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Kulturgut Der Kleingärtner als Ökologe

42 Vereine sind im Kreisverband der Kleingärtner Wolmirstedt organisiert, 18 davon allein im Stadtgebiet samt den Ortsteilen.

Von Christian Besecke 27.02.2020, 00:01

Wolmirstedt l Die doch hohe Auslastung der 808 Parzellen auf dem Gebiet der Ohrestadt hat natürlich Gründe. „Die 18 Vereine verfügen allesamt über einen Stromanschluss und es wird eine Wasserversorgung auf verschiedene Weise sicher gestellt“, erläutert der Verbandsvorsitzende Armin Bartz. „Pachtgärten, die solche Voraussetzungen bieten, werden in der Regel öfter vermittelt.“ So haben 759 Mitglieder 762 Parzellen in Nutzung. Von 369.717 Quadratmetern Gesamtfläche werden effektiv 311.445 Quadratmeter bewirtschaftet.

Das sieht auf dem Lande mitunter anders aus. In den 42 Vereinen sind derzeit etwa 1700 Kleingärtner auf dem Gebiet des Verbandes aktiv. Dabei reicht das Einzugsgebiet quasi von Colbitz bis Wellen. Das ist der Historie geschuldet, die auf den Kreis Wolmirstedt zurückgeht.

„Wir mussten uns nach der Wende nach dem Bundeskleingartengesetz neu ausrichten“, beschreibt der Vorsitzende. „Das Gebiet des Altkreises ist aber gleich geblieben. Die Gesetzesvorgaben sind für uns quasi das Naturschutzgesetz für den Kleingärtner und auf der Basis handeln wir.“

In der Praxis sieht das so aus: Der Verband verhandelt mit den Landbesitzern und vergibt die Flächen als Zwischenpächter an die Vereine. Diese vergeben die Parzellen dann an den Kleingärtner im Auftrag des Verbandes. Der handelt wiederum den jeweiligen Pachtzins mit dem Bodeneigentümer aus. „Wir sind dabei bestrebt, den Kleingärtner am Ende nicht zu sehr zu belasten“, versichert Armin Bartz. „Wir sind die Interessenvertretung der Vereine und ihrer Mitglieder.“ Dabei sei der Aufwand über die Jahre enorm gestiegen, besonders der schriftliche. Alle Vorstandsmitglieder arbeiten ehrenamtlich und investieren demnach viel Freizeit in Verband und Vereine.

Schwerpunktbereiche für den Verband sind Wolmirstedt und Barleben. Im letztgenannten Ort befindet sich auch der größte Verein mit der Kleingartenanlage „An der Ebendorfer Straße“. Von den gut 190 Parzellen sind aktuell nur noch 20 zu haben. „Auf dem Land wird es dann teilweise etwas dünn“, fügt Schatzmeisterin Christine Lersch hinzu. In Groß Ammensleben herrscht ein 50-prozentiger Leerstand, in Niederndodeleben sind es etwa 40 Prozent, in einer Zielitzer Anlage sieht es ähnlich aus.

„Von ehemals 190.000 Kleingärtner im Landesverband gibt es derzeit noch 98.000“, sagt der Vorsitzende. „Die Mehrzahl unserer Mitglieder ist etwas über 60 Jahre alt. Eine präzise Statistik liegt uns leider nicht vor.“ Im zurückliegenden Jahr wurden im Kreisverband zwei Vereine aufgelöst, mangels Mitgliedermasse.

„So etwas geschieht, wenn eine Pachtfläche unrentabel geworden ist“, erklärt der Vorsitzende. „Sie wird ja immer insgesamt gepachtet und dann in Parzellen vergeben.“ Daher habe der Verband auch den Vereinen empfohlen, jeweils ein Kerngebiet auszuweisen. Außerhalb desselben werden nach dem Auslaufen von Verträgen Parzellen nicht mehr neu vergeben. Zudem wurde bereits 2015 der sogenannte Rückbaucent eingeführt, der dafür verwendet wird, Aktionen in zu beräumenden Gärten durchzuführen. Pro Parzelle kommen da schon einmal vier- bis fünftausend Euro zusammen.

Gängige Regel bei Neuverpachtungen ist die Vergabe mit einem auf ein Jahr befristeten Vertrag. Bewährt sich der Kleingärtner, bekomme er danach einen unbefristeten Vertrag. Interessenten melden sich für gewöhnlich bei den jeweiligen Vereinen. Insgesamt werde darauf geachtet, dass die Nutzung innerhalb gewisser Regeln geschehe. „Rasenfetischisten mögen wir nicht so“, formuliert Armin Bartz. Ein Auge auf die Umsetzung nach dem Bundeskleingartengesetz hat Fachberater und Wertermittler Klaus Lersch. Er übernimmt auch die Schulung der jeweiligen Vereinsfachberater, die am kommenden Wochenende stattfindet. „Ein Pächterwechsel sollte zudem nur nach Wertgutachten und mit einem Übergabeprotokoll geschehen“, sagt dieser.

Das Angebot von Weiterbildungen ist übrigens eine satzungsgemäße Aufgabe des Verbandes. So gibt es eine Sommerweiterbildung und eine für Schatzmeister. Ein Grundseminar für Vereinsrecht wurde auch schon abgehalten.

Der Vorsitzende verweist auf die Grundsätze des Kleingärtners, zu denen Freundschaft, Kameradschaft und Traditionspflege gehören. So haben etliche Vereine schon eigene Verbandsvereinsfahnen. „Unser liebstes Hobby bietet aber noch mehr“, sagt er. „So gehören Anbau und Erholung untrennbar zusammen. Wir widmen uns dem ökologischen Gartenbau, der immerhin ein deutsches Kulturgut darstellt.“ Neulinge werden gern an die Hand genommen. „Die vorgeschrieben kleingärtnerische Nutzung ist für einen Pächter mit Ideenreichtum immer zu erreichen“, versichert Klaus Lersch. Damit spielt er auf die vorgesehene Drittelnutzung einer Parzelle an. Ein Thema ist sie gerade für junge Leute, die sich mit den Gegebenheiten der Landwirtschaft befassen wollen. Jährlich gibt es zudem eines Wettbewerb unter den Kleingärtnern, der mit einem Wanderpokal belohnt wird. Alle zwei Jahre gibt es einen Cup vom Landrat.

Für Sonneband, 21. März, sind Neuwahlen des Verbandsvorstands vorgesehen. Sie finden ab 9 Uhr im Katharinensaal in Wolmirstedt statt. Dabei werden sich die Amtsinhaber erneut den juristischen Vertretern der Vereine zur Wiederwahl stellen.