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Streitfall Mieter grämt sich über Schimmel

Horst Reising aus Wolmirstedt ärgert sich über Schimmel in seiner Wohnung. Der Vermieter fordert, er solle den Schimmel selbst beseitigen.

Von Gudrun Billowie 14.03.2018, 00:01

Wolmirstedt l Horst Reising ist sauer. Der obere Bereich der Laibung seines Küchenfensters und die Wand darüber ist auf großer Fläche schwarz gefleckt. „Das ist doch nicht normal“, ärgert sich der 72-Jährige. Er lebt allein in einer Einzimmerwohnung in der Straße Zur Grube und zeigt die anderen Räume. Auch im Wohnzimmer zieht sich ein schwarzer Bereich über das Fenster, wenn auch nicht ganz so stark ausgeprägt, wie in der Küche. Vermieter ist die Wolmirstedter Wohnungsbaugesellschaft (WWG).

Dort hat der Rentner die Schimmelbildung angezeigt und ist über die Antwort wenig amüsiert. Die WWG sieht den Mieter in der Verantwortung und fordert, Herr Reising möge mehr heizen und öfter lüften. Der Aufforderung folgt eine umfangreiche Anleitung zum konstanten Heizen, Stoßlüften und Entfernen der Tapeten samt des Schimmels. Auch erklärt die WWG ausführlich, dass warme Luft Feuchtigkeit viel besser aufnimmt als kalte. Herrn Reising hilft das wenig.

Zuvor haben WWG-Mitarbeiter ihn besucht und die Feuchtigkeit in den Wänden gemessen. „Es konnte kein baulicher Mangel festgestellt werden“, heißt es von der WWG. Dafür haben sie seine Heizkostenabrechnung überprüft und festgestellt, dass die sehr niedrig ist, etwa acht Mal niedriger als die Heizkostenabrechnungen vergleichbarer Wohnungen.

Trotzdem glaubt Horst Reising nicht, dass sein Problem allein dem Heiz- und Lüftungsverhalten geschuldet ist, zumal auch andere Mieter im Haus dunkle Bereiche an den Wänden kennen. Er glaubt eher, die Fenster sind nicht richtig eingebaut. Im unteren Bereich des Küchenfensters ist der Putz bereits herausgebrochen, wer durch dieses Loch die Dämmung ertastet, spürt an den Fingern die Feuchtigkeit im Füllmaterial an der Fassade.

Hans-Joachim Döll ist Energieberater bei der Verbraucherzentrale Sachsen Anhalt und kennt solche Probleme. „Fenster sind zu jeder Bauepoche die Schwachpunkte gewesen.“ Nur ließen sich früher die Zeichen besser deuten. „Wenn Fenster beschlagen waren, wussten die Bewohner, jetzt muss gelüftet werden.“ Sind heute neue Fenster eingebaut, und Wände nicht isoliert, beschlägt die Wand. Das lässt sich schwer erkennen, sodass das Lüften mitunter als nicht notwendig erachtet wird. Das wiederum kann zur Schimmelbildung führen.

Die Blöcke in der Straße Zur Grube sind allerdings isoliert. Sie wurden Ende der 1950er Jahre gebaut und 2001 saniert. Das lässt vermuten, dass neue Fenster und Wände eine Einheit bilden. Ob die Fenster tatsächlich nicht korrekt eingebaut wurden, kann der Energieberater per Ferndiagnose nicht erkennen. „Wir bieten Mietern einen kostenpflichtigen Detailcheck an“, sagt er, „mit Hilfe einer Wärmebildkamera finden wir die Schwachstellen heraus. Liegt ein Mangel vor, sind beispielsweise die Fenster nicht richtig eingesetzt, kann dies der Mieter dem Vermieter anzeigen.“

Davon abgesehen rät der Energieberater ebenfalls zu konstantem Heizen und ausreichendem Lüften, sieht aber auch, dass dieses Thema für Mieter mitunter problembehaftet ist. „Wer den ganzen Tag arbeitet, sieht nicht ein, während seiner Abwesenheit die Heizung aufzudrehen und für die Kosten aufzukommen.“ Deshalb sieht Hans-Joachim Döll die Mängel im System und warnt davor, allein die Mieter in die Pflicht zu nehmen. „Wenn luft- und winddicht saniert ist, muss auch der Vermieter für die Lüftung sorgen.“

In diesem Sinne wünscht sich Horst Reising mehr Unterstützung von der WWG. Die sieht jedoch vorerst keinen Grund zu reagieren.