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Kirche „Fürchtet Euch nicht!“

Im evangelischen Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt werden die Gläubigen in diesem Jahr eher ungewöhnliche Weihnachten erleben

Von Christian Besecke 24.12.2020, 00:01

Wolmirstedt l Wegen Corona fallen die meisten Gottesdienste aus. Auch in Wolmirstedt wurde alles abgesagt, bis auf eine Ausnahme am ersten Weihnachtsfeiertag. Mit Pfarrerin Ina Lambert sprach dazu Volksstimme-Redakteur Christian Besecke.

Volksstimme: Frau Lambert, die geplanten Gottesdienste unter freien Himmel auf der Schlossdomäne waren doch gar keine so schlechte Idee. Wieso fallen diese denn nun doch aus?

Ina Lambert: Die Idee finde ich auch gut, aber es scheitert an der Umsetzung. Wir bekommen einfach nicht genug Helfer zusammen, die unter den Besuchern für die vorgeschriebenen Abstände sorgen könnten. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich die Menschen außerdem nicht so gern herumschieben lassen. Wir können unter freien Himmel einfach nicht gut genug durchsetzen, dass auch alle vorgeschriebenen Beschränkungen eingehalten werden, zumal wir mit einem entsprechenden Zuspruch gerechnet haben.

Aber dennoch gibt es am ersten Weihnachtsfeiertag einen Gottesdienst in der Katharinenkirche in Wolmirstedt. Können da die aktuellen Beschränkungen besser durchgesetzt werden?

Davon gehe ich aus, wenn wir dort am ersten Feiertag um 10.30 Uhr gemeinsam Gottesdienst feiern. Auch zeigen uns die Erfahrungen, dass an diesem Tag nur etwa 25 Menschen zu uns kommen. Ich denke, dass es auch dieses Mal so sein wird, wir wollen ja niemanden wegschicken müssen. Natürlich sind dabei die Hygieneregeln zu beachten, aber das können wir in dem Fall gewährleisten.

Die Leute werden sich also auf eher ungewöhnliche Feiertage gefasst machen müssen?

Das ist in diesem Jahr so. Es ist ja schon zur Tradition geworden, dass viele Menschen gerade zu Weihnachten oder Heiligabend einmal im Jahr einen Gottesdienst besuchen, um dabei die Weihnachtsgeschichte zu hören. Natürlich würden wir sie gern öfter in der Kirche begrüßen, aber so ist das nun einmal. Wir verweisen in dem Zusammenhang auf das reichhaltige Internetangebot und außerdem sind die Kirchen ja nicht alle geschlossen. Wer allein für sich beten möchte, kann dies in Glindenberg oder hier in Wolmirstedt natürlich tun.

Die anderen Kirchen in der Stadt Wolmirstedt sind geschlossen?

Ja, dafür öffnet die Katharinenkirche von 14 Uhr bis 18 Uhr, die Kirche in Glindenberg ist durchgängig zur persönlichen Andacht geöffnet. Sicherheitsabstände sind beim Besuch einzuhalten.

Die Leute sollen also mehr auf die Internetangebote ausweichen?

Wir als evangelische Kirche rufen ausdrücklich die Menschen dazu auf, zu Hause zu bleiben. Und das Internetangebot ist in der Tat groß. Ab heute finden sich auf www.kirchenkreis-haldensleben-wolmirstedt.de oder bei YouTube www.youtube.com/user/wasbewegt viele interessante Angebote. Außerdem muss man ja zum Beten oder für eine Andacht nicht unbedingt die Kirche aufsuchen. Gott kommt gerade in schwierigen Zeiten zu uns, wenn wir uns auf ihn einlassen und offen dafür sind. Aus der Weihnachtsgeschichte wissen wir, dass er durch die Geburt Jesu selbst in den Stall zu Bethlehem gekommen ist – und da war es gewiss nicht schön. Wir sollten den Begriff Gottesdienst ruhig etwas weiter fassen. Denn was ist der beste Dienst, den wir Gott im Augenblick erweisen können? Die Menschen sollten daheim bleiben und aufeinander achten. Das Online-Angebot ist vielfältig. Man kann Musik hören, es gibt Christvespern mit Krippenspiel und Verkündigung, also die Predigt.

Welche Botschaft haben Sie für alle die Menschen, die zu Weihnachten zu Hause bleiben?

Das ist die Botschaft der Engel auf dem Feld, als sie zu den Hirten sprachen und die lautet: Fürchtet Euch nicht! Mit Jesus Christus ist Gott auf die Welt gekommen und das ganz anders als es sich die Menschen dieser Zeit vorgestellt haben. Gott sucht immer Wege, zu uns zu kommen.

Die Menschen suchen die Hoffnung in der Pandemiezeit, wie sieht Ihre Hoffnung aus?

Nun, rein aus dem Blickwinkel der Pandemiebekämpfung betrachtet, ist das sicherlich erst einmal der Impfstoff. Durch diesen erwarten sich die Menschen Erleichterung. Ich hoffe ebenfalls, dass es leichter wird, dass von uns genommen wird, was schwer auf uns lastet. Ich hoffe aber auch, dass Menschen gemeinsam am Frieden arbeiten – Hand in Hand. Auch die Gerechtigkeit gehört für mich dazu. Aber, egal was kommt, Gott ist an unserer Seite und gemeinsam schaffen wir das. Das Leben bietet immer einmal Höhen und Tiefen.

Wie war das Jahr 2020 für Sie persönlich und was hat Sie besonders beeindruckt?

Im ersten Lockdown haben wir als Familie sehr viel Zeit miteinander verbracht und sind dadurch auch noch einmal enger zusammengerückt. Das hat gut getan. Beeindruckt hat mich, wieviel kreative Energie diese Zeit in uns allen hervorgerufen hat.

Gibt es dafür vielleicht Beispiele?

Ja, wir haben uns im Kollegenkreis ganz neu digital vernetzt. Ohne Corona hätten wir uns bestimmt nicht im Video-Chat getroffen. In diesem Zusammenhang haben wir dabei ganz neue Vokabeln gelernt (sie lacht). Es waren Raum und Zeit dafür vorhanden, ganz neue Dinge einfach auszuprobieren. Da möchte ich den digitalen Konfirmandenunterricht nennen. Wir waren zu Viert vor der Kamera und bekamen live Rückmeldungen von vielen Jugendlichen aus dem gesamten Kirchenkreis. Es gab Umfragen und es wurden Meinungen ausgetauscht.

Wie geht es im neuen Jahr mit den Gottesdiensten weiter?

Die gibt es zu Silvester und zu Neujahr. Außerdem möchte ich im Januar noch einmal alle Gemeinden in unserer Region persönlich besuchen.