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Letzter Teil der Serie "Mein Ziel - Ein Beruf" stellt die Berufseinstiegsbegleitung vor Der Wille ist da, der Ehrgeiz erst recht

Von Judith Kadow 30.05.2012, 03:19

Wie geht\'s weiter nach der Schule? Es gibt zahlreiche Maßnahmen im Rahmen der Berufsorientierung, die Schülern helfen, diese Frage zu beantworten. Im Rahmen einer neuen Serie "Mein Ziel - Ein Beruf" stellt die Volksstimme Werkzeuge der Berufsorientierung vor.

Zerbst l Aline hat es allen gezeigt - vor allem sich selbst. Die heute 17-Jährige hat sich von einer eher schlechten Hauptschülerin ohne Vorstellung, wie es in der Zukunft weitergehen soll, zu einer guten Realschülerin entwickelt. Mehr noch: Die Zehnklässlerin macht nun ihren Schulabschluss und hat sogar schon einen Ausbildungsvertrag unterschrieben.

"Ich habe gemerkt, dass es was bringt, wenn ich mich anstrenge."

Aline Schüler (17)

Das alles hat sie in erster Linie sich und ihrem Ehrgeiz zu verdanken, aber auch ganz vielen Unterstützern, die sie durch die Maßnahme "Berufseinstiegsbegleitung" begleitet haben. Das Anliegen dieser Maßnahme, die seit 2009 an der Ciervisti-Ganztagsschule durchgeführt wird, ist es, "Hauptschülern der achten und neunten Klassen, die ein Leistungsdefizit oder eine Verzögerung in der persönlichen Entwicklung haben, den Hauptschulabaschluss zu ermöglichen und sie in eine duale Ausbildung zu bringen", erklärt Berufsberaterin Melitta Klatt. Verantwortlich für die Betreuung der Zerbster Maßnahmeteilnehmer ist Monika Putz vom Bildungswerk der Wirtschaft Sachsen-Anhalt (BWSA).

Wenn feststeht, welche Schüler für diese Maßnahme in Frage kommen, "taste ich mich erst einmal an denjenigen heran", erklärt Monika Putz. Der Schüler stellt sich vor, sie erstellt ein Profil von ihm, er muss sich selbst einschätzen. "Es erfolgt eine Abstimmung, wo der Nachholbedarf liegt", so Putz. Dabei werden auch die Eltern, Klassenlehrer, Berufsberaterin einbezogen. Zweimal in der Woche ist Monika Putz in der Schule zu Gast. Zum einen können sich "ihre" Schüler mit Problemen und Fragen an sie wenden, oder Monika Putz schaut auf eigenen Faust nach, wie es ihren Schützlingen geht. Aber auch Notenkontrollen, Förderpläne, Bewerbungstrainings und andere Angebote stehen auf dem Programm. "Ich habe die Stunden- und Belegungspläne. Wenn ich meine, jemanden mal wieder sehen zu müssen, stehe ich eben schon mit dem Klingelzeichen vor der Klassenraumtür."

Denn eines ist für den Erfolg der Schüler unerlässlich: Nachhaken, dranbleiben, die Schüler immer wieder zu fordern, aber auch zu fördern. So ging es auch Aline. Am Anfang fühlte sie sich etwas überfordert. "Alle wollten was von mir." Und dann auch noch Monika Putz und Melitta Klatt, die nicht locker ließen. "Aber auch meine Mutter hat immer nachgehakt." Mit Erfolg. Der sachte Druck bringt bessere Noten und bei Aline legte sich langsam der Schalter um. "Ich habe gemerkt, dass es ja doch was bringt, wenn ich mich anstrenge." Mit den besseren Noten steigt auch die Motivation. Aline erarbeitet sich durch Berufserkundungsbögen Wunschberufe. Mit Ferienpraktikas schaut sie sich in der Praxis an, ob das, was theoretisch gut klang, auch praktisch so bleibt. "Ich war im Tierheim, im Vogelherd, in der SchloKo", zählt die 17-Jährige auf. Ihr Glück fand sie jedoch bei Edeka in Zerbst. "Beim ersten Ferienpraktikum habe ich mich schon wohl gefühlt", erinnert sie sich. Es folgt ein zweites Praktikum und Marktleiterin Micaela Schotte sucht das persönliche Gespräch. "Sie sagte mir, dass sie sich gut vorstellen kann, dass ich meine Ausbildung hier beginne", freut sich die Schülerin. Die Sympathie beruht auf Gegenseitigkeit, sodass sie nur zu gern den Ausbildungsvertrag unterschrieben hat.

"Und das trotz ihrer Schwäche in Mathe", fügt Klatt hinzu. Eigentlich setzt das Unternehmen in Mathe eine 2 voraus. Aline konnte mit anderen Vorzügen punkten. Und mit ihrem Ehrgeiz. Die Defizite in Mathe will sie ausgleichen und so geht sie auch an ihre Abschlussprüfungen heran. Die schriftlichen Prüfungen sind bereits beendet, nun stehen die mündlichen an. "Da will ich Bio machen. Da stehe ich Kippe und kann mich noch verbessern."

"Eigentlich ist das Ziel ja, die Schüler mit einem Hauptschulabschluss der 9. Klasse in eine duale Ausbildung zu bringen", so Putz. Bei Aline aber konnte sogar der Realschulabschluss angestrebt werden. Sie ist ein Beispiel für den Erfolg dieser Maßnahme. "Doch es ist nicht alles Friede, Freude, Einerkuchen", merkt Putz an. Mitunter verlassen Schüler die Maßnahme, weil sie nicht wollen. "Aber auch, weil das Elternhaus nicht mitzieht", so Klatt. Wiederum gelingt es nicht immer, Schüler in eine duale Ausbildung zu bringen. "Dann suchen wir gemeinsam nach weiteren Möglichkeiten wie einer schulischen Weiterbildung, einem Berufsgrundbildungsjahr oder dem produktiven Lernen", fügt Putz hinzu.

" ... ein Erfolgserlebnis und man weiß, die Arbeit lohnt sich."

Berufseinstiegsbegleiterin Monika Putz

Denn mit dem Schulabschluss hört die "Berufseinstiegsbegleitung" nicht auf. Je nach beruflichem Werdegang erfolgt eine Nachbetreuung. Für Auszubildende beträgt diese Zeitspanne mindestens sechs Monate, bei der Fachschule beispielsweise zwölf Monate.

"Manchmal hat man das Gefühl, es stagniert. Aber dann kommt wieder ein Erfolgserlebnis, und man weiß, die ganze Arbeit lohnt sich", erzählt Monika Putz. Dass ihre Arbeit auch von den Schülern geschätzt wird, zeigt sich daran, dass diese sie auch nach der gemeinsamen Zeit häufig grüßen und von ihrem Werdegang erzählen.