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Gemeinde Barleben verlangt wegen des gestiegenen Wasserspiegels den Rückbau Die Angler des Jersleber Sees weigern sich hartnäckig, ihre geliebten Bootstege abzureißen

Von Gudrun Billowie 12.05.2012, 05:16

Die Anlieger der Anglersiedlung am Jersleber See denken gar nicht daran, ihre Bootsstege abzubauen. Dazu wurden sie von der Gemeinde Barleben aufgefordert. Nun droht ein Rechtsstreit.

Jersleben l Die Anlieger der Anglersiedlung am Jersleber See sind sauer. Am 24. März vergangenen Jahres wurden sie von der Gemeinde Barleben aufgefordert, ihre Stege zurückzubauen. Grund ist, dass der Wasserspiegel des Jersleber Sees in den vergangenen fünf Jahren um etwa zwei Meter gestiegen ist und womöglich noch weiter steigt. Damit lagen die Holzstege zum Teil unter Wasser. Weil sie nicht sichtbar waren, bildeten sie eine Gefahr.

"Wir haben die Stege aufgestockt", sagt Uwe Brett, "fast alle der 25 Stege stehen wieder über der Wasseroberfläche. Dass die Fragen der Sicherheit geklärt werden müssen, ist klar."

Der Jersleber See ist in wenigen Stunden zu umrunden. Obwohl er so klein ist, wechselt sein Ufer mehrmals den Charakter. An der "Wolmirstedter Seite" liegt der Campingplatz mit Badestrand, Sport- und Spielanlagen. Hier tobt das Leben. Nur wenige hundert Meter weiter folgt die Anglersiedlung. Die strahlt Ruhe aus, bietet ein idyllisches Bild. "Schauen Sie mal, wie schön die Stege mit dem Schilf verwachsen sind", sagt Anlieger Adi Maigatter, "wenn wir hier alles abreißen, ist die Idylle verdorben." Die Stege sind teilweise mit einer Tür gesichert. "Damit Kinder nicht darauf laufen und verunglücken können", sagt Martin Prange.

Prange ist nicht nur Anlieger, sondern auch Vorsitzender des Jersleber Anglervereins. "Viele von denen, die einen Steg gebaut haben, sind Mitglied bei uns im Verein", sagt er, "wir sitzen darauf in der Sonne, angeln oder lassen die Ruderboote ins Wasser."

Am Ufer der Anglersiedlung windet sich ein kleiner Weg. "Diese Idylle empfinden nicht nur wir Anlieger positiv, sondern auch Jogger und Spaziergänger", sagt Uwe Brett. Das wollen er und die anderen Anlieger erhalten. Unbedingt.

Uwe Brett zieht eine Mappe voller Papiere aus der Tasche, der gesammelte Schriftwechsel mit der Gemeinde. "Alle Anlieger, die einen Steg besitzen, haben Widerspruch gegen den Abriss eingelegt", sagt Uwe Brett.

Bernd Fricke, Justitiar der Gemeinde Barleben, hat darauf geantwortet. In dem Schreiben heißt es: "Ich werde den Sachverhalt umfassend prüfen und sodann im Einzelfall eine abschließende Entscheidung treffen."

Auf diese Einzelfallentscheidung warten die Stegbesitzer bis heute. Sie wird wohl auch nicht mehr kommen. Für Jörg Meseberg, den stellvertretenden Bürgermeister der Gemeinde Barleben, ist der Fall ohnehin klar. Die Stege sind illegal. "Ich habe vor zwei Jahren verboten, diese Stege aufzustocken", sagt Meseberg, "außerdem haben die Eigentümer keine wasserrechtliche Genehmigung."

Die Stege sind teilweise beinahe 50 Jahre alt. Das garantiert jedoch keinen Bestandsschutz. "Die privatrechtliche Genehmigung, diese Stege zu bauen, war erteilt", sagt Jörg Meseberg, "ist aber inzwischen widerrufen worden."

Als Alternative für Holzkonstruktionen hat die Gemeinde grau-blaue Pontonstege zu Wasser gelassen. Die schwimmen immer oben, egal, wie weit das Wasser noch steigt. Sie bieten Liegeplätze für Boote. "Das ist eine gute Sache für Menschen, die ihr Boot festmachen wollen", sagt Martin Prange, "aber als Angelplatz sind sie völlig ungeeignet." Zumal dann alle Angler gemeinsam auf dieser schaukelnden Insel sitzen müssten. "Unsere älteren und gehbehinderten Mitglieder, die schon 50 Jahre im Verein sind, fahren inzwischen gar nicht mehr mit dem Boot auf den See hinaus, sondern angeln grundsätzlich nur noch vom Steg aus. Die wären völlig außen vor." Martin Prange fürchtet, dass der gesamte Verein krachen geht, wird auf den Rückbau bestanden. "Diese Individualität und die Idylle sind ja gerade das Besondere bei uns."

Grundsätzlich sperren sich Angler nicht gegen die bunten Plastik-Gemeinschaftsanlagen. "Sie passen sehr gut zur Badeinsel und zur geplanten Rutsche auf der Seite mit dem Badestrand", sagt Uwe Brett, "für das Bild der Anglersiedlung sind sie unmöglich."

Die Fronten zwischen Gemeine und Anglern sind hart. "Ohne dass die Stege zurückgebaut sind, bekommen die Anlieger keinen Platz am Ponton", sagt Jörg Meseberg.

Auf so einen Platz sind die Angler ohnehin gar nicht scharf. Sie haben ja längst ihre eigenen Boots- und Angelplätze. "Wir ziehen zur Not vor Gericht", sagt Uwe Brett. Martin Prange hat noch ein anderes Argument gegen den Rückbau. "Die Stangen lassen sich gar nicht mehr vollständig entfernen", sagt er, "die haben sich im Seeboden festgesaugt. Und wir können nicht viele tausend Euro dafür ausgeben, dass Taucher alles restlos beseitigen."

Vom Rückbau betroffen wäre auch der Steg, den der Jersleber Anglerverein für Gäste gebaut hat. "Unser Dachverband der Angler hat für den Steg 6000 Euro ausgegeben", sagt Martin Prange, "ein Parkplatz und ein Weg wurden extra dafür angelegt. Dieser Steg ist jetzt unter Wasser, und wir würden ihn gerne aufstocken. Doch derzeit wagt der Verein nicht zu investieren."