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Coronavirus Wegen Corona in der Zwangspause

Sorgenfalten bei den Gastronomen in der Niederen Börde: Ein Lokal hält sich mit Außer-Haus-Verkauf über Wasser.

Von Sebastian Pötzsch 10.04.2020, 01:01

Dahlenwarsleben l Ein großes Schild mit der Aufschrift „Akropolis – Restaurant und Kegelbahn“ verweist darauf: In die altehrwürdige Restauration in Dahlenwarsleben zieht nach monatelanger Stille wieder Leben ein. Eine deutsch-griechische Familie um die Gastronomin Manuela Lange hat die Räumlichkeiten gepachtet. Schon seit Wochen werden Farbeimer geöffnet und Pinsel geschwungen. Am 25. April sollte groß Eröffnung gefeiert werden – doch wegen der Corona-Krise klappt das nicht.

Denn sollte tatsächlich die Verordnung zur Eindämmung des Virus ab dem 21. April gelockert werden und Gaststätten wieder Gäste begrüßen dürfen: Im „Akropolis“ wird das große Schmausen noch etwas warten müssen. Zwar erstrahlen die Räumlichkeiten in neuem Glanz, „aber eigentlich fehlt es uns an allem“, erzählt Manuela Lange. Weil Grenzen dicht und Fabriken nicht produzieren und versenden können, warten die neuen Pächter schon seit Wochen auf die bestellte Ausstattung. Dazu gehört beispielsweise fast die gesamte Kücheneinrichtung. Der Raum wurde zwar auf Vordermann gebracht, doch statt Edelstahl dominiert hier triste Leere.

Personal wie Kellner und Köche stünden zwar in den Startlöchern, „doch wann wieder gearbeitet werden darf, wissen wir ja noch nicht“, sagt die Gastronomin, die mit ihrem Lebenspartner und dem Sohn bereits ein Restaurant in Möckern betrieb. So wird es wohl noch Monate dauern, bis die Gäste von der griechisch- mediterranen Speisekarte probieren dürfen, die Kegelbahn wieder nutzen oder große Feten feiern können.

Dennoch ist Ortsbürgermeister Philipp Voß froh, dass endlich ein Pächter für die Dahlenwarsleber Gaststätte gefunden ist. „Nun haben wir wieder einen gesellschaftlichen Mittelpunkt im Ort, der auch ganz wichtig für den sozialen Zusammenhalt sein kann.“ Und mit dem vorliegenden Konzept sieht er eine Lösung auf lange Sicht.

Die Dahlenwarsleber Lokalität hat eine abwechslungsreiche Geschichte hinter sich und ist über die Region hinaus bekannt. Schon vor der politischen Wende zog das Restaurant mit seiner Kegelbahn an. Holprig wurde es in den 2000er Jahren. Der bisherige Pächter übergab laut Philipp Voß das Geschäft an eine seiner Angestellten. Im Frühjahr 2015 übernahm der Magdeburger Christopher Franz das Geschäft und wurde ein halbes Jahr später sowie im Jahr 2017 vom französischen Gastroführer „Gault&Millau“ zum besten Koch Sachsen-Anhalts erkoren. Nur einen Tag später verkündete der Spitzenkoch, sein Lokal für immer zu schließen. Hintergrund waren Streitigkeiten mit dem Verpächter sowie den Anwohnern. Diese bemängelten die zu hohen Preise und die Platzvergabe. Der Spitzenkoch wiederum sprach von Anfeindungen und Anschlägen auf das Restaurant.

Im Frühjahr 2018 eröffnete dann Claudia Klaukien das Lokal unter dem Namen „Pusteblume“. Die Puste ging ihr jedoch bereits im vergangenen Jahr aus, „Silvester hatte sie das letzte Mal geöffnet“, berichtet Philipp Voß, der im „Akropolis“ „eine erfolgreiche Zukunft für ganz Dahlenwarsleben“ sieht. Nur losgehen muss es endlich!

Wenige Meter weiter in Dahlenwarsleben betreibt Stefan Buhtz sein Lokal „Buhtzis Kneipe“ – eigentlich. Doch im Moment riecht es nach Putzmitteln und frischer Farbe. Wegen des Coronavirus sind bei ihm seit dem 18. März die Schotten dicht, „und zwar rigoros“, sagt der Kneipier und fügt hinzu: „Wir hätten ja zunächst geöffnet bleiben können, mit Sicherheitsabstand zwischen den Gästen. Aber das kam für mich überhaupt nicht infrage. Wie sollte das hier am Tresen funktionieren?“

Deshalb nutzen er und seine Eltern die Zeit, um die Räume wieder auf Vordermann zu bringen. So hat der Vorraum des Sanitärbereiches einen neuen Putz bekommen, „tapeziert wird auch noch“, erklärt Mutter Carla, während sie Stühle von den Tischen wuchtet, um sie mit Wasser und Lappen von Staub und Dreck zu befreien. „Doch was nützt es, wenn die Kneipe sauber ist, und wir nicht wissen, wie wir überleben sollen“, sagt Stefan Buhtz. „Läuft es blöd, übergeben wir am Ende dem Pächter eine saubere Kneipe.“ Denn bereits am 30. März habe er beim Land einen Antrag auf Soforthilfe gestellt. „Wir sitzen wie auf Kohlen, aber bis heute gab es noch nicht einmal eine Eingangsbestätigung, geschweige denn Geld. Ich glaube nicht mehr daran, dass überhaupt noch etwas kommt“, sagt der Kneipier, den sowieso schon Sorgen planen. Seit zehn Jahren kämpfen er und seine Angehörigen um verlängerte Öffnungszeiten, „und jetzt das. Wenn das so weiter geht, halten wir nicht länger durch.“

Ums Überleben kämpft auch Carsten Dessau, der in Samswegen das Gasthaus „Zum Krug“ betreibt. „Bei uns ist alles auf Null“, sagt der Gastronom. Er verdient sonst vor allem mit Feiern seine Einnahmen. „Ich habe eine Angestellte. Ich versuche, sie irgendwie durchzubringen. Mit Kurzarbeit plane ich eigentlich nicht“, sagt der Samsweger, der ebenfalls auf die Soforthilfe des Landes hofft. „Ich habe bereits eine Eingangsbestätigung erhalten, weil ich den Antrag postalisch per Einschreiben mit Rückschein versendet habe“, erklärt Dessau und fügt hinzu: „Noch vier Wochen werde ich mir das anschauen und dann eine Entscheidung treffen. Meine Kosten laufen ja schließlich weiter.“ Es könnte darauf hinauslaufen, so der Gastronom, dass sein Betrieb zumindest vorübergehend abmeldet werden muss.

Einen anderen Weg haben die Betreiber der Gaststätte „Zur Post“ in Groß Ammensleben gewählt. Hier wird noch immer gekocht. Doch die Stühle im Gastraum müssen wegen der Verordnungen auch hier leer bleiben. Aber wer möchte, kann anrufen und sich sein Essen bestellen. Doch anstatt eines Kellners, der die Speisen am Tisch serviert, können sich die Gäste das Essen selbst abholen und mit nach Hause nehmen.