Pfarrerehepaar Kerntopf erklärt, zu welchen Anlässen die Glocke der Colbitzer Pauluskirche ertönt Dreimaliges Läuten der Kirchenglocke am Tag ist äußerst selten
Colbitz l Die Glocken der evangelischen Pauluskirche in Colbitz läuten mehrmals am Tage, häufiger als in anderen Ortes des Landkreises. Das ist auch dem Volksstimme-Leser Wolfgang Stage aufgefallen. Warum das so ist, konnte er sich auf Anhieb nicht erklären. Die Volksstimme fragte beim Pfarrerehepaar Gabriele und Dieter Kerntopf nach.
Neben dem Schlag zur vollen und zur halben Stunde zwischen 6 und 22 Uhr ertönt die Glocke montags bis sonnabends jeweils um 7.45 Uhr, um 11 Uhr und um 18 Uhr über mehrere Minuten. "Dieses Läuten hat vermutlich seinen Ursprung in der Zeit, als die Bauern auf das Feld gefahren sind. Um 7.45 Uhr wurde der Beginn der Arbeit angezeigt, um 11 Uhr gab es Mittag entweder auf dem Feld oder zu Hause und um 18 Uhr war Feierabend. Übrigens wird im Winter statt um 18 Uhr um 17 Uhr geläutet", weiß Dieter Kerntopf zu berichten. Auch viele Kinder seien es früher gewohnt gewesen, nach Hause zu gehen, wenn die Feierabendglocke läutete, und so sei es auch vorgekommen, dass die Kinder nicht kamen, wenn die Glocke mal kaputt war. "Wenn die Glocke kaputt ist, fehlt eben etwas", fügt der Pfarrer hinzu, der aber auch weiß, dass das dreimalige Läuten am Tag heute noch äußerst selten ist. "Das 18-Uhr-Läuten gibt es allerdings noch oft."
Sollte ein Gemeindeglied gestorben sein, läuten die Glocken bereits um 7.30 Uhr. Das Geläut zum Arbeitsbeginn im 7.45 Uhr fällt dann jedoch weg. "Und es hört sich anders an, dann wird drei mal drei Minuten geläutet und zwischendurch immer eine Minute Pause gemacht", erläutert Gabriele Kerntopf die Unterschiede. Auch zur Beerdigung gehört das Läuten dazu, es erklingt, wenn der Sarg oder die Urne aus der Trauerhalle getragen wird. Wenn in der Kirche Trauungen und goldene Hochzeiten oder Gottesdienste gefeiert werden, kündigt das ebenfalls die Glocke an.
"Bei Veranstaltungen in der Kirche erklingt eine Stunde vor Beginn eine Glocke und zu Beginn sind beide Glocken drei Minuten lang zu hören", so Dieter Kerntopf. Beide Glocken im Einklang sind auch zu hören, wenn sonnabends um 18 Uhr (im Winter eine Stunde früher) der Sonntag eingeläutet wird.
Gabriele Kerntopf kennt aber noch eine Besonderheit, die sie nur von Colbitz kennt. Wenn in den Gottesdiensten zur Konfirmation, zur goldenen Konfirmation und zum Ewigkeitssonntag (Totensonntag) Namen verlesen werden, dann wird die Glocke jeweils einmal kurz angeschlagen.
"Bis Anfang der 1960er Jahre wurde die Glocke noch per Hand bedient", weiß Dieter Kerntopf aus der Geschichte. Dann wurde das Geläut elek- trifiziert. Als später eine Schaltuhr eingebaut wurde, mussten die Verantwortlichen zum Läuten nicht einmal mehr in die Kirche, und heute funktioniert alles über eine Funkuhr.