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Rechtsstreit Kneipe schließt weiter um 22 Uhr

Die Dahlenwarsleber Kneipe darf auch nach jahrelangem Reichtsstreit nicht länger öffnen. Der Landkreis stellt sich weiter quer.

Von Ariane Amann 29.10.2017, 06:00

Dahlenwarsleben l Christine und Detlev Wahrburg und ihr Pächter Stefan Buhtz sind ratlos. Seit sieben Jahren streiten sie sich mit dem Landkreis Börde, wie lange ihre kleine Gaststätte „Buhtzis Kneipe“ am Eichplatz öffnen darf. Ein Nachbar hatte sich 2010 beschwert, dass es nachts Lärm gebe, seitdem darf die Kneipe nur noch bis 22 Uhr öffnen.

Diese Einschränkung der Öffnungszeiten leitet der Landkreis aus einer Baugenehmigung von 1995 ab, dies wiederum hat im Mai dieses Jahres das Oberverwaltungsgericht Magdeburg jedoch verneint. Zwar wies das Gericht die Klage der Wahrburgs auf Erweiterung der Öffnungszeiten ab, stellte allerdings auch fest, dass es eine Einschränkung der Öffnungszeiten seiner Auffassung nach nicht gegeben hat, da die Baugenehmigung offenbar keine Einschränkung der Öffnungszeiten des damaligen Landkreises Ohrekreis enthielt.

Dieses Urteil sorgte zunächst für Freude bei den Wahrburgs als Eigentümer der Kneipe. Mittlerweile macht sich allerdings Ernüchterung breit, denn das Urteil bewegte bislang den Landkreis Börde nicht dazu, die Öffnungszeiten der 25 Plätze fassenden Kneipe zu erweitern.

Der Grund dafür ist bereits sieben Jahre alt: Im Jahr 2010 erging vom Landkreis Börde eine Nutzungsuntersagung, die eine Öffnung der Gaststätte nach 22 Uhr verbietet. Diese hat allerdings nach wie vor Bestand, dies hat auch das Oberverwaltungsgericht in der Urteilsbegründung vermerkt. Christine und Detlev Wahrburg haben mittlerweile auch das Wiederaufgreifen des Verfahrens bereits im Mai beim Landkreis Börde beantragt, bisher allerdings keine Antwort in ihrem Sinne erhalten. Schreiben an Landrat Hans Walker hatten in den vergangenen Monaten immer das gleiche Ergebnis: Der Landkreis bezieht sich auf die immer noch gültige Nutzungsuntersagung von 2010 und leitet keine erneute Prüfung des Sachverhalts ein.

Auch auf Volksstimme-Nachfrage heißt es zum Thema nur knapp von Pressesprecher Uwe Baumgart: „Es gibt eine inzwischen rechtskräftige Entscheidung der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg, wonach die Verlängerung der Betriebszeiten nicht zulässig ist. Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens liegen nicht vor.“ Christine Wahrburg entgegnet: „Wir haben bisher auch nicht mitgeteilt bekommen, welche Gründe gegen eine Wiederaufnahme der Prüfung sprechen.“

Dabei geht es Stefan Buhtz und auch Familie Wahrburg gar nicht darum, jeden Tag bis zum Morgengrauen öffnen zu können. „Das würde sich ohnehin nicht tragen“, sagen sie. Eine reguläre Öffnung bis Mitternacht sowie die Erlaubnis für zwölf darüber hinaus gehende Veranstaltungen im Jahr streben sie an. „Ich muss im Zweifelsfall früher schließen als eine Veranstaltung auf dem Eichplatz, direkt vor der Tür“, sagt Buhtz.

Feiern die Dahlenwarsleber den Tanz in den Mai auf eben jenem Platz, muss er um 22 Uhr die Tür seiner Kneipe abschließen, ebenso Silvester. Das erinnere ihn schon sehr an Schildbürger, bei denen oft Entscheidungen von Behörden nicht nachzuvollziehen seien. „Nicht mal ein Fußballspiel am Abend können unsere Gäste zu Ende gucken, weil diese Spiele oft genug erst nach 22 Uhr zu Ende gehen“, klagt er.

Zwar würden seine Gäste in aller Regel mit Verständnis auf die Schließung reagieren, allerdings sei dieses Verfahren für eine Kneipe „schon eher unüblich“, sagen Buhtz und Wahrburg mit ironischem Unterton in der Stimme.

Marcel Wahnstab vom Dahlenwarsleber Sportverein „Grün-Weiß“ sagt aus Sicht vieler Mitgliederdes Sportvereins: „Wir haben als Verein keinen echten Anlaufpunkt, und das liegt vor allem an den Öffnungszeiten. Ich komme zwar gern her, aber die Öffnungszeiten müssen einfach andere sein. Stefan Buhtz ist sehr engagiert im Dorf, davon würden alle profitieren.“

Die Beschwerde über die Lärmbelästigung, die dem ganzen Rechtsstreit zu Grunde liegt, war auch Teil des Verfahrens am Oberverwaltungsgericht in Magdeburg. Zwei Lärmmessungen haben die Wahrburgs durchführen lassen, außerhalb der Kneipe, um sicherzustellen, dass wirklich keine Belästigung für die Nachbarn vorhanden ist. Das Gebiet war zum Zeitpunkt der Messungen als Mischgebiet ausgewiesen, alle Messungen befanden sich innerhalb der erlaubten Grenzen. Allerdings wurde zwischenzeitlich der Status des Geländes in ein reines Wohngebiet abgeändert, in dem die Vorgaben für Lärm deutlich strenger sind.

Ob die Lärmbelästigung rund um Buhtzis Kneipe tatsächlich außerhalb des gesetzlich erlaubten Rahmens liege und somit eine Öffnung über die bislang erlaubten Zeiten verhindere, das ließ auch das Oberverwaltungsgericht offen. Für eine abschließende Betrachtung fehlte dem Gericht ein Gutachten, das nicht nur die Geräusche in der Gaststätte, sondern auch solche durch Besucher und Autos vor der Kneipe berücksichtigt. Dazu müsste ein neues Gutachten in Auftrag gegeben werden, dessen Ausführung allerdings bislang niemand den Wahrburgs erklären konnte. Und: „Wenn eine Messung sichtbar durchgeführt wird, kann man sicherlich keine echten Ergebnisse erwarten, denn dann wären wohl alle besonders leise“, sagt sie.

Auch Appelle an den Ortschaftsrat, der die Erweiterung der Öffnungszeiten unterstützt sowie die Gemeinde Niedere Börde haben bislang nichts ausrichten können, das eine Wiederaufnahme des Prüfverfahrens beim Landkreis nach sich gezogen hätte. Auch eine Unterschriftensammlung, die sich für die Erweiterung der Öffnungszeiten aussprach, brachte kein Ergebnis.

Die Wahrburgs und Stefan Buhtz haben beim aktuellen Stand der Dinge keine andere Wahl, als weiter um 22 Uhr die Tür der Kneipe abzuschließen. Ganz egal, welche Feier vor der Tür tobt.