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Klimawandel Kleiner Pilz lässt Kiefern sterben

Alarmstimmung herrscht im Revier Colbitz. Bei vielen Kiefernbäumen ist das Diplodia-Triebsterben beobachtet worden.

Von Burkhard Steffen 29.08.2017, 01:01

Colbitz l „Betroffen sind 45 Abteilungen des Revieres. Wir haben eine Befallsfläche von 55,2 Hektar feststellen müssen“, informiert Revierförsterin Simone Bruckert vom Betreuungsforstamt Letzlingen, die in Colbitz den erkrankten Revierförster Holger Peine vertritt.

„Wir betreuen in neun Revieren rund 16.000 Hektar Waldfläche. Davon sind durchschnittlich 80 Prozent mit Kiefern bepflanzt“, macht Thomas Roßbach, Leiter des Betreuungsforstamtes Letzlingen deutlich, warum die Alarmglocken klingelten.

Deshalb lud vor einigen Tagen das Betreuungsforstamt zu einem Vororttermin in der Gemarkung Colbitz ein. Eingeladen waren Vertreter der Forstbetriebsgemeinschaft, in der viele private Waldbesitzer organisiert sind, Mitarbeiter der Unteren Forstbehörde und Dr. Gitta Lange von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen (NW-FVA).

„Der Wärme liebende Pilz Sphaeropsis sapinea (Synonym: Diplodia pinea) verursacht seit einigen Jahren verstärkt in Kiefernbeständen des nord- und nordostdeutschen Raumes, aber auch in Hessen, ein Triebsterben an Koniferen. Begünstigt wird die Erkrankung durch Vitalitätsverluste oder Vorschädigungen der Bäume wie beispielsweise Insektenfraß oder Hagelschlag“, erläuterte Dr. Gitta Langer.

Dr. Gitta Langer ist in der NW-FVA als Mykologin die Expertin für Pilzkrankheiten und im Sachgebiet Mykologie und Komplexerkrankungen tätig. „Dieser Pilz wurde schon im Jahr 1820 beschrieben. Doch massive Schäden verursacht er erst in den vergangenen 20 Jahren. Das hängt unbedingt mit dem fortschreitenden Klimawandel zusammen“, betont die Expertin.

Sie wies darauf hin, dass aus dem Osten Sachsen-Anhalts schon im Sommer 2016 Diplodia-Schäden in Kieferngehölzen mit erheblicher Flächenausdehnung gemeldet wurden. „Die wurden ausgelöst durch Niederschlagsdefizite und hohe Temperaturen in den Wintermonaten, die zu starken Vitalitätseinbußen der betroffenen Kiefern führten“, erläuterte Dr. Gitta Lange.

Auch die Witterungsbedingungen im Raum Magdeburg waren durch einen warmen Winter 2016/17 und geringe Niederschlagsmengen gekennzeichnet. „Im Mai 2017 wurden schon erste Absterbeerscheinungen in der Gemarkung Samswegen des Colbitzer Revieres beobachtet, die von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt untersucht wurden“, berichtete die Wissenschaftlerin bei dem Vororttermin. Bei den im Colbitzer Revier aktuell betroffenen Beständen sei das Diplodia-Triebsterben vermutlich durch das Extremwetterereignis am 22. Juni dieses Jahres ausgelöst worden, als ein Hagelschlag mit fast taubeneigroßen Hagelkörnern niederging, vermutet Dr. Langer.

Wie kann man weiteren Schäden vorbeugen? Diese Frage richteten vor allem die Vertreter der Forstbetriebsgemeinschaft an die Expertin. „Eine Pilzbekämpfung im Wald ist unbedingt verboten“, machte Dr. Gitta lange deutlich, dass die chemische Keule hier fehl am Platz ist. „Wir raten dazu, stärker geschädigte Bäume unbedingt zu nutzen, zumal eine nachfolgende Besiedlung mit rinden- und holzbrütenden Insekten zu einer Wertminderung des Holzes durch Bläuepilze führen kann. Wenn nur wenige Äste und Kronenteile befallen sind, können die Bäume zunächst stehen bleiben. Eine Revitalisierung ist theoretisch möglich. Die weitere Entwicklung dieser Bäume sollte aber genau beobachtet werden“, riet die Expertin den Forstleuten.