Schulbeginn Zerbst Eine Klasse voller Lehrer
Am Donnerstag geht der Schulalltag in Zerbst wieder los. Die Vorbereitungen auf das neue Schuljahr laufen.
Zerbst l Auch Lehrer setzen sich zuerst in die letzte Reihe. Hans-Henning Messer, Schulleiter des Francisceums in Zerbst, beobachtet mit einem Schmunzeln, wie sich die Stuhlreihen in der Aula des alten Klosters von hinten nach vorn füllen, die erste Reihe bleibt fast frei.
Der Schulleiter des Gymnasiums hat gestern alle Kollegen zu einer Fortbildung gebeten. Diese soll den Lehrern vermitteln, wie sie selbst ihren Stoff interessanter an die Schüler bringen können und ihnen auch Techniken zeigen, die sie ihrerseits den Schülern vermitteln können, damit diese sich Lernstoff besser einprägen können. Die Szenerie in der Aula gleicht dem Klassenzimmer vor der Stunde: Getränke auf den Tischen, jemand nascht einen Joghurt, einige sitzen rücklings auf den Tischen und berichten kichernden Grüppchen Neuigkeiten, Handys leuchten. Der Schulleiter greift zum Mikrofon und bittet um Aufmerksamkeit, welche sich dann gemächlich einstellt. Er freue sich, dass er alle Kollegen zum Workshop begrüßen könne, müsse ihnen aber mitteilen, dass der Vortragende noch nicht da ist. Er werde auch nicht kommen. Derjenige, der den Lehrern unter anderem erklären wollte, wie man sich Dinge besser merkt, hat den Termin vergessen.
Wieder zeigt sich, dass Lehrer ihren Schülern gar nicht unähnlich sind. Fünf Stunden Ausfall und einen spontanen freien Nachmittag lässt dem einen oder anderen die Laune erhellen.
Messer greift zu einem Blumenstrauß und nutzt die Gelegenheit vor der versammelten Belegschaft noch, um die junge Kollegin zu begrüßen und vorzustellen, die ab diesem Schuljahr das Kollegium erweitern wird. Susan Lanfer heißt die junge Frau, die demnächst die Zerbster Schüler in Latein und Kunst unterrichten soll.
Hinter den Lehrern liegen schon arbeitsreiche Wochen. Schließlich muss das neue Schuljahr geplant werden. Bereits am Vortag sind die aktuellen Stundenpläne gedruckt worden. Allein diesen zu erstellen, dauere Wochen, sagt Messer. Das gehe nur noch mit Computerunterstützung. Die Zeiten, an denen Fähnchen an einer Tafel hin und hergeschoben wurden, seien vorbei. Zu umfangreich sind mittlerweile die Variablen, die beachtet werden müssen. Zumal das Francisceum mit seinen Standorten am Weinberg und an der Jeverschen Straße noch ein Besonderheit aufweise. „Wir müssen beachten, dass die Kollegen nicht innerhalb von fünf Minuten die Häuser wechseln können. Oder nicht die erste und zweite Stunden und dann erst die siebte und achte Stunde unterrichten“, erklärt er.
Den Weg zur neuen Turnhalle am Wegeberg gelte es für die Schüler der unteren Klassen zu beachten, welche in der Jeverschen Straße beschult werden.Der Computer gebe mehrere Optionen vor, händisch eingreifen müsse man danach immer noch, um allen Gegebenheiten möglichst gerecht zu werden.
Kompliziert wird es in den Klassen der Oberstufe. Alle Schüler werden dort zwar in den Kernfächern Mathematik, Deutsch, Geschichte und einer Sprache unterrichtet, können dann aber die Profilfächer (Chemie, Physik u.a.) und Wahlfächer (beispielsweise zwischen Ehtik oder Religion) wählen. So komme es zur Zusammenstellung neuer Kurse, die alle im Stundenplan der Schule berücksichtigt werden müssen.
Insgesamt müssen Messer und sein Planerteam 47 Lehrer und 630 Schüler in diesem Jahr richtig zuordnen und verwalten.
76 Jungen und Mädchen sind neu in drei fünften Klassen dabei, der Jahrgang der diesjährigen Abiturienten hat zum Jahresbeginn 61 Schüler und ist der kleinste Zug der gesamten Schule. „Dass zum Abitur hin immer noch einige Schüler den Jahrgang verlassen, ist allerdings nicht unüblich“, so der Schulleiter. Einige wiederholen freiwillig die elfte Klasse, um bessere Noten zu bekommen, andere finden eine Lehrstelle und gehen ab.
Er freue sich auf das neue Schuljahr, so der Rektor. Es biete allerdings auch einige spannende Aspekte. So soll im Oktober die Oberstufenverordnung geändert werden. Damit trage das Land einem Gerichtsurteil Rechnung. Ein Abiturient hatte geklagt, weil er in einer mündlichen Prüfung null Punkte erreicht hatte. Die Bewertung zweifelte er nicht an, da er einen Blackout gehabt habe. Wohl aber, dass er wegen dieser einen Note das Abitur nicht bestehen und er keine Chance auf eine Wiederholung der Prüfung haben sollte. Das Gericht gab ihm Recht.
Diese Möglichkeit einer Wiederholung soll nun in die Verordnung aufgenommen werden. Gleichzeitig soll die Verordnung an eine Vorgabe der Kultusministerkonferenz angepasst werden. Welche Auswirkungen diese beispielsweise auf Wahlmöglichkeiten der Kurse habe, könne Messer noch nicht absehen. „Das Problem ist, dass es im laufenden Schuljahr passiert. Ich hoffe, dass es erst zum kommenden Schuljahr Anwendung findet, so war das bei solchen Entscheidungen ja oft“, so Messer.
Generell gelte ab dem vergangenen Schuljahr ein neuer Lehrplan. Dieser gebe vor, welche Kompetenzen ein Schüler erwerben müsse. Die inhaltlichen Vorgaben seien dabei gar nicht so strikt. Wie sich das auf die Abituraufgaben auswirke, werde man im nächsten Jahr sehen, so der Leiter. Erstmals werden diese vom Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) der Humboldt-Universität in Berlin erstellt. Das Land suche sich dann aus einem Pool von Aufgaben die passenden heraus, erklärt er weiter. Bislang seien die Abitur-Aufgaben vom Land erstellt worden. Die Aufgaben werden mit Spannung erwartet.
Auch in den anderen Schulen sind die Vorbereitungen abgeschlossen.
„Wir sehen einem unproblematischen Start entgegen“, erklärt Franz Köppe, Leiter der Ganztagsschule Ciervisti. Personell seien sie zwar noch immer unterbesetzt, aber materiell gut ausgestattet – auch wenn sich die komplette Neuausstattung des Chemiekabinetts noch verschiebt. „Das soll in den Oktoberferien geschehen“, bemerkt Köppe. Er wird am ersten Unterrichtstag nach den Ferien die 486 Kinder und Jugendlichen begrüßen, die fortan an der Sekundarschule pauken werden. Darunter befinden sich vier fünfte Klassen mit insgesamt 90 Schülern. Noch unklar ist, wie viele junge Immigranten die Sprach- beziehungsweise Integrationsklasse besuchen werden. Franz Köppe rechnet mit einer Zahl ab 20. Zugleich berichtet er von Änderungen im Kollegium. So wird unter anderem ein neuer Lehrer für die Fächer Geschichte, Sozialkunde und Sport erwartet, „was wir sehr brauchen“.
Aufregung herrscht in diesen Tagen vor allem bei den Abc-Schützen. Über 120 Mädchen und Jungen werden in Zerbst eingeschult. Für sie beginnt ab kommenden Montag ein spannender neuer Lebensabschnitt, in dem sich alles zunächst ums Lesen, Schreiben und Rechnen lernen dreht.
Gleich drei erste Klassen á 23 Schüler werden in der Grundschule An der Stadtmauer bei der Feierstunde am 13. August in der Stadthalle ihre Zuckertüten erhalten. Die Bildungseinrichtung Am Plan zählt damit fortan insgesamt 241 Mädchen und Jungen, die sich auf elf Klassen verteilen. Die wichtigste Neuerung ist der Wechsel an der Spitze: Manuela Aretz löst Helgard Kuhrig als Schulleiterin ab.
Personell ändert sich indes an der Astrid-Lindgren-Grundschule nichts. „Wir haben im neuen Schuljahr sieben Klassen mit 125 Schülern“, erzählt Leiterin Heike Bengner. Einzig die vierte Klasse sei einzügig, berichtet sie von den beiden ersten Klassen, die am Sonnabend bei zwei Veranstaltungen eingeschult werden. Während 13 Mädchen und Jungen zukünftig in der 1a unterrichtet werden, sind es 14 in der 1b.
Auch die Bartholomäischule ist für das bevorstehende Schuljahr gerüstet. 20 Abc-Schützen werden in einem festlichen Gottesdienst in der Bartholomäikirche in die Gemeinschaft der Bildungseinrichtung auf der Schloßfreiheit aufgenommen, deren Träger die Evangelische Landeskirche Anhalts ist. Die Gesamtanzahl der Schüler wächst somit auf 81 an.
Bereits am Freitag findet die Einschulungsfeier der Förderschule für Geistigbehinderte am Heidetor statt. „Wir haben sieben Erstklässler“, freut sich die Schulleiterin Sylvia Focke. Auch in anderen Klassen werde es einige neue Gesichter geben, erzählt sie vom gemeinsamen Schulkreis, mit dem am Donnerstagmorgen in das Schuljahr 2016/17 gestartet wird. In diesem werden insgesamt 70 Mädchen und Jungen in neun Klassen die Einrichtung besuchen.