1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Weihnachten ohne die Lieben

Feiertage Weihnachten ohne die Lieben

Der eine oder andere Stuhl bleibt Weihnachten leer, denn nicht wenige müssen zur Arbeit. Die Volksstimme hat mit einigen gesprochen.

Von Thomas Kirchner 24.12.2020, 00:01

Zerbst l Die allermeisten Menschen freuen sich seit Wochen auf den Christbaum, die festlich gedeckte Kaffeetafel, die Weihnachtsgans oder darauf, den Liebsten mit einem kleinen Geschenk eine Freude zu bereiten. Doch nicht wenige sorgen auch an den Feiertagen dafür, dass sich die Räder des öffentlichen Lebens weiter drehen, beispielsweise Ärzte und Pflegepersonal, Polizisten oder der Rettungsdienst.

Kevin Spitzer, Pfleger im Anhalt-Hospiz Zerbst hat es im vergangenen Jahr auf den Punkt gebracht, als er meinte: „Wie sagt man so schön: Augen auf bei der Berufswahl.“ Das würden auch Tobias Felgenträger, Carmen Barthel und Assistenzärztin Christina Caspari so unterschreiben. Die drei arbeiten in der Zerbster Helios Klinik und haben am Heiligabend Dienst in der Notaufnahme. „Wenn es möglich ist, wechsele ich jedes Jahr, letztes Jahr habe ich Silvester gearbeitet, dieses Jahr habe ich mich für Weihnachten eingetragen“, sagt Schwester Carmen.

Die Tochter sei auch im Pflegedienst beschäftigt. Da müsse man dann schon schauen, wie man sich im Privaten organisiert. Im Übrigen arbeite sie seit mittlerweile 27 Jahren in der Zerbster Klinik, also nichts Neues für Schwester Carmen. „Ich habe Frühdienst, bis 14.45 Uhr. Da ist am Nachmittag und Abend natürlich noch einiges möglich. Das Schmücken des Baumes werde ich in diesem Jahr vorverlegen, was sonst ein Heiligabend-Ritual ist“, erzählt Carmen.

Wenn sie nach Hause kommt, werden Schwiegereltern und ihr Mann schon auf sie warten. „Gott sei Dank habe ich einen Mann, der auch kochen kann. Also ist das Abendessen auch schon vorbereitet“, sagt die lachend. Am Abend werde natürlich gemütlich gegessen und im Anschluss folge dann die Bescherung. „Wenn ich nach Hause komme, kann ich entspannen und den Heiligabend im Kreise meiner Familie genießen“, sagt Carmen Barthel.

Bei Pfleger Tobias sieht es etwas anders aus. Er hat wohl die undankbarste Schicht – den Spätdienst von 13.30 bis 22 Uhr. „Wenn ich zu Hause wäre, würde es ähnlich ablaufen wie wahrscheinlich in den meisten Familien: Vorbereitungen, Kaffee trinken, Abendessen, Bescherung“, erklärt Tobias. Man treffe sich vor dem Dienst zum Mittagessen. „Die Geschenke wechseln dann allerdings erst am 1. Weihnachtstag die Besitzer“, sagt Tobias.

Die Bescherung finde dann aber am Vormittag statt, denn Tobias hat auch am 1. Weihnachtstag Spätdienst. „Für mich ist das kein Problem. Wenn ich diesen Beruf wähle, weiß ich, was auf mich zukommt“, erklärt er gelassen. Außerdem müsse sein Freund ebenfalls arbeiten. „Er kennt sich aus, hat auch Wochenend- und Feiertagsdienste. Das macht vieles leichter“, sagt Tobias. Da hielten sich die Diskussionen in Grenzen.

Auch Christina Caspari muss in diesem Jahr umplanen. Sie ist Assistenzärtin für Orthopädie und Unfallchirugie und hat sowohl am Heiligabend als auch am 2. Weihnachtstag 24 Stunden-Dienst, jeweils von 9 bis 9 Uhr. „Normalerweise sitzen wir am Heiligabend Nachmittags zusammen, trinken Kaffee und plaudern nett. Danach geht es mit dem Freund oder der besten Freundin in die Kirche, anschließend Abend-essen und Bescherung“, schildert Christina Caspari. Bis auf den Kirchgang werde alles einen Tag vorverlegt, auf den 23. Dezember.

„Mein Freund und ich werden uns einen gemütlichen Abend mit Raclette machen. Da ich ja am 26. Dezember nochmal Dienst habe, bleibt der 1. Weihnachtstag eher zum Ausspannen und Relaxen“, sagt die Assistenzärztin. Ihr Freund ist Rettungsassistent und studiert momentan Medizin. „Er kennt sich also aus, musste und muss später also auch an Wochenenden und Feiertagen arbeiten“, sagt Christina Caspari.

Natürlich gebe es mit der Familie auch schon mal Diskussionen um die Wochenend- und Feiertagsdienste. „Aber es gibt immer Möglichkeiten, sich später zu treffen oder Feiern nachzuholen. Es ist so, wie es ist“, sind sich die drei einig. Im großen und ganzen akzeptieren die Familien die Berufswahl und die damit verbundenen Dienst. Man müsse sich eben entsprechend organisieren.

Nicht ganz so entspannt sehen es die Mitarbeiter der Zerbster Rettungsstelle des Deutschen Roten Kreuzes. Hier sorgt der Dienstplan regelmäßig an Weihnachten für Unmut. Der Dienstplan wird nach einem bestimmten System und Rhythmus erstellt – „und wenn man ganz viel Pech hat, haben immer dieselben Kollegen an Weihnachten Dienst. Dabei spielt es keine Rolle, ob vielleicht andere arbeiten wollen, die frei haben. Einige gehen alle Tage arbeiten, andere haben alle Tage frei“, berichtet das Team, das am Heiligabend eingeteilt ist.

Ungeachtet dessen werden auch sie – wie an anderen Tagen auch – voller Herzblut ihren Job erledigen, wenn sie gerufen werden und Menschen ihre Hilfe brauchen. „Mich stört es nicht, dass ich Weihnachten arbeiten muss, ist ja auch nicht das erste Mal“, sagt André Ahlfeld. Seine Kinder sind groß, und der jüngste Nachwuchs bekomme noch nicht wirklich viel vom Fest mit.

„Für meine Lebensgefährtin ist es sicher nicht schön, wenn sie allein zu Hause sitzt, aber Stress oder Diskussionen gibt es deswegen nicht“, schildert André. Am 2. Weihnachtstag habe er frei, dann feiert die Familie im kleinen Kreis. Man organisiere sich halt so, dass man doch noch etwas Zeit miteinander verbringen kann.

„Bei mir ist es in diesem Jahr etwas schwierig. Meine Frau arbeitet im Krankenhaus und muss in diesem Jahr auch arbeiten, wir haben beide Tagschicht und müssen halt sehen, wie wir die Kinder unterbringen“, sagt Fabian Reimann. Er arbeitet an allen drei Tagen jeweils von 7 bis 19 Uhr. „Viel Zeit bleibt da nicht, um mit den beiden Kindern – vier und acht Jahre – Weihnachten zu feiern.“

Bei Ingolf Breslich geht es da ruhiger und entspannter zu. „Meine Frau arbeitet im KV-Dienst (Kassenärztliche Vereinigung) und sie nimmt ihre Dienste so, wie sie kommen und nur Nachtdienste“, sagt Ingolf. Wenn es passt und die Kollegen mitspielen, würden auch schon mal Dienste getauscht. „So können wir dann wenigstens einen Tag gemeinsam mit den Kindern verbringen“, schildert Ingolf Breslich.

Mario Figiel ist seit 20 Jahren im Rettungsdienst und sagt: „Jeder weiß, dass wir auch an Wochenenden und Feiertagen los müssen. Die Familie hat sich inzwischen damit arrangiert.“ Man treffe sich schon am Heiligabend beziehungsweise an den Feiertagen mit den Kindern und Großeltern. „Das organisieren wir dann entsprechend den Diensten“, sagt Mario Figiel.