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Feuerwehr Kommt noch wer, wenn es brennt?

Wie dramatisch die Situation der Zerbster Feuerwehren ist, wurde beim Hauptausschuss deutlich.

Von Arlette Krickau 23.02.2018, 07:00

Zerbst l Kreisbrandmeister Heiko Bergfeld gibt einen Einblick in die dramatische Situation: „Angenommen, in Grimme brennt ein Haus – ich glaube, den meisten ist nicht bewusst, dass dieses Haus derzeit wohl abbrennen wird. Bis wir in brauchbarer Einsatzstärke vor Ort wären, könnten wir nichts mehr für das Haus tun, nur noch versuchen, die Nachbarn zu schützen. Ähnlich sieht es aus, wenn jemand einen Unfall in Reuden hätte. Müsste hier jemand freigeschnitten werden, dann ist er hoffentlich nicht hart getroffen, denn wir bräuchten erst einmal 20 bis 30 Minuten, um überhaupt vor Ort zu sein“.

Vorausgegangen war die Faktenlage, die Stadtwehrleiter Denis Barycza den Mitgliedern des Hauptausschusses präsentierte. Die Entwicklungen klingen auch in den Zahlen dramatisch: In den vergangenen fünf Jahren hat die Feuerwehr Zerbst - und hier ist die Rede von allen Ortswehren der Gemeinde – 104 Kameraden verloren. „Das sind im Jahr etwa 20 Kameraden, genau so viele, wie wir uns an aktiven Kameraden in einer Ortswehr wünschen“, erklärt er.

Besonders heikel sieht es in den Wehren Bias, Leps, Steckby, Gehrden, Schora, Gödnitz, Mühlsdorf, Polenzko und Pulspforde aus. Nur zwei der Wehren haben noch einen Ortswehrleiter, Führungskräfte und Nachwuchs für die Wehrleitung gibt es kaum bis gar nicht.

Die gemeldeten Mitglieder einer Wehr bewegen sich hier zwischen acht und dreizehn Kameraden.

Auch Einwohnerversammlungen der Ortswehren Gehrden, Leps, Schora und Bias zeichnen ein trauriges Bild von dem großen Desinteresse der Bevölkerung. In Schora und Bias kamen jeweils nur zwei interessierte Einwohner. Einzig Gehrden konnte hier vier neue Kameraden gewinnen.

Um überhaupt noch einsatzbereite Wehren vorzuhalten, das heißt, mit genügend aktiven Kameraden und auch Führungspersonal, sieht Denis Barycza keinen anderen Weg, als dass Wehren zusammengelegt werden müssen. „Obwohl es hier natürlich optimal wäre, wenn die Wehren das selbst wollen und in die Hand nehmen“, betont er.

Vorstellbar wäre, dass die Ortsfeuerwehr Güterglück mit Gehrden und Moritz (Schora) zusammengeht, die Ortsfeuerwehr Walternienburg sich mit Gödnitz zusammenschließt, die Ortsfeuerwehr Steutz mit Steckby und Leps fusioniert, die Ortsfeuerwehr Dobritz mit Polenzko zusammengeht und die Ortsfeuerwehr Zernitz sich mit Buhlendorf zusammen tut.

Letztere erarbeiten gerade schon ein Konzept. Die Ortsfeuerwehren Garitz-Bornum und Mühlsdorf werden sich noch dieses Jahr vereinigen, das haben die Kameraden bereits auf den Jahreshauptversammlungen beschlossen.

Aber nicht nur die Feuerwehren selber können handeln. „Auch die Verwaltung, ob Stadt oder Land, muss jetzt anfangen, Einsatz zu zeigen“, sagt Barycza.

Bei den wenigen Kameraden, die es noch gäbe, könne man neben der Ausbildung und Einsätzen nicht noch verstärkt Mitgliederwerbung von den Wehren verlangen. Zwar gäbe es hier auch immer wieder kleine Aktionen, aber hier bräuchte man dringend Hilfe von der Verwaltung, vor allem personell. „Und vielleicht nicht unbedingt in Form eines Werbemittelkartons“, sagt der Stadtwehrleiter und spielt auf die Kiste an, die das Land für den neuen Feuerwehrtag an die Wehren schickte.

„Das Kartenhaus der Hilfeleistung darf man nicht zusammenbrechen lassen“, endete Barycza.