Grüner Wasserstoff weckt Interesse Das Fraunhofer-Institut begleitet die Zerbster mit Forschungs- und Entwicklungsprojekten
Auf dem Zerbster Flugplatz soll ab 2022 grüner Wasserstoff produziert werden. Der könnte künftig über eine regionale Handelsplattform vermarktet werden. Außerdem bedarf es der Entwicklung neuer Betriebs- und Betreibermodelle. Hier kommt das Fraunhofer-Institut Magdeburg ins Spiel.
Zerbst
Die Getec green energy entwickelt in Kooperation mit verschiedenen Projektpartnern eine Anlage zur Erzeugung von 100 Prozent grünem Wasserstoff (H2). Nach dem Auftakttreffen der beteiligten Akteure zur Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarungen für die Entwicklung einer nachhaltigen, grünen Wasserstoffregion am 30. April fand kürzlich ein Arbeitstreffen unter Einbindung des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF) statt. Am Tisch war auch Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD).
Inhalt des Fachworkshops war nicht mehr die Frage, ob in Zerbst grüner Wasserstoff produziert wird, sondern vielmehr, wie dieser über die bisherigen Absichten hinaus regional genutzt und transportiert werden kann. Die Entstehung der geplanten Anlage auf dem ehemaligen Zerbster Flugplatz soll daher mit Forschungs- und Entwicklungsprojekten untermauert werden. Hier kommt jetzt das Fraunhofer-Institut ins Spiel, das mit eben jenen Forschungs- und Entwicklungsprojekten ins Boot geholt werden konnte.
Die Wasserstoffwirtschaft umfasst aktuell Produzenten, Logistiker und Nutzer. Konkret heißt das, es existiert kein interagierendes System entlang der Wertschöpfungskette zum Informations- und Güteraustausch. Also soll zum einen eine regionale Plattform zum Güteraustausch über eine nachfragebasierten H2-Handelsplattform entwickelt werden. Dazu braucht es Algorithmen und Softwarestrukturen für Handelspositionen und -plattformsysteme.
Zum anderen sollen Betriebs- und Betreibermodelle auf Basis der Integration der beteiligten Anlagen- und Infrastrukturbetreiber sowie der Abnehmer entwickelt werden. Entwickelt werden sollen unter anderem auch Modelle für eine Datenbank mit Steckbriefen der Akteure sowie Modelle für eine Anforderungs- und Bedarfsanalyse. Außerdem braucht es Geschäftsmodelle sowie eine Handelsplattform für die Akteure.
Sachsen-Anhalt soll Wasserstoff-Land werden
Ziel ist die profitable Verwendung von grünem, regional erzeugtem Wasserstoff durch die Kommunen über eine regionale Handelsplattform, die Erprobung von bedarfsorientierten Komplettlösungen für eine Strom- und Wasserstoffversorgung an einem Standort mit Energiepark sowie der Aufbau langfristiger Beziehung zwischen Energiepark und der Industrie.
„Nachhaltig erzeugter Wasserstoff wird ein wichtiger Bestandteil der Energiewende sein. Er wird künftig in der Industrie, im Verkehr und vielen anderen Bereichen Anwendung finden. Dafür braucht es nun neue Werkzeuge und Methoden, um die dazugehörigen neuen Infrastrukturen für seine Erzeugung, Verteilung und Nutzung technisch zuverlässig und wirtschaftlich betreiben zu können“, sagt Prof. Julia Arlinghaus, Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung in Magdeburg.
Auch das Wirtschaftsministerium in Magdeburg hat großes Interesse an der Realisierung des gesamten Projektes. „Wir sind als Land Sachsen-Anhalt sehr daran interessiert, als Wasserstoff-Land zukünftig eine besondere Rolle zu spielen. Wir haben gute Voraussetzungen traditioneller Art in unserem Chemie-Dreieck, aber wir sind nicht darauf fixiert, dass es alleine dort stattfindet“, betonte Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) während des Treffens. Das mache das Zerbster Projekt „H2-Regio“ so interessant.
Willingmann: „Es ist nicht nur ein Weg, auch im ländlichen Raum zu mehr grünem Wasserstoff zu kommen und damit zu einem Energieträger, von dem wir fest ausgehen, dass er nicht unmaßgeblich dazu beitragen wird, unsere Klimaschutzziele zu erreichen, sondern auch zur Fertigung von H2 in so hohem Maße zu kommen, dass wir damit einen wesentlichen Bereich des Energiebedarfs decken können.“
Projekt könnte Standortvorteil sein
Das sieht die Chefin des Fraunhofer-Instituts in Magdeburg ähnlich. „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dieses Projekt unmittelbar zur Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen und Organisationen beitragen kann. Ich glaube, dass wir das Thema erneuerbare Energien und grüner Wasserstoff zum Standortvorteil für Sachsen-Anhalt entwickeln können“, betonte Arlinghaus. Das Thema sei wichtiger denn je.
Für Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) wird in diesem Projekt die nationale Wasserstoffstrategie von Land und Bund konkret umgesetzt. „Für die Stadt Zerbst ist das ein wichtiger Baustein zur Umsetzung der geforderten und notwendigen Neuausrichtung der Energieversorgung. Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit in der Daseinsvorsorge klingt sehr abgehoben, ist aber genau unsere Aufgabe, die jetzt ansteht. Die Kooperation unserer Stadt und Stadtwerke mit der Getec und weiteren Partnern ist dafür die Voraussetzung“, betonte Dittmann.
Auch Getec-Geschäftsführer Chris Döhring betont die Bedeutung der Kooperationen, die ein wesentlicher Bestandteil für die erfolgreiche Realisierung des Projektes seien. „Auf dem Weg der Umsetzung und insbesondere bei der Begleitung neuer Anwendungsfelder ist es unersetzlich, renommierte Partner für den Bereich Forschung und Entwicklung an Bord zu haben“, so Döhring.