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Gericht Betrunken und ohne Führerschein am Steuer

30-jähriger Zerbster muss dank Fahrens ohne Lappen vor dem Landgericht in Dessau-Roßlau aussagen.

Von Andreas Behling 20.07.2020, 23:01

Dessau-Roßlau/Zerbst l Rechtsanwalt Hans-Peter Schulze druckste nicht herum. „Ich gehe davon aus, dass mein Mandant nicht kommt“, sagte der Verteidiger eines 30-jährigen Angeklagten aus Zerbst zu einem Zeitpunkt, da war die 4. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau noch gar nicht im Saal erschienen.

Vorgeworfen werden dem Mann, der sich in der Vergangenheit als mehrfacher Bewährungsversager präsentierte, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Trunkenheit im Verkehr und Kennzeichenmissbrauch. Zugetragen haben sollen sich die Gesetzesverstöße am 22. Januar 2019. Nun ist es normalerweise so, dass im Falle des Nichterscheinens die Berufung verworfen wird. Für den Zerbster würde das bedeuten, dass er für zwölf Monate ins Gefängnis muss.

Allerdings liegen hier die Dinge anders. Der Angeklagte war gegen die Entscheidung des Amtsgerichtes Zerbst vom 26. März 2019, welche eine andere Kammer des Landgerichts am 9. Dezember 2019 wegen der ihr fehlenden günstigen Sozialprognose bestätigt hatte, erfolgreich in Revision gegangen. Das Naumburger Oberlandesgericht betraute daraufhin eine andere Berufungskammer mit dem Fall. Und die wird nun am 30. Juli den zweiten Versuch wagen.

Dass der 30-Jährige im Vorfeld seinen Anwalt informierte, er habe vor dem vergangenen Wochenende Fieber bekommen, wollte der Vorsitzende Richter Thomas Knief jedoch nicht gelten lassen. „Mit einer Bescheinigung über Arbeitsunfähigkeit gebe ich mich nicht zufrieden. Ich will einen Beleg über die Verhandlungsunfähigkeit“, sagte er.

Der Verteidiger hatte freilich – in Abwesenheit der Kammer – anklingen lassen, dass der Zerbster mit Menschen Kontakt gehabt haben könnte, die in Schlachthöfen tätig waren oder sind, in denen das Coronavirus auftrat. „Am Telefonhörer machte er auf mich einen mitgenommenen Eindruck. Es kam mir nicht wie ein Hilferuf in letzter Sekunde vor“, so Schulze, der jedoch keine neueren Informationen präsentieren konnte.

Seinem Rat, sich bei Gericht zu entschuldigen, folgte der 30-Jährige zumindest nicht. Gleichwohl sei es dessen Ziel, so der Jurist, eine Bewährungschance zu erhalten. „Es ist ihm wichtig zu zeigen, dass er vernünftig leben will und kann. Ich denke schon, dass er bemüht ist, die Dinge in Ordnung zu bringen.“

Der Richter blieb skeptisch. „Er hat offensichtlich keine richtige Meinung und scheint ja nicht so richtig zu wollen“, hielt er fest. Zum neuen Termin wird wieder die Sachverständige erscheinen, die Angaben zur Fahruntüchtigkeit unter dem Einfluss von Alkohol und Betäu- bungsmitteln machen soll. Auch der Polizist, der den Zerbster seinerzeit kontrollierte, wurde erneut als Zeuge geladen.