Tourismus in der Börde Jersleber See: Campen auch im Winter
Kaum dass die Barleber Gemeinderäte den Weg für einen Pachtvertrag des Naherholungszentrums freigemacht haben, wird der Vertrag ratifiziert. Ab Oktober soll investiert werden.

Jersleber See - Nun ging es doch ganz fix. Zwar wollte die Gemeinde Barleben schon vor drei Jahren in das Erholungszentrum „Jersleber See“ investieren. Doch nach ewigem Hin und Her mit der Nachbargemeinde Niedere Börde schien das Vorhaben schon fast gescheitert. Nun ist im Schnellverfahren ein Vertrag mit Pächtern ratifiziert worden. Was ändert sich am Jersleber See?
Ab Januar gänzjährig campen
Somit übernimmt das Ehepaar Sophie und Dennis Reipsch aus Wolmirstedt ab 15. Oktober den Betrieb des Kleinods rund 15 Kilometer nördlich von Magdeburg. Tatsächlich soll bereits mit dem Tag der offiziellen Übernahme kräftig investiert werden, „wenn alles so klappt, wie wir uns das vorstellen“, sagt Sophie Reipsch. Dann nämlich steht die langersehnte Sanierung des in die Jahre gekommenen Sanitärgebäudes an. Schon Ende des Jahres soll alles fertig sein. Denn ab 1. Januar, so der Plan, steht die erste organisatorische Neuerung an. „Wir wollen mit Jahresbeginn ganzjähriges Campen anbieten, sowohl für Dauer- als auch für Kurzzeitcamper“, erklärt Sophie Reipsch weiter.
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Tiny-Häuser und Sauna
„Parallel wird es losgehen, den Bereich der Volleyballplätze umzugestalten“, ergänzt Ehemann Dennis. So sollen die Sportanlagen in Strandnähe umziehen. Anstelle der Spielfelder werden zwei Saunen sowie Minihäuser und Iglus zur Vermietung aufgebaut. Außerdem soll der leerstehende Bungalow in Strandnähe in einen Kiosk umgewandelt werden. An Automaten seien verschiedene Produkte von Bauern aus der Region verfügbar, wie Dennis Reipsch erklärt. Und seine Ehefrau ergänzt: „Das soll auch ein Angebot für Motorradfahrer sein. Die kommen ja meist mit nichts an als mit einem Klappzelt. Und denen wollen wir eine Alternative anbieten.“
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Die andere, L-förmige Baracke nebenan wird dagegen abgerissen. Hier sollen dann vier neue Volleyballplätze entstehen. „Das war der Tipp unserer Kinder. Wir saßen Zuhause zusammen über der Planung und haben überlegt, wo was hinkommen soll“, berichtet Sophie Reipsch. Und ihr Gatte fügt hinzu: „Wir haben Isabella und Emma in die Planungen involviert und gefragt, was sich junge Menschen so vorstellen.“ So haben die 14- und 15-jährigen Töchter maßgeblich an der Zukunft des Erholungszentrums mitgetüftelt.
Allerdings seien die ambitionierten Pläne von mehreren Kriterien abhängig, die zeitnah erfüllt werden müssen. Dennis Reipsch spricht von Genehmigungen der Bauanträge durch die Gemeinde. „Wenn das alles so umgesetzt wird, dann sind wir bis April mit dem ersten Bauabschnitt durch“, sagt er.

Doch schon im Sommer soll es weitergehen, möglichst ohne störende Baugeräusche. So ist geplant, am Hundestrand fünf Hausboote auf dem Wasser schwimmen zu lassen, die für Übernachtungen gemietet werden können. Außerdem sind weitere Sanitäranlagen geplant, in kompakter Containerbauweise und zusammengefasst in kleinen Dörfern.
Auch an die jungen Leute ist gedacht. So sollen ein Jugendzeltplatz sowie eine Skater-Bahn und ein Bolzplatz entstehen. „Wir wollen zudem ein Kinderspielhaus bauen, damit sich die Kleinsten auch bei schlechtem Wetter austoben können.“
Kennen Campingplätze in ganz Deutschland
Insgesamt sollen in den kommenden Jahren mehr als sechs Millionen Euro in das Erholungszentrum fließen. Erfahrungen und Expertise bringt die Familie quasi mit. Einerseits leitet das Ehepaar Reipsch seit Jahren die eigene Baufirma in Wolmirstedt. Zum anderen ist die Familie auf Zeltplätzen heimisch. „Wir reisen von Kindheit an als Camper durch die ganze Welt und haben als Jugendliche viel Zeit hier am Jersleber verbracht. Auch mit unseren Kindern haben wir in Deutschland ganz viele Plätze bereist“, sagt Dennis Reipsch. Seit vier Jahren sei die Familie auf einem Dauerplatz am Jersleber See sesshaft geworden. „Da hatten wir natürlich viele Ideen im Kopf und haben unser Konzept komplett selbst entworfen.“
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Neben den anstehenden Investitionsvorhaben steht die Personalsuche ganz oben auf der Liste der anstehenden Aufgaben. „Wir haben schon vier oder fünf Bewerbungen. Eine Landschaftspflegerin ist sogar schon eingestellt“, sagt Dennis Reipsch. Ab Oktober kommenden Jahres – so lange werden die Pächter noch von Kollegen der Gemeindeverwaltung unterstützt – sollen Mitarbeiter für die Rezeption eingestellt werden. Gesucht wird auch Reinigungspersonal. Dieses soll als Housekeeping für die Sauberkeit der Minihäuser und Hausboote zwischen den Wechseln der Gäste sorgen.
Entwicklung zum Urlaubs-Resorts
Bis zur Übernahme des Naherholungszentrums durch die Pächter musste ein steiniger Weg beschritten werden. Das Kleinod war bisher von Barleben betrieben worden, geregelt durch eine Zweckvereinbarung mit der Niederen Börde.
Schließlich gehören einzelne Flurstücke sowohl der einen als auch der anderen Gemeinde. Doch der Betrieb war ein Zuschussgeschäft für Barleben. Um aus den roten Zahlen zu kommen, war im Jahr 2020 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben worden. Vorgeschlagen wurde eine schrittweise Weiterentwicklung zum Kurzurlaubs-, Urlaubs- und Freizeit-Resort.
Um die geplanten Maßnahmen am See vorantreiben zu können – rund 15 Millionen Euro sollten investiert werden – wollte Barleben Grund und Boden von der Niederen Börde erwerben. Angebote waren jedoch durch die Gemeinderäte der Niederen Börde mehrheitlich abgelehnt worden.
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Investoren kommen aus Wolmirstedt
Nach weiteren Verhandlungsrunden wurde sich auf die Übertragung der Aufgaben an Pächter geeinigt. Barleben übernahm das Ausschreibungsverfahren.
Mit den Unterschriften unter das Vertragswerk vermelden die Beteiligten nun Vollzug. „Wir sind froh, dass mit der Region verbundene Partner als Gewinner der Ausschreibung das Rennen gemacht haben“, sagt Barlebens Bürgermeister Frank Nase (CDU). Der „viele Jahre umfassende“ Pachtvertrag trage weit in die Zukunft und mache Visionen möglich.
Auch der Bürgermeister der Niederen Börde, Stefan Müller (CDU), zeigt sich erleichtert. „Ich denke, mit dem, was wir nun erreicht haben, kann jeder leben“, ist sich der Groß Ammensleber Rathauschef sicher. „Mit einem Verkauf oder einer Verpachtung der Flächen hätten wir für die Niedere Börde Einnahmen sichern können.“ Das sei aber nicht gewollt gewesen. „Dafür ist das, was jetzt mehrheitsfähig war, gut für den Jersleber See, für die Niedere Börde und für Barleben“, betont Stefan Müller.