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Acht Mitarbeiter der Kompetenzagentur Harz nehmen heute ihre Arbeit auf / Hilfe für Jugendliche "Wir lotsen durch die vielen Hilfsangebote"

Von Sabine Scholz 04.11.2011, 05:22

Rechtzeitig helfen, bevor aus einer empfundenen eine tatsächliche Perspektivlosigkeit wird, das will die Kompetenzagentur Harz. Heute nehmen acht Sozialpädagogen im Harzkreis ihre Arbeit in Halberstadt,Quedlinburg und Wernigerode auf.

Halberstadt l Der Wechsel von der Schule in Ausbildung und Berufsleben ist ein wichtiger Schritt im Leben. Misslingt er, kann das gravierende Folgen für das weitere Leben haben. Um hier rechtzeitig und maßgeschneidert helfen zu können, gibt es die Kompetenzagentur Harz. Seit heute sind acht Sozialpädagogen in dieser Kompetenzagentur tätig.

Die neue Struktur steht, vorher gab es solche Hilfsangebote angegliedert am Jugendamt in Wernigerode oder betrieben vom Europäischen Bildungswerk in Halberstadt und Quedlinburg. Doch die Förderbedingungen haben sich geändert, nun ist die Kommunale Beschäftigungsagentur Jobcenter Harz (KoBa) Träger des Angebots. "Aber wir halten uns aus der eigentlichen Arbeit heraus, deshalb haben wir alle drei Büros auch außerhalb von KoBa-Räumen angesiedelt", sagt Dirk Michelmann. Der Leiter des Eigenbetriebes KoBa betont zudem einen großen Unterschied: Während die KoBa per Gesetz verpflichtet ist, die Missachtung bestimmter Auflagen sofort zu sanktionieren, also zu bestrafen, arbeitet die Kompetenzagentur komplett sanktionsfrei.

Zu den bisher drei Fachleuten in Wernigerode konnten fünf weitere eingestellt werden, sodass nun in Quedlinburg und Halberstadt dieses Angebot fortgesetzt werden kann.

Doch wie muss man sich die Arbeit dieser Einrichtung vorstellen? Das erklärt Doreen Köhler, Koordinatorin der Agentur, an einem Beispiel. Ein junger Mann besucht die Berufsschule, fehlt aber sehr oft - unter anderem wegen schwieriger familiärer Verhältnisse und persönlicher Probleme. Die Berufsschule informiert die Sozialpädagogen. Der Kontakt ist schnell hergestellt, gemeinsam wird der Antrag gestellt, die Ausbildung nochmal neu starten zu können. Es gibt mehrere Gespräche - mit Lehrern, mit der KoBa, mit Firmen, die Praktika ermöglichen. "Es gab einige Rückschläge, aber durch die enge Begleitung gelang es uns immer wieder, nach Fehlzeiten dennoch in Schule und Praktikumsbetrieben weitermachen zu können. Irgendwann war der junge Mann soweit, meldete sich selbst bei Krankheit und sagte Bescheid, wann er wieder da sein wird", berichtet Doreen Köhler. Anderthalb Jahre wurde er betreut, selbst in der Vorbereitung auf die Abschlussprüfungen gab es Hilfe, um den Lernprozess besser zu strukturieren.

Inzwischen hat sich der junge Mann wieder bei seinen Betreuern gemeldet - aber nicht, weil er Hilfe braucht, sondern weil er berichten wollte, dass er in seinem Ausbildungsberuf eine Stelle gefunden hat, dort nun arbeitet und auch privat dabei ist, sein Leben selbstbestimmter zu gestalten - mit einer eigenen Wohnung.

"Er geht jetzt seinen Weg", sagt Doreen Köhler, und betont, dass das nur gelingen kann, wenn die Betroffenen selbst mittun, wenn sie sich freiwillig in die Hände der Sozialpädagogen begeben. "Wir arbeiten eng mit einem bestehenden Netzwerk von Partnern zusammen, wir lotsen durch die vielfältigen Hilfsangebote und entwickeln gemeinsam maßgeschneiderte Unterstützung." Zu den Partnern zählen Schulen und andere Bildungsträger, Beratungsstellen, freie und öffentliche Träger der Jugendhilfe, Firmen, Arbeitsagentur, KoBa und andere. Auch die Ordnungsämter sind mit im Boot, oft sind sie es, die bei Schulpflichtsverletzungen den Hinweis an die Sozialpädagogen geben. Aber auch Eltern wenden sich an die Mitarbeiter. "Beim Thema Schulverweigerung arbeiten wir eng mit den Fachleuten des Projekts 2. Chance zusammen", erklärt Doreen Köhler.

Begleitet werden Jugendliche bis zum 25. Lebensjahr, die keinen Schulabschluss oder Schwierigkeiten haben, den Übergang von der Schule in den Beruf allein zu meistern. "Die Gründe dafür sind vielfältig. Psychische und soziale Probleme können es ebenso sein wie mangelnde Perspektiven oder eine sehr frühe Mutterschaft."