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Geschichte Blumen für den Lebensretter

Geburtstagsgruß: Rogätzer Schüler trafen sich am Gedenkstein für den Lehrer Werner Moritz.

Von Hendrik Reppin 10.03.2021, 00:00

Rogätz l Mehrere Schüler der Grundschule waren am Montag zum Friedhof in Rogätz unterwegs. Ihr Ziel war der Gedenkstein, der für Werner Moritz hier aufgestellt wurde. Der ehemalige Lehrer und auch Direktor aus Rogätz hatte vor über 53 Jahren eine Heldentat begangen und aus einem brennenden Zug zwölf Kindern das Leben gerettet. „Ich hatte schon vorher die Mädchen und Jungen auf das Gedenken vorbereitet und vom Schicksal des einstigen Lehrers aus Rogätz erzählt“, so Schulleiterin Silvia Schröder. Immerhin sei es der Namensgeber der Grundschule.
Bei einem der schwersten Zugunglücke in der Geschichte Deutschlands wurde Werner Moritz zum Lebensretter. Er hatte im Sommer des Jahres 1967 einen Zug in Richtung Harz bestiegen, um an einer Tagung von Ornithologen teilzunehmen. Die Vogelkunde war sein großes Hobby. Mit ihm reisten viele Kinder, die am ersten Sommerferientag auf dem Weg in ein Ferienlager waren. Eine defekte Schrankenanlage am Bahnhof von Langenweddingen wurde den Reisenden zum Verhängnis. Der Zug kollidierte mit einem Tankwagen, der 15.000 Liter Leichtbenzin transportierte. Eine Explosion setzte nicht nur den Zug, sondern auch den Bahnhof in Flammen.
Augenzeugen sollen später berichtet haben, wie ein Mann immer wieder in das Inferno lief und Kinder aus dem brennenden Zug geholt hätte. Dabei hatte es sich um Werner Moritz gehandelt. Bei seiner Rettungsaktion hatte er sich schließlich so schwere Verbrennungen zugezogen, dass er in einem Magdeburger Krankenhaus, wo er zuvor noch Kinder abgeliefert hatte, einen Tag nach dem Unglück verstarb.
Am Montag wäre Werner Moritz 93 Jahre alt geworden. Die Grundschüler der vierten Klasse stellten deshalb eine Blumenschale vor dem Gedenkstein ab und verweilten in Stille am ehemaligen Grab des Rogätzer Lehrers und Schuldirektors. „Eigentlich wird dieser Geburtstagsbesuch jedes Jahr von den Kindern aus dem Schülerrat unternommen“, erklärte Schulleiterin Silvia Schröder. Da sich jedoch im Moment die Schüler der einzelnen Klassen nicht vermischen sollten, sei die Schulleiterin mit der vierten Klasse zum Friedhof gelaufen.
Viele weitere Veranstaltungen seien nach Angaben der Schulleiterin im Zusammenhang mit Werner Moritz über das Jahr verteilt. So werde beispielsweise am 7. Juli, den Todestag von Werner Moritz, auch den vielen Opfern des Zugunglücks von Langenweddingen gedacht. „Vor der Pandemie haben wir auch jedes Jahr im September an den Namensgeber der Schule gedacht“, so Silvia Schröder. An diesem Tag werde immer ein Fest zum Schuljubiläum gefeiert und an den Septembertag im Jahr 1995 erinnert, als die Grundschule in Rogätz den Namen „Werner Moritz“ verliehen bekam. Außerdem sei zu diesem Anlass auch die Kleinsport- und Spielanlage der Schule übergeben worden.
Es gäbe aber noch viele andere Gelegenheiten, bei denen an den Lebensretter erinnert werde. Eine Glasvitrine im Flur der Schule kläre über das Leben des mutigen Retters auf. Zudem seien auch hier noch Fotos von der Namensverleihung ausgestellt. Die Erstklässler werden schon kurz nach der Einschulung mit dem Leben und der selbstlosen Tat des Namensgebers vertraut gemacht. Weil Werner Moritz damals in Rogätz Biologie lehrte, seien die Höhepunkte im Biologieunterricht immer wieder auch eine gute Gelegenheit, an ihn zu erinnern. „Bis vor Kurzem hatten wir beispielsweise die Biosphärenreservatsspiele bei Havelberg fest im Terminplan der Schule“, so die Schulleiterin. Bedauerlicherweise sei dort inzwischen der Rotstift angesetzt wurden, sodass den Mitarbeitern im Biosphärenreservat immer weniger Zeit für die Arbeit mit den Kindern bleibe.
Die Schule in Rogätz gibt es schon seit dem 18. Jahrhundert. Zum 100. Jahrestag des Bestehens im Jahr 1995 bekam die Grundschule den Namen des Lebensretters „Werner Moritz“ verliehen. Mit dem Start des laufenden Schuljahres sind nunmehr 84 Kinder in der Rogätzer Grundschule. 39 Mädchen und 45 Jungen absolvieren hier ihre ersten Schuljahre.