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Streit um Nuthe„Wir saufen ab“

Gemüsebauer Herbert Wallwitz ist gegen die Wiederansiedlung von Lachsen in der Nuthe. Einst lebten sie im Zerbster Fluss.

Von Daniela Apel 07.10.2015, 15:32

Zerbst l In dem Projekt sieht der Ankuhner letztlich die Ursache für die Vernässung seiner Ackerflächen. Durch die Renaturierung werde der Fluss nicht mehr beräumt, durch die Entfernung von Stauanlagen das Gewässer nicht mehr regulierbar. „Uns gehen Flächen verloren, weil die Nuthe verkrautet.“ Auch von einer zunehmenden Verschlammung erzählt er. „Wir sind massiv von den Auswirkungen betroffen“, erklärt Wallwitz. „Wir saufen jedes Jahr mit unserem Gemüse ab“, schildert er verärgert, wie ihre Existenz bedroht wird. „Da hängen Arbeitsplätze dran“, gibt er zu bedenken.

„Die Nuthe ist nicht nur ein Entwässerungssystem, der Fluss ist ebenfalls ein Lebensraum. Und Wasser ist die Grundlage für uns alle“, gibt Steffen Zahn vom Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow zu bedenken. Zugleich weist der Projektbearbeiter des Wanderfischprogramms auf die geltende Wasserrahmenrichtlinie der EU hin, die auf den „guten ökologischen Zustand“ der Fließgewässer abzielt. Die Nuthe wird zudem als Vorranggewässer betrachtet. Das bedeutet, dass die Durchgängigkeit des Flusses für Fischarten wie Lachs und Meerforelle wieder hergestellt werden soll. „Die Fische haben Vorrecht“, kritisiert indes Herbert Wallwitz, dass sie als landwirtschaftlicher Haupterwerbsbetrieb darunter zu leiden haben.

Die verschiedenen Interessenslagen von Landwirten, Anglern und Naturschützern unter einen Hut zu bringen – vor dieser Herausforderung steht Frank Torger vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Der LHW ist für die Unterhaltung der Gewässer 1. Ordnung zuständig und damit ebenfalls für die Nuthe. Beim Vor-Ort-Termin im Ankuhn versucht sich Torger erneut als Vermittler. „Wir müssen mehr miteinander reden“, fordert er bei dem Treffen und weiß zugleich: „Wir können es nicht jedem recht machen.“

„Die Nuthe kann kein Wasser mehr aufnehmen, da sie über Jahre schlecht geräumt wurde“, sagt Herbert Wallwitz. Die Nuthe führe heute weniger Wasser, wodurch sich die Fließgeschwindigkeit verringere und Sedimente ablagern, argumentiert derweil Willi Saar vom Zerbster Anglerverein.

Herbert Wallwitz und seinem Berufskollegen Udo Weiß geht es an diesem Montagvormittag konkret um zwei Stellen. „Man kann nicht nur die Hälfte machen“, erklärt Udo Weiß mit Blick auf Schilfinseln in der gerade erst gekrauteten Lindauer Nuthe. Partiell sei Schilf wegen der Fische stehen gelassen worden, erläutert Ernst Allner. „Wir versuchen immer, alles möglich zu machen“, sagt der Bauleiter der beauftragten Gommeraner Firma. „Kommunikation ist das Wichtigste“, bedauert er, dass es in dem Fall ungünstig gelaufen sei.

Schließlich herrscht in der Runde Einigkeit, den Fluss zukünftig auf der gesamten Breite zu krauten. Kurzfristig kann nichts unternommen werden. Zum einen ist der Bagger bereits umgesetzt und hydraulisch umgerüstet, wie Allner darlegt. Zum anderen wurden am vergangenen Freitag Junglachse in die Nuthe entlassen. „Der Besatz erfolgte dieses Jahr sehr zeitig“, bemerkt Frank Torger hinsichtlich des engen Zeitfensters von Mitte August bis Ende Oktober, das dem LHW für Unterhaltungsmaßnahmen bleibt.

Nächster Anfahrtspunkt ist die Brücke oberhalb der Pferdeschwemme. Rasch ist festgelegt, dass die im Fluss liegenden oder hineinragenden Bäume entfernt werden. Die Diskussion um die Schilfzunge dauert länger. Letztlich wird ein Kompromiss gefunden. Gut die Hälfte der Schilfbank darf noch in diesem Jahr weggenommen werden. „Damit bleibt der Lebensraum für das geschützte Bachneunauge gesichert und der Abfluss verbessert sich“, konstatiert Dr. Mathias Hohmann vom Gewässerkundlichen Landesdienst des LHW.

Wie Frank Torger ausführt, ist ebenfalls eine punktuelle Entschlammung der Pferdeschwemme geplant. Und die Sohlgleite an der Ankuhner Mühle soll runtergenommen werden. Gleichzeitig werden die Auswirkungen auf den Wasserstand der alten Badeanstalt beobachtet.