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Aktuelles Heimatfotorätsel weckt bei vielen Volksstimme-Lesern schöne Jungenderinnerungen Mutige Turmspringer pfeifen feschen Mädels hinterher

Von Daniela Apel 15.06.2013, 03:19

An mutige Sprünge vom 10-Meter-Turm, wunderbare Schwimmausflüge und tolle Boxwettkämpfe erinnerte das Heimatfotorätsel viele Leser in dieser Woche. Sofort erkannten sie im historischen Schwarz-Weiß-Motiv das gesuchte Zerbster Freibad.

Zerbst l "Das ist das Freibad. Ohne Badeanstalt verlief nicht ein Tag. Es war herrlich." Zurückversetzt in ihre Jugendzeit berichtet Annemarie Gommlich, dass sie nach Schule daheim erst den Abwasch erledigen musste, bevor es ins Bad ging. Lachend schildert die Ankuhnerin, wie sie mit ihrer Schulfreundin im Partnerlook mit Sonnenbrille "rumpromenierte" und ihnen die Jungs hinterher pfiffen. Auch vom Zehn-Meter-Turm, der auf dem historischen Foto abgebildet ist, sprang sie manchmal. "Das war schon sehr hoch", gesteht Annemarie Gommlich. Abends um Sechs musste sie dann wieder zum Gurkenpflücken zu Hause sein.

"Das links in der weißen Badehose auf dem Bild ist Bademeister Schulze, bei ihm habe ich Schwimmen gelernt an der Angel und mit Schwimmkissen", entsinnt sich Klaus Krüger, wie dafür eine Bahn gesperrt wurde. "Und wehe, da ist jemand reingesprungen, da gab\'s Ärger." Daneben erzählt er von der Wasserrutsche im mittleren Becken. Wenn sich allerdings niemand zum Pumpen fand, ging es die trockene Rutsche runter. "Da war der Po rot oder die Hose hatte ein Loch." Unterdessen sei es im Bereich des Überlaufgrabens immer glitschig gewesen. "Wir waren Wasserratten", gesteht Klaus Krüger. Er besaß damals eine Dauerkarte, um in den Ferien täglich baden zu gehen. Mit im Gepäck hatte er eine mit Malzkaffee gefüllte alte Bierflasche und Marmeladepemmen, die sich in der Sonne verbogen. "Wenn ich 20 Pfennig dabei hatte, konnte ich mir eine schöne dicke Waffel kaufen." Zudem beschreibt er, wie sie über die Mauer kletterten und durch die Nuthe liefen, um hinterm Freibad auf dem Feld der LPG Kohlrabi zu stibitzen. "Man durfte sich nur nicht erwischen lassen", bemerkt der Zerbster schmunzelnd.

"Da war der Po rot oder die Hose hatte ein Loch."

Klaus Krüger, Zerbst

"Das ist das damalige Stadtbad", erklärt Dr. Jürgen Hartmann, dass die Anlage vor den olympischen Spielen in Berlin 1936 gebaut wurde. "Als Ausweichstätte", weiß Lisbeth Straube. "Sehr, sehr oft" sei sie als Kind da gewesen. "Im Kiosk konnte man Eis oder Brause kaufen", sagt die Deetzerin. Und auch den mächtigen Obelisk vorm Eingang hat sie noch genau vor Augen. Unterdessen erinnert sich Jürgen Hartmann, wie sein Sohn - Sieben oder Acht war jener Ende der Sechziger - den Zehn-Meter-Turm erklomm und das, obwohl er noch nicht richtig schwimmen konnte. Nur: "Wer raufkletterte, musste auch runterspringen. So musste ich zusehen, wie er von oben ins Wasser sprang. Zum Glück ist alles gut gegangen."

Volker Gottschling ist Elf oder Zwölf gewesen, als er sich erstmals den Zehn-Meter-Turm hinauf wagte. "Ich habe mindestens eine halbe Stunde da oben gestanden, dann bin ich gesprungen." Er erzählt, wie das der Auftakt für weitere Sprünge selbst mit Anlauf war, die ihn bis in die Beckenmitte trugen. "So manchen Monat meiner Jugend habe ich da verbracht. Meist sind wir morgens die ersten und abends die letzten gewesen", berichtet Volker Gottschling von seiner Jahreskarte. Auch an Paul Schulze und seine Trillerpfeife kann er sich gut erinnern. Gewohnt hat der Bademeister in dem Haus, das auf der alten Aufnahme zu sehen ist.

"Igel" lautete der Spitzname von Bademeister Schulze, sagt Gerhard Könnecke, der den Zerbstern eher als "Eipe" bekannt ist. Vom 20. Mai bis 15. November 1945 war er - gerade mal 16 - aufgrund seiner Ausbildung im Freibad als Schwimmbadgehilfe beschäftigt. "Ich war der einzige, der Ahnung von Pumpen, Chlorierung usw. hatte", schildert "Eipe", wie er die relativ unversehrt gebliebene Badeanstalt nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in Gang brachte. 1948 legte er zwar noch in Halle seine Meisterprüfung ab, "aber ich habe nicht einen Tag als Schwimmmeister gearbeitet", nennt er die vorherige Entlassung der Stadt Zerbst als Grund. Zugleich erzählt Gerhard Könnecke, wie 1951 eines der Becken in einen Boxring verwandelt wurde. Zwischen 6000 bis 7000 Zuschauer hätten die Boxveranstaltung verfolgt, entsinnt er sich.

"Wer raufkletterte, musste runterspringen."

Dr. Jürgen Hartmann, Zerbst

"Das Wetter war damals besser, beständiger, so ging es jeden Tag raus zum Schwimmen", sagt Brigitte Osterwald. "Das Bad gefiel mir sagenhaft", weckt das alte Bild wunderbare Erinnerungen an ihre Jugend. Detlef Teßmann geht es genauso. Während er von Schwimmmeisterschaften auf Kreisebene erzählt, berichtet Andrea Siegesmund, wie sie mit dem Rad 14 Kilometer von Ronney nach Zerbst ins Freibad gefahren ist. Auch Rüdiger Paasch gehörte als Jugendlicher zu den vielen begeisterten Badegästen.

Unter allen Anrufern wurde ein Volksstimme-Kaffeepot verlost. Den Gewinn kann sich Klaus Krüger ab Montag in der Zerbster Lokalredaktion abholen.