Norbert Beckmann-Dierkes und Jutta Dierkes wagen Neuanfang in Norwegen 17 Jahre Loburg – "ein gutes Kapitel"
Die jüngste Sitzung des Ort-schaftsrates fand ohne ihn statt. Zwar ist Norbert Beck-mann-Dierkes offiziell im Jahresurlaub, aber ebenso bekannt ist, dass er alle seine Funktionen und Ämter in Loburg und dem Landkreis niedergelegt hat bzw. niederlegt. In Bergen in Norwegen will sich die Familie einen neuen Lebensmittelpunkt ein-richten. In Loburg hinterlässt sowohl der Weggang von Nor-bert Beckmann-Dierkes als auch seiner Frau Jutta Dierkes Lücken.
Loburg. Es war im Mai 1993, als Beckmann-Dierkes als Referent für die Konrad-Adenauer-Stiftung hierher kam, das Büro der Stiftung war in Isterbies. "Meine erste Amtshandlung war es, das Telefonkabel aus der Wand zu reißen", erinnert er sich. Nach einem halben Jahr wurde das Büro nach Loburg verlegt. Der Mann, der 1964 in Neubeckum in Westfalen geboren wurde, hatte dann die Aufgabe, sich um den Aufbau von Schloss Wendgräben zu kümmern.
"Ich bin hier fremd, ich muss auf die Leute zugehen."
Gleich 1994 kandidierte der "Fremdling", der CDU-Mitglied war, bei der Stadtratswahl in Loburg. Umso erstaunlicher, dass er auf Anhieb die meisten Stimmen nach Bernhard Stöhr erhielt. Das hatte er nur sich selbst zu verdanken. "Ich habe die erste Zeit genutzt", erzählt er. So war er unter dem Motto "Ich bin hier fremd, mich kennt hier keiner, ich muss auf die Leute zugehen" in Loburg unterwegs. – "Ich war ein gern gesehener Kunde in den Kneipen." Auch durch die Aufbautätigkeit in Wendgräben, wo vorwiegend regionale Firmen beauftragt waren, lernte er die Leute kennen und knüpfte Kontakte.
Von 1994 bis 2000 war Norbert Beckmann-Dierkes im Loburger Stadtrat und Frak-tionsvorsitzender der BCU. Und er ist sozusagen der Vater dieser BCU. Die CDU existierte damals in Grundzügen in Loburg und bedurfte dringend einer Auffrischung. Und es gab das Bürgerforum Loburg (BFL). Aus BFL, CDU und unabhängigen Bürgern wurde schließlich die BCU. Auch parteimüde Leute wurden auf die Art und Weise mit ins Boot geholt. "Seitdem sind wir als BCU aufgetreten", blickt Beckmann-Dierkes zurück.
Sein politisches Engagement beschränkte er nicht auf Loburg. 1999 bis 2007 saß er im Kreistag von Anhalt-Zerbst. 2000 bis 2006 war er Kreisvorsitzender der CDU Anhalt-Zerbst, 2001 bis 2007 CDU-Fraktionsvorsitzender im An- halt-Zerbster Kreistag, seit 2007 dann stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU im Jerichower Land. Bei der CDU in Loburg stand er an der Spitze, war zuletzt wieder im Loburger Ortschaftsrat und stellvertretender Ortsbürgermeister. Hinzu kamen Funk- tionen im Aufsichtsrat der Nahverkehrsgesellschaft Jerichower Land, vorher bei der PNVG in Zerbst, im Verwaltungsrat der Sparkasse, im Aufsichtsrat der Wohnungsbaugesellschaft und und und … Den Schlussstrich zieht Beckmann-Dierkes komplett. Alle Funktionen sind in der Übergabe.
1996 holte Norbert Beckmann-Dierkes seine Frau nach Loburg. Sie war bis 2009 an der Uniklinik in Magdeburg tätig, das letzte Jahr dann als Vertretungsprofessorin an der Martin-Luther-Universität Halle. Die beiden Kinder "wurden in Loburg gebaut", so der stolze Vater. Jutta Dierkes brachte sich gleichermaßen in das gesellschaftliche Leben Loburgs ein. 2007 wurde sie Vorsitzende der Mildtätigen Stiftung St. Laurentius, und sie war Vorsitzende der Frauen-Union des Landkreises Jerichower Land. Für Jutta Dierkes kam der Ruf aus Norwegen mit dem Angebot einer Professur in Bergen.
Norbert Beckmann-Dierkes hatte schon 2006, nachdem er seit 1997 Leiter des Bildungszentrums der Konrad-Adenauer-Stiftung Schloss Wendgräben war, das Angebot aus der Zentrale zu einem Wechsel nach Berlin angenommen. Der Wahl-Loburger suchte nach neuen Aufgaben, denn die Aufbauphase in Wendgräben war längst abgeschlossen. Er nahm das Angebot Berlin an, wo er derzeit als Referatsleiter Mittel- und Osteuropa tätig ist. Für ihn heißt es nun nicht mehr zwischen Loburg und Berlin, sondern zwischen Berlin und Bergen zu pendeln.
17 Jahre Loburg hat Norbert Beckmann-Dierkes nun im Blut, viele Freunde und Erinnerungen, die bleiben. "Loburg war eine tolle Erfahrung", sagt er, "Ich möchte nichts missen. Das war ein gutes Kapitel."
"Es hat Spaß gemacht, zu sehen, wie sich alles entwickelt."
Seine ganzen Funktionen und Ämter waren für ihn Verantwortung, die er freiwillig übernommen hat. – "Es hat Spaß gemacht, zu sehen, wie sich alles entwickelt."
Auf die Frage, worauf er stolz sei nach all den Jahren, erklärt er: "Auf die tolle politische Kultur in Loburg, die wir aber auch im Landkreis Anhalt-Zerbst gehabt haben." Man habe sich auf extrem parlamentarische Weise gestritten. In Loburg schätzte er vor allem das faire Miteinander. Die Leute hätten gelernt, ihre Meinung offen kundzutun, Argumente auszutauschen, wobei Mehr- und Minderheitenmeinungen gegenseitig akzeptiert wurden.
Beckmann-Dierkes wird zugestanden, den Loburgern Demokratieverständnis vermittelt zu haben. "Die Art und Weise, zu diskutieren und auf politischer Ebene zu streiten, haben wir von ihm gelernt", so Christa Nowak, CDU-Mitglied und frühere Loburger Stadträtin. Auch Markus Kurze, der stellvertretende Vorsitzende des CDU-Landtagsfraktion und Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion Jerichower Land, kann Beckmann-Dierkes nur Anerkennung zollen für die geleistete Arbeit und dankt ihm im Namen des CDU-Kreisverbandes. Er habe sich sehr gut eingebracht, was das Zusammenwachsen des ehemals Anhalt-Zerbster Teils mit dem Jerichower Land angeht. "Die Kreisfusion war sachlich, freundschaftlich, fair", kann er da nur entgegnen. Markus Kurze bedauert es, dass eine gut gebildete und ausgebildete Familie mit zwei Kindern das Land verlässt – "ein Verlust für das Gemeinwesen".
Auch die Gründung des Freundeskreises Schloss Wendgräben war von einer Idee Beckmann-Dierkes getragen. Hintergrund war der, über das Bildungszentrum hinaus Dinge mit und für die Menschen der Region machen zu können. 146 Mitglieder zählt der Verein heute. Norbert Beckmann-Dierkes ist sogar Ehrenschüler von Wendgräben geworden. Eine andere kuriose Mitgliedschaft wurde ihm als Ehrung zuteil: Er ist Mitglied im Verein der ehemaligen Mitglieder der CDU/DA-Fraktion der Volkskammer, ohne jemals in der Volkskammer gewesen zu sein. Die Liste der Vereine, in denen er und seine Frau Mitglied sind, ist ohnehin lang. Am Ende sind die beiden zwar keine Mitglieder mehr geworden, aber die Karnevalssaison 2009/2010 erlebte sie als Prinzenpaar des Loburger Karnevalklubs LoCC.
Nun müssen sich neue Beziehungen in der neuen Heimat finden. In Schule und Kindergarten sind Tilman und Juliana untergekommen. Der Papa ist optimistisch, dass sie sich schnell zurechtfinden. Während seine Frau mit der Sprache schon recht gut zurechtkommt, steht auch für ihn ein Sprachkurs an. "Ich freue mich auf Bergen", so Norbert Beckmann-Dierkes. Aus Loburg erwartet die Familie recht viel Besuch …