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Lutherischer und reformierter Glaube

19.06.2014, 01:19

Der Thesenanschlag Luthers 1517 gilt als Beginn der Reformation der Kirche. Als eine der ersten Städte Anhalts schloss sich Zerbst, sein Fürst und seine Kirchen dem Glauben jenseits des Ablasshandels, der unverheirateten Pastoren an. Doch es gab den Streit wegen der Deutung des Ausspruches "hoc est corpus meus". Luther hatte übersetzt "Seht, dies ist mein Leib". Was genau aber meinte die lateinische Ur-Fassung?

Dieser Streit war Auslöser der Reformation des lutherischen Glaubens. Zwingli und Calvin in Zürich und Genf meinten, dass beim Abendmahl in den Symbolen von Brot und Wein an Leiden und Auferstehung gedacht wird, im übertragenen Sinne sei die Anwesenheit Jesu beim Abendmahl gemeint. Luther in Wittenberg beharrte auf der wörtlichen Übersetzung: Christus werde im Abendmahl durch Brot und Wein regelrecht aufgenommen.

Es obliegt den Menschen, sich einer Variante zuzuwenden. Erstmals geschah dies in Anhalt im Jahr 1606: Die Kirchen vollzogen die Abkehr von der reinen lutherischen Lehre und übernahmen das Kurpfälzer Kirchenbuch - die Kirchenordnung, folglich die Abendmahls-Prozedur nach Zwingli und Calvin. Zerbst scherte hierzu 1648 aus, als Johann Fürst in Anhalt wird und seinen eigenen Hofprediger Dürre mitbringt. Jener wollte als Superintendent das Luthertum wieder einführen. Für die selbstbewussten Zerbster war dieses Diktat nicht hinnehmbar. 1679 wird der "Zerbster Religionsrezess" (Religionsvergleich) geschlossen, denn die Lutheraner hatten keine Kirche. Er bestimmt St. Nicolai als weiterhin reformierte Kirche und vereinbart den Bau von St. Trinitatis als lutherischen Kirche, der 1696 abgeschlossen ist.

1827 fanden die Glaubensrichtungen der evangelischen Kirchen zusammen, seither spricht man von "unierten" Kirchen in Anhalt. Noch heute belegt dies das "Unionsdenkmal" in St. Nicolai.