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Tierschutz Wilde Tiere nicht ins Tierheim

Im Tierheim Wolmirstedt wurden Tiere abgegeben, die in der Wildnis zuhause sind. Sie werden nicht aufgenommen.

Von Gudrun Billowie 02.08.2019, 01:01

Wolmirstedt l Tierheimleiter Otfried Müller staunte in jüngster Zeit nicht schlecht. Bürger wollten im Tierheim eine Gelbwangenschildkröte abgeben, ein paar Tage später wurde sogar ein Waschbär gebracht. Doch keines von beiden ist als Fundtier eingeordnet, deshalb wurden diese Tiere gar nicht erst ins Tierheim aufgenommen. Auch ein verletzter Mauersegler wurde abgewiesen.

Die Schildkröte haben Angler im Elbeuer Tonloch gefunden. Der Waschbär wurde in der Demokratenbreite eingefangen. Er hatte sich dort am Katzenfutter gütlich getan. Tierheimleiter Otfried Müller stellt jedoch klar: „Tiere, die in der Natur leben, müssen dort belassen werden.“

Dem pflichtet auch Dirk Illgas bei, der im Rathaus für Ordnungs- und Serviceangelegenheiten zuständig ist, und fügt hinzu: „Wer dennoch Tiere aus der Wildnis entnimmt, übernimmt dafür die Verantwortung.“ Heißt im Klartext: Auch die Kosten. Das gilt auch für verletzte Tiere. Lässt der Finder sie tierärztlich behandeln, muss er selber zahlen.

Doch ist eine Schildkröte in unseren Breiten wirklich ein wildlebendes Tier? „Dieses Exemplar war schon 30 bis 35 Zentimeter groß“, beschreibt Dirk Illgas. Vermutlich hatte sie schon ein paar Jahre auf dem Buckel und auch ein paar Winter im Elbeuer Tonloch überlebt. Und weil sie für Mensch und Umwelt keine Gefahr darstellt, muss sie nicht ins Tierheim, wo es keinen Teich gibt, sondern kann im Tonloch munter uralt werden.

Der Wolmirstedter Tierschutzverein hat mit den Einheitsgemeinden Wolmirstedt und Barleben einen Vertrag geschlossen und sich darin verpflichtet, Fundtiere aufzunehmen. Dafür zahlt Barleben einen Euro pro Einwohner im Jahr, Wolmirstedt 75 Cent. Das bezieht sich allerdings nur auf Hunde und Katzen. Eine Schildkröte, die vielleicht irgendwann ausgesetzt wurde oder ausgebüxt ist, gilt als ausgewildert und sollte das auch bleiben. Streng genommen gilt das auch für Katzenbabys, die mutterlos gefunden werden.

„Manchmal nehmen wir die Tiere trotzdem auf, handeln dabei im Sinne des Tierschutzes“, sagt Otfried Müller. Die Kosten für die Unterbringung, Futter oder medizinische Versorgung übernimmt der Tierschutzverein. Meist werden die kleinen Katzenbabys ohnehin recht schnell vermittelt.

Der Waschbär aus der Demokratenbreite war noch ziemlich jung, aber nicht gesund. Er wurde in eine Auffangstation nach Schöningen gebracht und wird dort aufgepäppelt. Rechtlich ist es - grob gesagt - ebenso: Werden Waschbären auf dem eigenen Grundstück eingefangen, ist derjenige für das Tier verantwortlich.

Aufgrund dieses eingefangenen Waschbären geht von Tierschützern noch einmal ein Hinweis an diejenigen, die an öffentlichen Stellen Katzen füttern. „Es genügt, das Futter eine Stunde unter Aufsicht stehen zu lassen, dann alles zu entfernen und den Platz zu reinigen“, sagt Otfried Müller. Ansonsten werden neben den Katzen auch Ratten oder eben Waschbären angezogen.

Verletzte Mauersegler oder Amseln wurden ebenfalls bereits im Tierheim vorgestellt. Auch dafür sehen sich die Tierschützer nicht in der Pflicht und gar nicht in der Lage, sich um die Pflege dieser Wildvögel zu kümmern. Die Kosten müsste ebenfalls der Tierschutzverein übernehmen. „Wir helfen Bürgern gern, die Tiere zu versorgen“, sagt Otfried Müller, „und wir versuchen auch, bei Bedarf einen Platz für wildlebende Vögel oder andere Tiere zu finden.“ Nur im Tierheim ist für diese Tiere kein Platz. Dafür im Magdeburger Zoo.

Der betreibt eine Auswilderungsstation, in der hilfsbedürftige Wildtiere aufgenommen und aufgepäppelt werden. Das betrifft ausnahmslos Fundtiere einheimischer geschützter Arten, beispielsweise die europäische Sumpfschildkröte, Eulen, Greifvögel, Spechte, Schwalben, Singvögel, Fledermäuse, Fischotter, den europäischer Nerz oder Biber. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite des Magdeburger Zoos. Ziel der Auffangstation sei es, diese Tiere wieder auszuwildern.