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Komödie ist Dessauer Theaterdebüt für Jenny Langner und Peter Wagner / Morgen ist Premiere Leben im Kirschgarten, als ob nichts wäre

Von Helmut Rohm 05.10.2012, 01:17

Mit Jenny Langner und Peter Wagner werden die Besucher im Großen Haus des Anhaltischen Theaters Dessau morgen Abend zwei neue Ensemblemitglieder erleben. Um 19 Uhr beginnt die Premiere von Anton Tschechows Komödie "Der Kirschgarten".

Dessau-Roßlau l Die beiden Schauspieler haben eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Beider Mütter haben ihre Kinder schon in der Schulzeit zu sinnvollen Freizeit- beschäftigungen angehalten. Jenny Langners Mutti achtete darauf, "dass ich meine Energie im positiven Sinne los werden kann". Das geschah beim Tanzen, Singen im Chor, sowie mit dem Umzug nach Stuttgart mit 11 Jahren im Kinderchor des dortigen Staatstheaters. Peter Wagner hat auf Muttis Wunsch im Schultheater mitgewirkt.

Beide haben gemeinsame geografisch ostdeutsche Wurzeln: Sie kommt aus Blankenburg/Harz, er ist in Dresden gebürtig. Das habe aber weder in der Ausbildung noch in der bisher mehr oder weniger langen Schauspieltätigkeit eine Rolle gespielt, stellen beide übereinstimmend fest.

Anders gestaltete sich der Weg zum künstlerischen Beruf. "Ich habe schon früh Gefallen gefunden, auf der Bühne zu stehen", stellt Jenny Langner rückblickend fest. Besonders beim Mitwirken in Stuttgarter Opernaufführungen habe sich der Wunsch gefestigt, später am Theater zu arbeiten, weil "ich die Bühne nicht mehr missen wollte". Mit Konsequenz und dem nötigen Ehrgeiz beschritt sie ihren Weg: Abitur, mehrmaliges Vorsprechen an Schauspielschulen, in Stuttgart angenommen, vier Jahre studiert, 2012 der erfolgreiche Abschluss. In Dessau hat sie sich als "junge Schauspielerin" beworben, wurde genommen - das erste Festengagement.

"Ein Mädchen, in das ich damals mächtig verknallt war, hat mich überredet, mit ihr nach Leipzig zum Vorsprechen zu fahren", erzählt schmunzelnd Peter Wagner zu seinem Werdegang. Es km aber nichts raus dabei. Irgendwann habe ihn, der im Dresdner Theater zunächst Tischler gelernt hat, doch der Ehrgeiz gepackt. Nach mehrmaligem Vorsprechen hat er an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam Schauspiel studiert. In Potsdam hatte er ein Festengagement, später arbeitete er freiberuflich.

Auch er hat sich jetzt in Dessau regulär beworben, erfolgreich vorgesprochen und ein Festengagement erhalten. Wieder eine Gemeinsamkeit der beiden Neuen.

Im "Kirschgarten" spielt Jenny Langner die Adoptivtochter Warja der Gutsbesitzerin Ranewskaja, Peter Wagner deren Bruder Gajew.

Die Abholzung des realen Kirschgartens und dessen Vermarktung ist in dieser Komödie, die eigentlich mehr ein Drama oder eine Tragödie darstellt, die einzige Lösung zur Rettung der von Insolvenz bedrohten Großgrundbesitzerfamilie. Mit einem gerüttelten Maß Galgenhumor, auch Augenzwinkern, schildert Tschechow dieses Leben, in dem alle so tun, "als ob nichts passiert wäre".

Der Kirschgarten sei ein Symbol für eine adelige Gesellschaft, die hinter der Zeit zurückbleibe, die an Traditionen festhalten wolle, obwohl die Entwicklung längst fortgeschritten sei, bringt es Jenny Langner auf den Punkt.

"Das Handeln der Personen ist ungemein konträr zur realen Notwendigkeit", fügt Peter Wagner an. Verdrängung sei das dominante Verhalten.

Auf Pump leben, Luftschlösser bauen, obwohl kein Geld da ist - und die Konsequenzen verdrängen. Da erinnert "Der Kirschgarten" im Kleinen und wohl noch mehr im Großen doch sehr an heutige Zu- und Umstände.

Die Regie führt Niklas Ritter. Das Bühnenbild hat Bernd Schneider entwickelt. Die Kostüme entwarf Ines Burisch. Niklas Ritters Bruder Till hat die Musik komponiert.