwei Tage vor dem Start der Chemotherapie, ließ sich das Paar trauen. „Eine Nothochzeit – aber wunderschön“, berichtet die Schwiegermutter. „Das ganze Dorf hat sich für die Feier zusammengetan und bis hin zum Fotografen für alles gesorgt.“
Die Chemotherapie zeigte Wirkung, die meisten Tumore gingen zurück. Die Leberwerte jedoch blieben schlecht. „Christian blieb trotzdem optimistisch. Er hat alles probiert und auch an einer Studie teilgenommen.“
Die vielen Krankenhausaufenthalte wurden zur Belastungsprobe für die junge Familie. „Christian wollte lieber zu Hause sein.“ Um ihre Tochter bei der Pflege des Schwerkranken zu unterstützen, sei sie oft nach Thüringen gefahren. „Es hat Spaß gemacht, ihn zu verwöhnen – er hat so gerne gegessen“, sagt Kathrin Busch. Sie lächelt kurz bei dieser Erinnerung. Die Familie habe versucht, die guten Tage zu genießen. „Er wollte leben und hatte bis zuletzt Hoffnung, aber man konnte sehen, dass es zu Ende geht. Er hat es auch gewusst.“ Die Leberzirrhose schritt immer weiter voran, die Krankheit hinterließ sichtbare Spuren.
Professionelle und private Pflege
Auch wenn sie und ihre Tochter ausgebildete Pflegekräfte sind – sich um einen sterbenden Angehörigen zu kümmern, sei etwas ganz anderes. „Bei Patienten kann man nach der Arbeit nach Hause gehen und abschalten. Zu Hause geht das nicht“, sagt die Wernigeröderin.
Dennoch wolle sie die Zeit nicht missen. „Es ist so wertvoll, sich um Menschen zu kümmern.“ In ihrem Job sehe sie zu oft, wie Menschen am Ende ihres Lebenswegs allein dastehen. „Die Berührungsängste sind groß“, sagt sie. „Sterben und Tod sind Tabu-Themen, mit denen die meisten am liebsten gar nichts zu tun haben wollen.“
Angehörige ebenso wie die Betroffenen selbst. „Christian wollte nie darüber reden, wie er beerdigt werden will. Meine Tochter ist ein sehr direkter Mensch. Sie hat das Thema mehrfach angesprochen und war richtig sauer, dass er ihr darauf nicht antwortete.“ Schließlich sei es sein Abschied, seine letzte große Feier. „Zwei Tage vor seinem Tod hat er dann aber doch die Musik ausgesucht und seinen besten Freund gebeten, sich um seine Familie zu kümmern. Er hat es geahnt.“
Bastelstunde im Beerdigungsinstitut
Am 14. Juni dieses Jahres starb Christian Kaufhold. Eine Beerdigung „von der Stange“ wollte die Familie auf keinen Fall, die wäre ihm nicht gerecht geworden. Die Angehörigen wollten auf ihre Art Abschied nehmen: Eileen Kaufhold und der beste Freund ihres Mannes wuschen den Verstorbenen selbst. Die ganze Familie gestaltete den Sarg mit kunterbunten Botschaften und Malereien. Die Trauerreden hielten die ältere Tochter und der beste Freund des Toten.
„Christian konnte Schnittblumen so gar nicht leiden, darum haben wir selbst Blumen aus Stoff gebastelt.“ Schwarze Blüten mit Goldrand als Erinnerung an seine Musikleidenschaft. Wenn es seine Gesundheit zuließ, besuchte Christian Kaufhold das M’era-Luna-Festival und ähnliche Veranstaltungen.
Ein Tag, der ein Geburtstag gewesen wäre
„Am 18. Juli, sein 44. Geburtstag, haben wir Christians Urne zu Grabe getragen“, berichtet die Schwiegermutter. „Wir haben den Tag so gestaltet, wie er seinen Geburtstag gefeiert hätte.“
Christian Kaufhold trug den Spitznamen „Grillmeister“, deshalb wurde gegrillt. „Es wurde viel gelacht und geweint, überall waren Bilder von ihm. Es war eine so würdevolle, für alle wunderbare einzigartige Verabschiedung.“
Begleitung
Die Familie sei dankbar für die Unterstützung, die sie in diesen Wochen erhalten hat. „Uns stand ein Seelsorger vom Palliativteam zur Seite.“ Er habe ihnen geholfen, die richtigen Worte zu finden, um insbesondere mit der siebenjährigen Tochter über den Tod des Vaters zu sprechen.
„Und das Beerdigungsinstitut war einfach nur toll. Sie hatten keine Erfahrung damit, was wir vorhatten, haben es aber zugelassen und uns unterstützt.“ Es habe den Angehörigen und Freunden gutgetan, auf ihre Weise mit dem Verlust umgehen zu können.
„Vielleicht hilft unsere Geschichte ja anderen, wenn sie in eine solche Situation kommen“, sagt Kathrin Busch. „Wir alle werden irgendwann mit Tod und Sterben konfrontiert. Darum sollte man offen darüber sprechen können.“
Kurs: Begleiter auf dem letzten Weg
Der Hospizverein Wernigerode bietet einen neuen Befähigungskurs für Hospizbegleiter an. Zu den Inhalten gehören die persönliche Auseinandersetzung mit Leben, Sterben und Tod sowie die Themen Kommunikation, Recht, Trauer und Rituale, Spiritualität und palliative Versorgung von Menschen am Ende des Lebens, informiert Carola Stockmann für den Verein. Der Kurs bestehe aus drei Teilen.
Ein Informationsabend findet am Montag, 11. September, statt. Treffpunkt ist um 17 Uhr in Wernigerode, Steingrube 8.
Der Grundkurs beginnt eine Woche später am 18. September und endet am 20. November. Der Kurs findet jeweils montags von 17 Uhr bis 20 Uhr statt. „Danach gehen die Teilnehmenden in ein 20-stündiges Praktikum“, teilt Carola Stockmann mit. Der Vertiefungskurs sei dann von März bis Mitte Mai vorgesehen.
Insgesamt dauere der Befähigungskurs 100 Stunden. Die Teilnehmer erhalten anschließend ein Zertifikat.
Interessierte am Kurs oder einer Mitarbeit im Verein werden gebeten, sich unter Telefon 0151/ 18 78 24 93 oder per E-Mail an info@hospizverein-wernigerode.de zu melden. sr