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Wetterbeobachtung Doch kein Rekordsommer in Wernigerode?

Rekordsommer? Von wegen - der Hobbymeteorologe Hans-Joachim Redlich befasst sich seit Jahren mit dem Wetter in Wernigerode.

Von Holger Manigk 15.08.2018, 01:01

Wernigerode l „Das einzig Vorhersagbare am Wetter ist, dass es nicht vorhersagbar ist.“ Diese Weisheit hat Hans-Joachim Redlich in den 13 Jahre gelernt, in denen er seine Wetterstation 60 Meter über Wernigerodes Innenstadt betreibt. Für den Hobbymeteorologen hat der Sommer 2018 „schon etwas Besonderes“.

Am ungewöhnlichsten sei die lange Trockenheit am Nordrand des Harzes. „Im Juli habe ich 31 Liter Regen gemessen, im Juni 21.“ Schon Mai und April seien zu trocken gewesen, sagt der 58-Jährige. „Normal wären 700 bis 800 Liter Niederschlag in einem Jahr, in diesem haben wir erst 270.“ Zum Vergleich: im Hochwasser-Juli 2017 fielen 230 Liter Regen, davon allein 130 an einem Tag.

Dennoch sei er kein Freund davon, „solche Extreme immer auf den Klimawandel zu schieben“. Dieser wird für den Geschmack des gebürtigen Hasselfelders „politisch und medial viel zu sehr ausgeschlachtet“. Und lange Trockenphasen habe es schon oft gegeben: 2003, als man zu Fuß durch die Elbe laufen konnte, oder 1973 – „der schlimmste Dürresommer, an den ich mich erinnern kann“, so Redlich.

Insofern sei die Hitze in diesem Jahr gar nicht so außergewöhnlich. 98 warme Tage – also solche mit Höchstwerten über 20 Grad Celsius, 51 Tage über 25 Grad und 14 mit Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke 2018 seien „nicht dramatisch. Von daher halte ich den Begriff Rekordsommer für übertrieben“, sagt der Wetterfrosch aus Leidenschaft, der als Mechatroniker bei Getriebe- und Antriebstechnik Wernigerode arbeitet.

Seine Liebe zur Meteorologie habe er zu DDR-Zeiten entdeckt, als er als Messregeltechniker mit Temperatursensoren und Windmessern arbeiten musste. „Damals hatte ich das Ziel, mal in der Wetterstation auf dem Brocken zu sitzen.“ Wegen Westverwandschaft sei dieser Traum geplatzt. Geblieben ist das Hobby der Wetterbeobachtung – und Redlichs Internetseite „Wenigeröder Wetter“, auf der er aktuell über das Geschehen am Himmel über der bunten Stadt am Harz informiert.

Schließlich wagt der Harzer doch noch eine Prognose: „Die Chancen stehen nicht schlecht, dass der August weiterhin heiß bleibt.“ Auch September und Oktober „werden vermutlich nicht allzu frisch“. Kalte Luft, die von Nordwesten Richtung Mitteldeutschland strömt, könne sich über rund 20 Grad Celsius warmen Nordsee erwärmen.

Dennoch bleibe der Harz und speziell Wernigerode wettertechnisch „ein besonderer Ort“. Der Brocken sorge mit seinem Regenschatten dafür, dass bei Unwettern aus westlicher und südwestlicher „bei uns nicht viel ankommt“ – wie bei den Gewittern in den vergangenen Tagen. Dafür treffe es die bunte Stadt am Harz umso härter, wenn die dunklen Wolken aus Nordost heranziehen und sich vor dem Gebirgskamm stauen.