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Integration Asylbewerber wollen Berufe lernen

Das Quasselcafé des Wolmirstedter Integrationsbündnisses ist mit einem Bundespreis ausgezeichnet worden.

Von Gudrun Billowie 22.09.2016, 01:01

Wolmirstedt l Der Meseberger Jörn Mewes geht regelmäßig zum Quasselcafé. Der Syrer Haytham Alkadi auch. Jörn Mewes vermittelt Deutschkenntnisse. Der Syrer Haytham Alkadi hat schon so viel gelernt, dass er eine fließende Unterhaltung bestreiten kann. Mitten im stets gut besuchten Quasselcafé haben sich die beiden kennengelernt. Jörn Mewes betreibt eine Wägetechnikfirma. Haytham Alkadi ist technisch interessiert. Deshalb hat Jörn Mewes Haytham Alkadi einen Praktikumsplatz angeboten. Seither gilt Haytham Alkadi als Servicetechniker. Bald wird er seine Ausbildung intensivieren und wenn weiterhin alles gut läuft, wird er dauerhaft Teil des Arbeitsteams werden.

In dieser Geschichte gewinnen alle. Auch das Integrationsbündnis sieht sich in seiner Arbeit bestätigt. „Wir betreiben keine Jobvermittlung, aber wir sind natürlich offen dafür, die Leute zueinander zu führen“, macht Christine Bauer deutlich.

Die Vorsitzende des Integrationsbündnisses freute sich dennoch, dass Ingrid Rosenburg den Weg ins Quasselcafé gefunden hatte. Das ist die Bördeverantwortliche des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft und kennt Firmen, die dringend Fachkräfte suchen. „Dann brauchen wir die Jungs nur noch zu fragen, was sie machen wollen“, schlussfolgert Christine Bauer und legte eine Liste aus.

Viele der Neubürger wollen studieren, andere beschränken ihre Berufswünsche auf die Berufe Tischler und Koch. „Oft kennen sie nichts anderes“, weiß Ingrid Rosenburg. Deshalb will sie denjenigen, die über einen anerkannten Flüchtlingsstatus verfügen, auch andere Berufe nahe bringen und Kontakt zu Firmen vermitteln. Derzeit seien besonders Lkw-Fahrer gefragt. „Hoch hinaus wollen viele“, hat Ingrid Rosenburg erfahren, „deshalb würde ich ihnen gern als Perspektive anbieten, vielleicht später einen Betrieb zu übernehmen.“ Sie hofft, dass diejenigen, die dauerhaft hierbleiben können, in der Region Wurzeln schlagen.

Dafür sind oft auch persönliche Bindungen ausschlaggebend. Damit die geknüpft werden, bietet das Integrationsbündnis neben der Plattform des Quasselcafés auch ein Familienzimmer an. Darin können sich Frauen und Kinder treffen, handarbeiten, spielen oder den Kindern bei den Hausaufgaben helfen lassen.

Bereits vor etwa einem Jahr hatte es eine Initiative gegeben, Geflüchtete in regionale Betriebe zu vermitteln. Im Rahmen eines von der Stadt organisierten Wirtschaftsstammtisches hatte ein Arbeitsamtsmitarbeiter Mittel, Wege und den rechtlichen Rahmen für die berufliche Integration erläutert. Damals waren kleinere Unternehmen im Vorfeld ausgeladen worden. Doch gerade die kleinen Mittelständler, die allein oder mit nur wenigen Angestellten arbeiten, sind nun in Zusammenarbeit mit dem Integrationsbündnis am Zuge. Ob sich Perspektiven für Neubürger aus Ländern wie Syrien ergeben, wird sich zeigen.

Die Bemühungen des Integrationsbündnisses wurde indes bereits auf Bundesebene gewürdigt. Im Wettbewerb „Kommune bewegt Welt“ wurde Wolmirstedt für die Integrationsarbeit in der Kategorie der Kommunen mit weniger als 20 000 Einwohnern gewürdigt. Als Preis gibt es einen kostenlosen Beratungsworkshop, in dem erarbeitet wird, wie Integrationsarbeit mit entwicklungspolitischen Zielen verknüpft werden kann. Für Folgemaßnahmen bekommt Wolmirstedt bis zu 5 000 Euro.

Den Preis haben Christine Bauer und Basem Sido vom Integrationsbündnis gemeinsam mit der stellvertretenden Bürgermeisterin Marlies Casssuhn in Köln entgegengenommen. „Wir haben dort ein Gefühl bekommen, auf welch breitem Spektrum Integrationsarbeit - oft ehrenamtlich - geleistet wird“, sagt Marlies Cassuhn.

Das nächste Ziel des Teams um Christine Bauer ist schon in Sichtweite. Am Freitag, 30. September, gibt es ab 16 Uhr anlässlich der interkulturellen Woche ein Fest auf der Schlossdomäne. Musik, Spiele und Speisen aus fernen Ländern werden geboten.