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Geschichte Historischer Postmeilenstein aus Rogätz geht auf die Reise nach Groß Rodensleben

Reinhard Rusches Abschied vom Rogätzer Postmeilenstein in seinem Vorgarten

Von Hendrik Reppin 23.04.2021, 13:40
Tino Kohl, Mitglied im Heimat- und Kulturfreunde Rogätz e. V. kümmerte sich um den Transport zur Restaurierung in Groß Rodensleben.
Tino Kohl, Mitglied im Heimat- und Kulturfreunde Rogätz e. V. kümmerte sich um den Transport zur Restaurierung in Groß Rodensleben. Fotos (2): Hendrik Reppin

Rogätz

Nein, traurig sei er nicht, sagte Reinhard Rusche, als das Fragment des sogenannten Ganzmeilensteins in dieser Woche aus seinem Vorgarten gehoben wurde. „Ich fühle mich mehr, wie der Hüter des Steins.“ Seit 140 Jahren sei der Rogätzer Postmeilenstein im Besitz seiner Familie gewesen. Als sein Vorfahre Wilhelm Rusche im Jahr 1881 den Hof in der Nachtweide in Rogätz kaufte, erwarb er auch den Poststein, der samt Sockel waagerecht neben einer Pumpe gelegen haben soll. Ende des vergangenen Jahrhunderts sei er wieder aufgerichtet worden. Bis jetzt stand das Fragment des Obelisk im Garten unter einem Obstbaum.

Ein Stück preußische Postgeschichte im Vorgarten

Dass dieser Stein ein Stück preußischer Postgeschichte des 18. Jahrhunderts ist, fanden schließlich die Mitglieder des Heimat- und Kulturvereins Rogätz e. V. heraus. Vor der Pandemie trafen sie sich regelmäßig zu den bekannten Klönrunden, brachten dabei überlieferte Geschichten aus Rogätz zu Papier und recherchierten in alten Archivbeständen. Dass Rogätz einst an einer wichtigen Postroute lag, war schon lange bekannt. Doch die steinernen Wegmarkierungen bekamen erst in den letzten Jahren größere Bedeutung.

Der typisch altmärkische Meilenstein, der nördlich von Rogätz im Jahr 1801 aufgestellt worden war, sei ein besonderer Obelisk. Er habe die ganze Meile auf der Strecke zwischen Magdeburg und Gardelegen angezeigt. Daher sei er entsprechend groß gewesen, nicht zu übersehen für die Fahrer der Postkutschen.

Nur knapp 70 Jahre im Dienst der Post

Nach den Steinen sei schließlich auch die Gebühr für die transportierte Post berechnet worden. Doch nur 70 Jahre lang hätten die Postmeilensteine diese Aufgabe erfüllt. Mit der Einführung eines neuen Systems in Deutschland 1872 habe auch der Rogätzer Ganzmeilenstein seinen Dienst getan.

Angeblich soll es schließlich ein Winterhochwasser in den 1870er Jahren gewesen sein, das mit schwerem Eisgang den Ganzmeilenstein umwarf und die Spitze des Obelisk zerstörte. Wahrscheinlich ohne es zu wissen, sicherte damals Wilhelm Ludwig Braumann den Rogätzer Ganzmeilenstein für die Nachwelt, indem er ihn auf einem Karren auf seinen Hof in der Nachtweide fuhr.

Ganzmeilenstein bekommt Platz im Ortskern von Rogätz

Dort hing er vor wenigen Tagen, durch schwere Gurte gesichert, am Ausleger eines Traktors. Auf einen Anhänger geladen, trat er von hier aus die Reise nach Groß Rodensleben an. Tino Kohl, Mitglied bei den Heimat- und Kulturfeunden Rogätz, kümmerte sich um den Transport. In der Werkstatt der bekannten Steinmetzin Cathrin Bothmann soll er in den nächsten Monaten wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden. In seinem alten Glanz könnte der Rogätzer Ganzmeilenstein dann direkt im Ortskern, möglicherweise zwischen Elbe-Ohre-Halle und Vereinshaus „Tintenfass“ aufgestellt werden.

Mit der gesamten Organisation dieses Projektes ist der Heimat- und Kulturfreunde e. V. betraut worden. Neben einer Förderung vom Landkreis muss der Verein für das Projekt noch insgesamt 6500 Euro an Spenden zusammentragen. Wer das Projekt „Postmeilenstein“ mit einer Spende unterstützen möchte, findet alle nötigen Informationen im Internet unter heimatfreunde-rogaetz.de.