Du bist spitze Jeden Tag nutzen

Für Engagement gibt es keine Altersgrenze. Mit 75 Jahren lehnt sich Hildegard Schunke aus Nutha längst nicht zurück.

Von Petra Wiese 02.02.2017, 04:10

Nutha l Aus jedem Tag das Beste machen – das ist das Lebensmotto von Hildegard Schunke. Ruhestand ist mehr Unruhestand bei der 75-Jährigen aus Nutha. Sie ist gern unter Menschen und will tun statt ruh’n. Wenn in Nutha etwas ansteht, ist sie aktiv mit dabei, ist im Kornmuseum anzutreffen, hilft beim Dorffest, betreut Kindergruppen, die in die Aktivwerkstatt kommen… „So wie es die Gesundheit erlaubt, mache ich noch was“, sagt Hildegard Schunke. Aber eigentlich könnte sie sich längst ausruhen und zufrieden auf all das zurückblicken, woran sie beteiligt war, was sie mit aufgebaut und auf die Beine gestellt hat – ehrenamtlich versteht sich.

Aus dem Sudetenland stammt Hildegard Schunke, die Familie wurde 1946 vertrieben, landete in Jütrichau, von da aus ging es zuerst nach Nutha-Siedlung, 1951 nach Nutha. Nach dem Schulbesuch in Güterglück und Nutha machte die junge Frau 1960 ihr Abitur am Francisceum. „Ich wollte was mit Pflanzen und Natur machen“, erzählt Hildegard Schunke, warum sie dann eine Lehre im volkseigenen Saatzuchtgut Quedlinburg machte. Ein Fernstudium im Gartenbau schloss sich an und als Lehrkraft an der Berufsfachschule brauchte sie einen Meister- und Lehrmeisterabschluss, den sie ebenfalls im Fernstudium erlangte.

Neun Jahre war sie bei der Betriebsberufsschule in Quedlinburg. Die Heirat führte sie dann nach Dessau. Da war sie im Landschaftsbereich bis zur Rente 2003 tätig. Doch inzwischen hatte sie es wieder nach Nutha gezogen, wo ihre Mutter lebte. Das war 1997. Das alte Haus an der Mühle brachte sie auf Vordermann. Um nicht in ein Loch zu fallen, suchte Hildegard Schunke dann Anschluss im Dorf, wo sie viele Leute noch gut kannte, mit denen sie zusammen groß geworden war.

„Erika Ringel fragte damals, ob ich Lust hätte, beim Binden einer Erntekrone mitzumachen“, erinnert sie sich. Alsbald kam die Bürgermeisterin Sylvia Rothe und bat sie, doch im Heimatverein mit zuarbeiten. Der wurde im Dezember 2002 gegründet, Hildegard Schunke war zunächst Schatzmeisterin, dann acht Jahre Vereinsvorsitzende. Das Kinderfest in Niederlepte und das Dorffest in Nutha wurden ins Leben gerufen. Anfangs gehörten auch die Erntekronenbinder noch zum Heimat- und Schützenverein.

Beim Einrichten des Kornmuseums mit Aktivwerkstatt – Vorzeigeobjekt in Nutha – war Hildegard Schunke mit dabei, hat dann die ersten Führungen übernommen. Bei Tagen der offenen Tür avancierte sie zur Waschfrau – zeigte am Waschzuber, wie es zu früheren Zeiten gemacht wurde.

Beim Erntekronenbinden blieb sie dabei, gehört zum Nuthaer Erfolgsteam, das seit 2003 am Wettbewerb um die schönste Erntekrone des Landes teilnimmt und erst im vergangenen Jahr wieder den 1. Platz holte und Publikumsliebling wurde. Getreide holen, putzen bis hin zum Binden ist jedes Jahr mit einem enormen Zeitaufwand verbunden. Wenn Schaubinden angesagt ist, kann man von Hildegard Schunke lernen. An den Besuch beim Bundespräsidenten Christian Wulff in Berlin mit dem Erntekronenteam denkt sie gern zurück. Solange es geht, will sie Roswitha Schrödter und die anderen weiter unterstützen.

Was in Nutha schwer zu trennen ist, sind Erntekronen- und Kornmuseumsteam. Hildegard Schunke ist sowohl als auch dabei. Bei den Veranstaltungen im Kornmuseum können die anderen auf sie setzen, ob bei den regelmäßigen Kreativnachmittagen in der Aktivwerkstatt, wenn die Türen offen stehen oder bei Kindergeburtstagen oder Besuchen von Schulklassen – als Rentnerin hat sie schließlich auch vormittags Zeit, kann mit alten Formen backen, versetzt die Besucher beim Besuch der Heimatstube in vergangene Zeiten, erklärt, wie Erntekronen gebunden werden oder schafft sich am bereits erwähnten Waschzuber.

Doch mit Heimatverein, Kornmusem und Erntekrone nicht genug, war Hildegard Schunke im Vorstand der Volkssolidarität-Ortsgruppe Nutha tätig, die sich zum Ende des vergangenen Jahres aufgelöst hat. Der Volkssolidarität bleibt die Seniorin aber weiter treu, denn sie gehört auch schon seit mehr als 15 Jahren zur Sportgruppe der Volkssolidarität in Zerbst.

Nein sagen konnte sie auch nicht, als jemand gesucht wurde, den kirchlichen Frauenkreis Nutha, nachdem die Leiterin verstorben war, zu übernehmen. Gemeinsam mit Hannelore Falkenberg kümmert sie sich um die monatlichen Treffen der Frauen, um über bestimmte Themen zu sprechen, sich auszutauschen. „Mein Glauben hat mich immer begleitet, durch alle Höhen und Tiefen“, so die Katholikin. Nächstenliebe und Nachbarschaftshilfe sind für Hildegard Schunke selbstverständlich. So kommt nicht nur der jüngste Spross der Familie von der Nuthaschen Mühle öfter mal zu „Tante Schunke“, auch des öffentlichen Grundstückes an der Mühle nimmt sie sich an und mäht Rasen.

In der Abgeschiedenheit an der Nuthaschen Mühle fühlt sie sich wohl. „Ich will nirgendwo anders sein“, ist sie zufrieden, „Ich mag es, wenn die Rehe morgens auf der Wiese stehen.“ Sie fährt mit dem Rad durch die Gegend, kann sich an den ersten Krokussen erfreuen und daran, wenn ihr Sohn, ihre Tochter und ihre beiden Enkel zu Besuch kommen.