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Corona-Krise Plötzlich ist alles so völlig anders

Die Schulen öffnen erst am 20. April. Wie geht es den Zerbster Abiturienten hinsichtlich ihrer bevorstehenden Prüfungen in der Corona-Krise?

Von Daniela Apel 03.04.2020, 01:01

Zerbst l Wie für alle Schüler im Land hat sich für die 56 Zwölft-klässler des Zerbster Francisceums das Lernen nach Hause verlagert. Am heimischen Schreibtisch bereiten sich die Gymnasiasten auf ihre letzten Klausuren und vor allem auf ihre Prüfungen vor. Über die Online-Plattform Moodle erhalten sie Aufgaben, auch die Möglichkeit zu telefonischen Nachfragen besteht. Diese Situation ist ungewohnt und birgt viel Unsicherheit. Durch die Corona-Pandemie hat sich plötzlich alles verändert.

„Es ist ein komisches Gefühl, so kurz vor den Abiturprüfungen, ,Zwangsferien‘ verordnet zu bekommen. Es reißt einen aus seiner Routine heraus“, sagt Esther Sophie Enke. „Vorher hatte man einen ganz genauen Plan, wie die letzten Wochen vor den Prüfungen laufen werden. Jetzt ist alles anders“, schildert die Zwölftklässlerin. Als „enormen Dämpfer“, bezeichnet es ihr Mitschüler Erik Dolezal. Auch wenn die Schulschließungen für ihn absehbar gewesen sind, war es für ihn dennoch ein Schock. Als „surreal“ empfand es Julia Steuer. „Dieses Jahr sollte wichtig und bedeutend werden, der Abschluss war sozusagen schon zum Greifen nah“, beschreibt sie die Gedanken, die ihr in dem Moment durch den Kopf schossen. „Die Sorgen lassen einen ehrlich gesagt gar nicht mehr los“, gesteht Julia.

Die Corona-Krise warf den gewohnten Alltag komplett um. Statt gemeinsam im Unterricht zu sitzen, arbeitet nun jeder für sich allein den Stoff durch und erledigt die Arbeitsaufträge. „Das erfordert ein hohes Maß an Selbstbeherrschung“, findet Esther. „Einerseits ist man natürlich immer schon darauf vorbereitet worden, selbstständig und in Selbstverantwortung zu arbeiten, andererseits ist es ohne jeglichen Schulalltag eine ganz andere Liga der Selbstständigkeit“, sagt die 19-Jährige. „Die Lehrer bemühen sich sehr, uns über Moodle eine Grundlage zu schaffen, mit der wir uns zu Hause auf die Abiturprüfungen vorbereiten können, und sie stehen für anfallende Fragen immer zur Verfügung“, erzählt Erik.

„Das einzige, was man nach zwölf Jahren Schule in den Händen halten möchte, ist ein vollwertiger Abschluss“, sagt er. „Der Gedanke daran, nur ein Durchschnittsabitur zu erhalten, hat mir regelrecht Panik bereitet, da ich mich ständig gefragt hätte, ob mein Abschluss genau so viel Wert wäre wie andere“, sagt Esther. Sie ist froh über den einheitlichen Beschluss der Kultusministerkonferenz, dass alle Bundesländer die schriftlichen Abiturprüfungen nun doch durchführen und so Chancengleichheit gewährleisten.

Inzwischen stehen die Prüfungstermine für Sachsen-Anhalt fest. Der neue Zeitplan wurde Anfang der Woche verabschiedet und sieht zwei Durchgänge vor. „Wir wollen uns an der ersten Runde im Mai beteiligen“, sagt Veronika Schimmel, Schulleiterin des Francisceums. Um zur Prüfung zugelassen zu werden, sind vorab noch Klausuren zu schreiben, deren Organisation inzwischen angelaufen ist. Schließlich sind in Anbetracht der Corona-Pandemie einige Auflagen zu erfüllen.

Lehrer und Schulleitung würden sich Mühe geben, alles so normal wie möglich zu gestalten, sagt Erik. „Sie versuchen, die Abiturienten zu beruhigen“, bestätigt Julia. Dennoch beschäftigt Erik die Frage, was nach dem Abitur kommt: „Wie werden die Bewerbungsverfahren an den Universitäten angepasst und inwieweit müssen wir uns jetzt auf Umstellungen gefasst machen?“

Natürlich drehen sich die Gedanken der Zwölftklässler auch um die Mottowoche und den letzten Schultag, die traditionell zum Abitur dazugehören und nun wahrscheinlich wegfallen. „Das ist traurig“, bedauern sie. „Unser Motto für den letzten Schultag wäre gewesen: ,ABInauten – keine Überflieger, trotzdem abgehoben‘“, verrät Esther. Sie hegt noch die Hoffnung, dass eine Möglichkeit gefunden wird, diesen besonderen Abschied von der Schule nachzuholen. Sie selbst wollte sich als Sternschnuppe verkleiden. „Man hat bereits angefangen, Gedanken zu seinen Kostümen zu entwickeln, die Gestaltung von den Plakaten und der Moderation wäre demnächst begonnen worden und die Choreografien für die Tänze waren fix“, bedauert Julia, dass die kreativen Ideen nun wohl nicht zum Einsatz kommen und andere Schüler begeistern können. Bislang noch nicht abgesagt sei der Abi-Ball, hofft Erik, dass sich die derzeitigen Umstände verbessern und jener wirklich stattfindet.

Nun jedoch hat für alle Drei eines Priorität: ihr Abitur.