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Rotes Kreuz Keine Scham vor Kleidung aus zweiter Hand

In der Wolmirstedter Kleiderkammer kann man sich weder über fehlende Spenden, noch über zu wenig Abnehmer beschweren.

Von Martin Walter 28.03.2018, 01:01

Wolmirstedt l Auf den ersten Blick wirkt es wie in einem ganz normalen Kleidungsgeschäft. Hier hängen Hosen, da Jacken, dort Pullover. Die Kleiderkammer in der Wolmirstedter Heinrich-Heine-Straße unterscheidet sich jedoch in einigen Punkten von diesen Läden. Der Wichtigste: Die Sachen hier sind alle bereits getragen worden.

Sie kommen aus den Kleidercontainern im Stadtgebiet oder werden direkt in der Kleiderkammer entgegengenommen. „Manchmal holen wir die Sachen auch bei den Leuten ab, wenn sie kein Auto haben oder sie aus anderen Gründen nicht übergeben können“, sagt Niels Langhammer vom Deutschen Roten Kreuz in Wolmirstedt (DRK), welches die Kleiderkammer unterhält.

In der Einrichtung werden sie anschließend sortiert. „Wir nehmen alles, was nicht größer ist als eine Mikrowelle“, sagt Kleiderkammer-Betreuerin Daniela Heinze. Und damit meint sie auch wirklich alles Brauchbare. Denn neben Kleidung warten beispielsweise auch Unterhaltungsmedien wie Filme und Spiele, ebenso wie kleine Haushalts- und Küchengegenstände auf neue Besitzer.

Die Kleidercontainer werden bis zu drei Mal pro Woche geleert. Über zu wenig Material könne man sich derzeit nicht beschweren. „Man merkt, dass die Leute gerade ihre Wintersachen aussortieren“, beschreibt Daniela Heinze den Grund dafür. Generell seien die Kleiderkammer-Mitarbeiter der Bevölkerung sehr dankbar. „Die Ware, die bei uns eingeht, ist meistens in tadellosem Zustand“, sagt Kollegin Kerstin Müller. Mandy Oelke, die Leiterin für Soziale Arbeit des DRK Börde, zeigt auf die gut gefüllten Regale der Kleiderkammer: „Wir haben außerdem eine gute Auswahl“.

Dennoch gebe es einige Engpässe. „Ab Größe 48 fehlt es. Außerdem bräuchten wir mehr bequeme Kleidung wie Joggingsachen. Wir haben beispielsweise Anfragen aus Therapieeinrichtungen, in die Leute eingeliefert werden, die nichts haben“, sagt die Leiterin des Sozialen Dienstes kopfschüttelnd.

Brigitte Hofmann von der Kleiderkammer fügt hinzu: „Manchmal denken die Leute vielleicht auch, dass ihre Sachen nicht schön genug sind. Das ist aber Quatsch, wir nehmen sie natürlich gerne.“ Wichtig sei jedoch, dass wirklich nur Kleidung in den Containern lande, denn „manchmal werden sie auch als Mülleimer benutzt oder Glasflaschen hineingeworfen“, sagt Niels Langhammer, fügt jedoch hinzu: „Das ist aber in letzter Zeit zum Glück weniger geworden.“

Auch komme es vor, dass versehentlich Sachen eingeworfen oder Dinge in den Kleidungsstücken vergessen werden. „Es passiert circa zweimal pro Monat, dass wir beispielsweise einen Schlüsselbund oder ein Handy finden“, so Niels Langhammer. Solche Versehen werden aber in der Regel schnell bemerkt und die Dinge wieder abgeholt.

Eine Sache sollten Spender jedoch beachten. „Unsere Container sind offiziell angemeldet und als solche gekennzeichnet. Auf ihnen ist auch eine Telefonnummer zu lesen, unter der man uns erreicht“, sagt Mandy Oelke. Vorsicht hingegen sei bei sogenannten „Wildcontainern“ geboten. Hinter diesen illegal platzierten Containern stünden Betrüger, die eingeworfene Ware nicht etwa an Hilfsbedürftige weitergeben, sondern sie weiterverkaufen.

Doch wie sieht es seitens der Kundschaft aus? „Die Kleiderkammer wird unheimlich stark angenommen“, sagt Kerstin Müller. Circa 60 Personen kämen pro Woche in die Einrichtung, um sich dort Sachen für einen symbolischen Euro zu kaufen. Für diese geringen Einnahmen wird die soziale Arbeit der Einrichtung teilfinanziert.

„Manchen ist es anfangs schwergefallen, herzukommen. Doch ihre Scheu hat sich inzwischen gelegt. Man kennt sich und quatscht dann noch ein bisschen miteinander. Die Leute bedanken sich auch für das Engagement“, sagt Brigitte Hofmann erfreut.

Und in der Wolmirstedter Kleiderkammer ist jeder gerne gesehen, der hilfsbedürftig ist und sich keine Sachen im Laden leisten kann. Mit einem Wink auf die Essener Tafel, die vor Kurzem in Kritik geraten ist, weil sie Essen zuerst an Deutsche ausschenkte, sagt Mandy Oelke: „Bei uns gibt es keine Unterscheidung. Menschen sind Menschen und wer herkommt, bekommt Hilfe.“

Die Kleiderkammer in der Heinrich-Heine-Straße 5 hat Montag bis Mittwoch von 10 bis 14 Uhr und Freitag von 10 bis 13 Uhr geöffnet.