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Sportplatz Stadion: Neubau oder Sanierung?

Wo will Wolmirstedt künftig Sport treiben? Diese Entscheidung steht unmittelbar bevor.

Von Gudrun Billowie 09.12.2020, 00:01

Wolmirstedt l Der Fördermittelbescheid aus dem Verkehrsministerium glich einem Paukenschlag. Wolmirstedt bekommt aus dem Investitionspakt „Förderung von Sportstätten“ 580 000 Euro für ein neues Stadion in der Samsweger Straße. Das Geld war zwar beantragt worden, dennoch kam die Bewilligung überraschend.

Damit schlägt der Zeiger zugunsten des Neubaus aus, denn die Fördermittel fließen ausschließlich für ein neues Stadion. Sie gelten nicht, wenn das betagte Küchenhorn-Stadion saniert wird. Nun muss der Stadtrat zwischen Küchenhorn-Stadion-Sanierung und Neubau entscheiden, am besten schon Montag, 14. Dezember. Keine leichte Aufgabe, denn noch stehen viele Fragen im Raum.

Eine Tendenz zeichnete sich dennoch am Montagabend im Hauptausschuss ab. „Wir sollten den Mut aufbringen und in einen Neubau investieren“, konstatierte CDU-Fraktionsvorsitzender Uwe Claus.

Dem schloss sich Waltraud Wolff an, Fraktionsvorsitzende der SPD-Linke-Grüne: „Diese Förderung gehört zu einem Bundesprogramm. Das sollte Stadtrat und Bürgern den Mut geben, zu beginnen.“

In dieselbe Richtung argumentierte Mike Steffens. „Der Neubau ist ein Risiko, aber es bedarf einer mutigen Entscheidung.“ Auch wenn Mike Steffens für den Neubau plädiert, möchte er dennoch ein paar Fragen beantwortet wissen.

Felix Zietmann, Vorsitzender der AfD-Fraktion, sieht hingegen das Küchenhorn-Stadion als künftige zentrale Sportstätte Wolmirstedts. „Ich finde es einfach sehr schön.“ Außerdem sei die Sanierung günstiger, als ein Neubau.

Die Kosten für einen Neubau werden auf 6,4 Millionen Euro geschätzt, die Sanierung des Küchenhornstadions soll 3,2 Millionen Euro verschlingen. Ganz gleich, für welche Variante Wolmirstedt sich entscheidet, erwartet werden Fördermittel aus dem Innen- und Sportminsiterium in Höhe von 1,18 Millionen Euro. Sind die sicher, werden die fließen?

„Landesmittel für die Sanierung des Stadions in Wolmirstedt sind in Höhe von 1,18 Millionen Euro bereits seit 2019 im Grundsatz eingeplant“, bestätigt das Innenministerium auf Volksstimme-Anfrage. Der Anrag wurde jedoch noch nicht bearbeitet, weil Wolmirstedt die Standortfrage bisher nicht geklärt hatte. Nun werde die Entscheidung des Stadtrates am 14. Dezember abgewartet. „Danach wird über das weitere Vorgehen entschieden.“

Doch auch im Hinblick der Fördermittel aus dem Verkehrsministerium gibt es noch offene Fragen.

Beantragt wurde eine Unterstützung von rund 4 Millionen Euro für einen Neubau, nun sind „nur“ besagte 580 000 Euro bewilligt. Das muss nicht das Ende der Fahnenstange sein, denn dieser Investitionspakt zur Förderung von Sportstätten soll in den kommenden Jahren fortgeführt werden. Geldgeber ist vor allem der Bund.

Das ist gut möglich. Auf der Internetseite des Bundesinnenministeriums heißt es, dass von 2021 bis 2023 jeweils weitere 110 Millionen Euro pro Jahr und 2024 160 Millionen Euro Bundesmittel für dieses Programm vorgesehen sind. Heißt also, dass Wolmirstedt auch in den kommenden Jahren Förderanträge stellen kann.

Wer in das Förderprogramm aufgenommen wird, entscheiden die jeweiligen Länder, also für Wolmirstedt weiterhin Sachsen-Anhalts Verkehrsministerium. Wie stehen die Chancen? „Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr wird das Projekt gerne weiterhin unterstützend begleiten“, heißt es auf Volksstimme-Nachfrage.

Das klingt verheißungsvoll, verbindlich ist es nicht. Dennoch hat Bürgermeisterin Marlies Cassuhn aus Gesprächen im Verkehrsministerium mitgenommen, dieses Programm lasse keine Investruinen zurück, finanziert also vermutlich bis zum Schluss mit, bestenfalls solange, bis das Stadion steht.

Trotz der finanziellen Unwägbarkeiten scheinen Verwaltung und Stadtrat den Neubau zu wagen.

„Wir haben nur jetzt die Chance, Unterstützung für einen Neubau zu bekomen“, sagt Bürgermeisterin Marlies Cassuhn, „das Zeitfenster ist sehr klein. Im Grunde heißt es: Jetzt oder nie.“

Was, wenn außer der 580 000 Euro keine weiteren Fördermittel fließen? Dann könnte die Stadt einen Kredit aufnehmen. Die aktuellen Zinsen, die sich eher im Minusbereich bewegen, stehen für Investitionen günstig. Gut eine Million Euro Eigenmittel hatte Wolmirstedt für den Neubau ohnehin eingeplant, für die Küchenhornsanierung sogar zwei Millionen Euro.

Überhaupt ist es üblich, dass bei Fördermitteln vorfinanziert werden muss. Das heißt, Wolmirstedt muss erst einmal die volle Summe vorfinanzieren.

Sanierung oder Neubau - darüber wird schon sehr lange gestritten. Die Sportler haben zunächst lange am Küchenhorn-Stadion „Glück auf“ festgehalten. Das hat zum einen emotionale Gründe, denn es war zu DDR-Zeiten von vielen Bürgern mitgebaut worden war, Sportler dort viele Wettkämpfe und emotionale Momente erlebt und erleben sie - abgesehen von Corona - noch heute.

Doch auch die Lage am Rande der Stadt, quasi mitten im wald, ist charmant. Doch genau diese Lage ist gleichzeitig die größte Schwäche des Küchenhornstadions. Das wurde besonders nach dem Hochwasser 2013 deutlich.

Seither gilt die Maßgabe: den Flüssen mehr Raum geben. Das gilt auch im Küchenhorn. Das soll wieder Auwald werden, das heißt, es dient bei Hochwasser als Überflutungsfläche. Bleibt das Stadion, muss es mit einem Ringdeich geschützt werden. Der Preis für diesen Ringdeich wurde auf 1,9 Millionen Euro geschätzt.

Aus Sicht der Hochwasserexperten macht es jedoch keinen Sinn, ein Stadion im Hochwassergebiet zu erhalten. Es müsste durch einen Ringdeich geschützt werden, für den hunderte Bäume fallen müssten, die Zufahrtsstraße wäre bei Hochwasser dennoch nicht passierbar.

Deshalb bestärkte das Umweltministerium die Idee, ein neues Stadion zu bauen. Als Anreiz sollten die 1,9 Millionen Euro des Ringdeiches einen Stadionneubau außerhalb des Küchenhorns unterstützen. Doch das Umweltministerium machte klar: Sollte dieses Geld tatsächlich fließen, dann erst in ein paar Jahren. Bis dahin wäre das Geld aus dem Innenministerium für Wolmirstedt verloren. Wolmirstedt strich das Geld des Umweltministeriums aus den Gedanken.

Für den Neubau in der samsweger Straße spricht außerdem die Nähe zu einigen schulen, die dort Sportunterricht abhalten könnten. Weiterhin sind die gute Erreichbarkeit und nicht zuletzt der gute Ruf wolmirstedts Pluspunkte.

Nachteile sind die hohen Kosten und die Grundstücksfrage. Wolmirstedt muss die Flächen erst kaufen.

Die Vorsitzenden der großen Sportvereine sind sich einig. Sie sagen unisono: Hauptsache ist, dass endlich etwas getan wird. „Jetzt ist genug darüber geredet worden, es wird Zeit zu handeln“, sagt SV-Kali-Vorsitzender Martin Westphal. Seine Meinung tendiert zum Neubau.

Birger Orlamünde, Abteilungsleiter Leichtathletik beim SV Kali, mag zwar das Küchenhorn-Stadion, weil es groß ist und den einzelnen Abteilungen Platz bietet, aber auch für ihn ist das allerwichtigste: „Ich möchte, dass überhaupt etwas passiert.“

„Hauptsache, es passiert was“, sagt auch Nico Liebscher, Vorsitzender der „Ohrekicker“. Er plädiert für ein neues Stadion, egal wo. Und gibt mit auf den Weg: „Wichtig ist, dass regelmäßig investiert wird, die Sportstätte gut erhalten wird.“

Bürgermeisterin Marlies Cassuhn möchte auf jeden Fall wissen, wie es weitergeht und keine Fördermittel verfallen lassen. Sollte der Neubau kommen, wird damit gerechnet, dass in den Jahren 2023/2024 bis spätestens 2025 gebaut wird. Das Umfeld - wie Parkplätze - ist bereits in der Bausumme enthalten. „Kann der Stadtrat am Montag noch keine Entscheidung treffen“, sagt die Bürgermeisterin, „werden wir am Donnerstag, 17. Dezember, eine Sondersitzung einberufen."