Wasser marsch! Rückfahrt in Gefahr

Die Feuerwehr Wernigerode hat dem Verein Eisenbahnmuseum Leipzig aus der Klemme geholfen.

Von Katrin Schröder 19.02.2020, 00:01

Wernigerode l Mit Wasser kann man nicht nur Feuer löschen, sondern auch durstige Dampfloks wieder in Gang bringen. Wie das geht, wissen die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Wernigerode, die  spontan dem Verein Eisenbahnmuseum Leipzig zu Hilfe geeilt sind.

Dessen Mitglieder waren mit dem eigenen Zug von Sachsen in Richtung Wernigerode unterwegs. Zum Bestand des Museums zählen unter anderem drei Dampfloks, von denen eine fahrbereit ist, berichtet der Vereinsvorsitzende Reinhard Wieling. Mit der Dampflok der Baureihe 52 8154, Baujahr 1943, unternehmen die Vereinsmitglieder regelmäßig Ausflüge. 150 Passagiere saßen an jenem Tag in den Reisezugwagen, welche die Dampflok Richtung Harz zog.

In Wernigerode stiegen die Eisenbahnfreunde in die Brockenbahn um, die sie wie vorgesehen bei strahlendem Sonnenschein auf den höchsten Harzgipfel brachte. Währenddessen setzte sich das Dampfross, ebenfalls streng nach Plan, in Richtung Halberstadt in Bewegung. Im dortigen Instandhaltungswerk sollte die Lok Wasser tanken, um für die Heimfahrt gerüstet zu sein. „Nach 200 Kilometern braucht sie neues Wasser“, so Wieling – ohne Wasser gebe es schließlich kein Dampf.

Um diesen in ausreichender Menge zu produzieren, braucht die Lok viel Flüssigkeit: 20 Kubikmeter – sprich 20 000 Liter – sind nötig, um den Speicher im Tender wieder aufzufüllen. „Das hat bisher immer gut funktioniert“, so Reinhard Wieling.

Nur dieses Mal nicht: Da tröpfelte das benötigte Nass in Halberstadt zu langsam in den Wassertank. Als nach zwei Stunden erst fünf Kubikmeter eingelaufen waren, drohte der Zeitplan ins Wanken zu geraten. Daher baten die Eisenbahnfreunde die Feuerwehr um Unterstützung. „Ich habe unkompliziert entschieden, dass wir helfen“, sagt Wernigerodes Ortswehrleiter Torsten Breiting.

Die Brandschützer haben bereits einige Erfahrung mit Dampflokomotiven, so der Wehrchef weiter. Regelmäßig machen Traditionsloks in Wernigerode Halt, vor allem in der Vorweihnachtszeit. Da helfe man gerne aus. „Schließlich ist das für die Stadt ein Aushängeschild“, so Breiting.

Ein Umstand, der dem Abschied des Dampflok-Betriebs geschuldet ist. Als vor Jahrzehnten noch regulär Dampfloks im Einsatz waren, gab es deutschlandweit an zahlreichen größeren Bahnhöfen sowohl Bunker, um Kohle oder Öl zu fassen, als auch Wasserkräne, um das notwendige Nass aufzunehmen.

Jahrzehnte später „spielen“ immer wieder Feuerwehrleute für Dampflokfans Feuerwehr. Den Wernigerödern ist besonders die Deutschland-Rundfahrt zum 175-jährigen Bahnjubiläum im Jahr 2010 in guter Erinnerung. „Damals haben zwei Dampfloks in Wernigerode Station gemacht, die wir mit Wasser befüllt haben“, berichtet der Feuerwehrchef.

Viele Vereine und Organisatoren fragen vorher bei der Feuerwehr an, ob sie die Wasserversorgung übernehmen können. Per Schlauchleitung würden die Loks betankt. „Wir melden dies vorab bei den Stadtwerken an“, so Breiting.

Doch es geht notfalls auch ganz spontan und pragmatisch: Die Dampflok rollte nach dem gescheiterten Tankversuch von Halberstadt zurück nach Wernigerode, wo schon die Feuerwehrleute warteten. Anschließend wurde kurzfristig ein Tiefbrunnen im Gewerbegebiet angezapft.

Ab 14.45 Uhr waren vier Feuerwehrleute im Einsatz, mehrmals fuhren die beiden Tanklöschfahrzeuge zwischen Brunnen und Bahnhof hin und her, bis die fehlenden 15 Kubikmeter Wasser aufgefüllt waren. Knapp eineinhalb Stunden habe es gedauert, bis dies erledigt war, so Breiting. Damit stand der geordneten Rückkehr nach Sachsen nichts mehr im Wege. Den Eisenbahnfreunden habe die spontane Schützenhilfe der Feuerwehr den Tag gerettet, so Reinhard Wieling. „Wir haben uns sehr über die Unterstützung gefreut.“

Der Verein Eisenbahnmuseum Leipzig wurde 1989 von einigen Eisenbahnern als „Interessengemeinschaft Traditionslok Bayerischer Bahnhof zu Leipzig“ gegründet. 1990 erhielt er seinen heutigen Namen. 1995 zog der Verein in den Lokschuppen I des ehemaligen Bahnbetriebswerks Leipzig-Plagwitz.

Dort sind die Vereins-Geschäftsstelle, Werkstätten und eine ständige Ausstellung zur Eisenbahngeschichte angesiedelt. Gezeigt werden vereinseigene Schienenfahrzeuge, aber auch Leihgaben von Privatleuten, anderen Vereinen und der Deutschen Bahn. Zweimal im Jahr finden die Leipziger Eisenbahntage statt, bei denen Schienenfahrzeuge aller Art gezeigt werden.Mit der betriebsfähigen Dampflok 52 8154 und dem dazugehörigen Reisezugwagen werden regelmäßig Fahrten zu Zielen in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt unternommen. Regelmäßig besuchen die Vereinsmitglieder den Harz und rollen dann mit der Harzer Schmalspurbahn auf den Brocken.