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Frank Besener referiert über die 2012 erfolgte Grabung im Bereich des alten Nikolaifriedhofes Erdbestattung überrascht mit geflochtener Totenkrone

Von Daniela Apel 02.04.2013, 03:24

Zerbst l In die archäologische Vergangenheit von Zerbst entführte Frank Besener kürzlich mit einem anschaulichen Vortrag über einen seltenen Befund auf dem bereits 1582 aufgegebenen Friedhof an der St. Nikolaikirche. In familiärer Runde nahm der Grabungstechniker die Anwesenden mit auf eine interessante Zeitreise ins Spätmittelalter. Organisiert durch die Kreisvolkshochschule Anhalt-Bitterfeld berichtete er ihnen von einem Schnitt durch die Altstadt, die Unerwartetes ans Tageslicht brachte.

Als 2012 eine neue Fernwärmetrasse verlegt wurde, stieß man im Bereich von St. Nikolai auf Bestattungen, womit durchaus zu rechnen war. Ein Körpergrab jedoch bot Überraschungen, wie Besener schilderte. Auf dem neben Becken und Wirbelsäule erhaltenen Schädel entdeckten die Archäologen die bei Erdbestattungen selten erhaltenen Reste einer Totenkrone, die bei Protestanten und Katholiken in ganz Europa verbreitet gewesen ist. Kinder und ledig Verstorbene wurden nach ihrem Ableben oft mit einer reich verzierten Totenkrone geschmückt. In dem konkreten Fall konnten Pflanzenstängelreste sowie mit einem flachen Metalldraht umwickelte Fäden nachgewiesen werden. Selbst Haare fanden sich unter der Haube. "Damit könnte man einen DNA-Test machen", bemerkte Besener.

Auch im Bereich der Zähne waren die Knochen grün verfärbt, berichtete der Grabungstechniker von dem eher heidnischen Brauch des "Totenpfennigs", der den Verstorbenen wohl heimlich in den Mund gelegt wurde und bis dato im ostelbischen Raum nicht belegbar war, womit der Fund für Zerbst etwas Besonderes darstellt. Bei der stark korrodierten Münze handelte es sich um einen Hohlpfennig der Grafschaft Mansfeld, der um 1519/20 geprägt wurde und Rückschlüsse auf die Datierung der Bestattung zulässt. Dass es sich bei dem Skelett um eine weibliche Person zwischen 35 und 40 Jahren gehandelt hat, ergab die pathologische Untersuchung. Die Frau war etwa 1,52 Meter (plus/minus vier Zentimeter) groß. Sie litt unter starkem Zahnausfall und Karies bis hin zum Wurzelabzess sowie einer beginnenden Arthrose an der Brustwirbelsäule. In ihrer Nähe tauchte zudem der Knochen eines neugeborenen Kindes auf, das Besener der Frau aber nicht zuordnete.

Tipp: Im Zerbster Heimatkalender 2013 berichtet Frank Besener gemeinsam mit Dr. Ulrich Fach über "Die Totenkrone vom alten Nikolaifriedhof".