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Heimatgeschichte Zerbst: Stadt der vielen Brücken

Die Volksstimme hat sich auf die Spuren der kleinen und großen Brücken in Zerbst begeben. Manch eine erzählt auch spannende Geschichten.

Von Thomas Kirchner 23.09.2020, 06:00

Zerbst l Sie ist Namensgeber für Ortschaften, Straßen, setzte einst Mühlenräder in Bewegung, überflutete bei einem Hochwasser 1770 mehrere Straßen in Zerbst, war früher die Grundlage für die Wasserversorgung der Stadt und wird in Heimatliedern besungen. Ja, sogar Geld ließ sich mit dem kleinen Flüsschen verdienen – der Nuthe.

Wie viele Brücken in der Einheitsgemeinde über die zahlreichen Nuthe-Arme führen, weiß wohl niemand so genau. Nur in und um die Kernstadt Zerbst sind es mehr als 50. Mit Venedig (rund 430) oder gar Hamburg (mehr als 2500) kann die Nuthestadt freilich nicht konkurrieren.

Allein vom Alten Teich bis zur Gartenstraße führen 18 Brücken über die Stadtnuthe – acht sind es am und im Schlossgarten vom Wächtergang bis zur Gartenstraße. Die bekanntesten, die auch den Straßen ihre Namen gegeben haben, sind die Wolfsbrücke, die Mühlenbrücke, die Alte Brücke und die Neue Brücke.

Sieben Brücken sind es noch einmal, die vom Alten Teich bis zur Gartenstraße über die Boner Nuthe führen, darunter die Brücke neben dem Kasernengebäude auf der Breite, an der Marienpforte, Fritz-Brandt-Straße, Corthumsweg, von der Käsperstraße zum Katharinenweg und von der Gartenstraße zur Stadthalle.

Dabei lassen sich die schönsten und idyllischsten Brücken in der Innenstadt finden, wie an der Frauenmühle am Weinberg, in der Mühlenbrücke oder auf der Alten Brücke, die rein optisch unansehnlichsten erstaunlicherweise im Schlossgarten, wie die vier Brücken auf der Turnierwiese oder die zwei Brücken aus oder in Richtung Schlossteich zur oder von der Stadthalle.

Wurde ab 1798 im Auftrag des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau der Schlossgarten in einen englischen Landschaftspark umgestaltet, begann nach 1945 der „Niedergang“ des Schlossgartens, schätzte Heinrich Hamann, ehemaliger Zerbster und bis zur Pensionierung Ende 2001 stellvertretender Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten 2002, ein. Vom einstigen Stolz sei wenig geblieben.

„Auch durch die Zerstörung der Nutheläufe ist viel vom Parkcharakter verloren gegangen. An Stelle der alten Brücken aus der Hoch-Zeit des Parkes gibt es heute katastrophale Notlösungen“, sagte der Experte vor fast 20 Jahren. Viele der „katastrophalen Notlösungen“ queren noch heute die Läufe der Nuthe im Schlossgarten.

Aber auch zahlreiche Mühlen ließen und lassen sich noch heute an den Läufen und Armen der Nuthe in der Einheitsgemeinde finden, wie beispielsweise die Ankuhnsche Mühle, die Poleymühle, die Frauenmühle, die Buschmühle, die Blumenmühle, die Kötschauer Mühle, die Neue Mühle, die Alte Mühle, die Zollmühle oder die Amtsmühle.

In früheren Zeiten ließ sich mit der Nuthe durchaus auch ein wenig Geld verdienen, wie die Geschichte von Henriette Schulze, auch als „Wasserjette“ bekannt, beweist. Sie verdiente ihre Brötchen mit dem Wasser des Flüsschens. Jette wurde 1835 als Kind armer Leute geboren. Der Vater war Kirchenschließer und Balgentreter an der Bartholomäikirche in Zerbst.

Henriette war alleinstehend und musste sich selbst ernähren. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie durch Wasserfahren (ein Fass kostete 30 Groschen), Teppichklopfen und sonstige Arbeiten. Das Wasser schöpfte sie aus der Nuthe.

Die Schöpfstellen waren bei der „Rammelsburg“ (Alte Brücke), an der „Ankuhnschen Mühle“ und am „Äppelwall“ (Post). Durch den Bau der Wasserleitung 1894 in Zerbst verlor sie ihre Arbeit als Wasserjette. Die Zerbster setzten der fleißigen Jette auf der Alten Brücke ein Denkmal.

Der Oberlauf der Nuthe besteht aus drei Quellbächen (auch „Nuthearme“ genannt), die im südwestlichen Fläming zwischen Wiesenburg/Mark und Zerbst entspringen, und zwar aus der nördlichen Nuthe – ihre Quelle befindet sich zwischen Nedlitz und Reuden (Hagendorfer Nuthe, im Unterlauf Lindauer Nuthe), der mittleren Nuthe, die bei Grimme entspringt (Grimmer Nuthe) und der südlichen Nuthe deren Quelle zwischen Jeber-Bergfrieden und Stackelitz liegt (Boner Nuthe).

Der nördliche Nuthe-Quellfluss fließt bis Lindau in südwestlicher Richtung, biegt am Sporn der Burg Lindau nach Süden ab und vereinigt sich bei Zernitz mit der aus Richtung Osten kommenden mittleren Nuthe. Nach weiteren fünf Kilometern Lauf in südlicher Richtung stößt die südliche Nuthe in Zerbst dazu. Vereint strömt die Nuthe in westlicher Richtung zur Mündung nahe Gödnitz in die Elbe.

Der Fluss hat eine Länge von 39 Kilometer – den nördlichen oder südlichen Quellfluss eingerechnet. Dem Tal der nördlichen Nuthe folgt teilweise die Bahnlinie von Bad Belzig über Güterglück nach Calbe (Saale), dem Tal der südlichen Nuthe die Bundesstraße 187a von Zerbst über Hundeluft nach Coswig (Anhalt).

(Quellen: Wikipedia, alt-zerbst.de, Volksstimme-Archiv)