1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Rätsel: Nicht alle erkennen den Großen Klosterhof und das kleinste Haus von Zerbst

Heimatgeschichte Rätsel: Nicht alle erkennen den Großen Klosterhof und das kleinste Haus von Zerbst

Von Thomas Kirchner 02.05.2021, 08:08
Der Große Klosterhof mit dem Kleinsten Haus von Zerbst heute. Die Straßen und Wege dem Großen Klosterhof sollen in Kürze saniert werden.
Der Große Klosterhof mit dem Kleinsten Haus von Zerbst heute. Die Straßen und Wege dem Großen Klosterhof sollen in Kürze saniert werden. Foto: Thomas Kirchner

Zerbst

Ob das vielleicht die Breite sei, rätselte Karin Baranski. Gabi Elz schloss sich dieser Meinung an und tippte ebenfalls auf die Breite. Sabine Kroll hingegen war der Meinung, dass es sich um die Mühlenbrücke handelt, die Ecke gleich hinter der Brücke in Richtung Breite und denkt dabei an das Haus mit der besonderen Tür. Daran hat Doris Krieg so ihre Zweifel: „Solch eine große Freifläche in der Mühlenbrücke?“, wirft sie in die Runde. Auch Claudia Schulze sagt „Nein“ zur Mühlenbrücke, denn sie wohnt dort.

„Das Bild gehört zu einem der Klosterhöfe. Ich weiß nicht nur nicht, ob der Große oder Kleine. Aber rechts, da ist das kleinste Haus von Zerbst zu sehen“, mischt sich Deike Gutenmorgen in die Online-Diskussion ein. Jetzt geht es also nur noch darum, welcher der beiden Klosterhofe auf der historischen Aufnahme zu sehen ist. Schließlich einigt sich die Facebook-Gruppe „Zerbster Kaffee & Gesprächsrunde“ mehr oder weniger auf den Großen Klosterhof. Und das ist dann auch des Rätsels Lösung, der Große Klosterhof mit dem wohl kleinsten Haus in Zerbst.

Bewohner des Großen Klosterhofes flüchten vor dem Angriff auf Zerbst

„Ich selbst gehöre zur Nachkriegsgeneration und bin auf dem Großen Klosterhof aufgewachsen“, schreibt Hans-Peter Schulze aus Güterglück. Seine Familie habe seit Generationen im Haus mit der Nummer 4 gewohnt. „Aus Erzählungen meines Großvaters Paul Sablinski ist mir bekannt, dass die Bewohner des Großen Klosterhofes in der Nacht vor dem 16. April 1945 gemeinsam mit ihren Habseligkeiten auf Handwagen geladen in Richtung Luso zogen und dort im Wald übernachtet haben“, schildert Schulze. Dadurch hätten sie den Bombenangriff überlebt.

Danach habe man gemeinsam Brände gelöscht, Trümmer beseitigt und die Häuser wieder in einen bewohnbaren Zustand versetzt. „Dieses furchtbare Erlebnis hat die Bewohner zusammengeschweißt und wir Nachkriegskinder hörten immer wieder den Spruch „ohne Frieden ist alles nichts“. Es entwickelte sich daraus eine besondere Solidargemeinschaft“, schreibt der Güterglücker Rechtsanwalt weiter.

Kinder sind behütet und glücklich aufgewachsen

Er könne sich noch gut daran erinnern, dass Haustüren damals nicht abgeschlossen wurden und die Kinder in der Straße sehr behutsam aufgewachsen seien. „Es war Frieden und es gab wieder genug zu essen. Wir Kinder haben sehr glücklich in dieser Gemeinschaft gelebt, trotzdem es kaum Spielzeug gab und viele Dinge, die es zum Leben brauchte, fehlten“, erinnert sich Hans-Peter Schulze an die Nachkriegszeit auf dem Großen Klosterhof.

Es seien Tugenden wichtig gewesen, die heute scheinbar verloren gegangen sind. „Zu dieser Einschätzung muss man aus menschlicher und juristischer Sicht kommen, wenn heute über die Grundrechte der Menschen diskutiert wird. Wir müssen wahrscheinlich Grundwerte wieder richtig einordnen“, meint Hans-Peter Schulze.

Bausubstanz der alten Häuser hat sich verschlechtert

Im Übrigen müsse daran erinnert werden, dass an der Bausubstanz des des Großen Klosterhofes bis 1989 ständig Sanierungsarbeiten durchgeführt wurden und dadurch die Häuser trotz Mangel in der Bauwirtschaft erhalten werden konnten. „Der schlechte bauliche Zustand des Großen Klosterhofes hat seit 1990 so zugenommen, dass von der mittelalterlichen Bausubstanz wohl kaum noch etwas zu retten ist. Diese Entwicklung ist nicht nachvollziehbar“, so Schulze.

„Meine Kollegen haben mich gleich morgens auf das Foto in der Volksstimme aufmerksam gemacht. Ich habe sofort erkannt, dass die Kinder auf dem Großen Klosterhof in spielen. Das Foto hängt ja schließlich auch mit Rahmen im Flur des kleinen Hauses rechts im Bild.

Mehr als 2000 Gäste der Stadt wohnten bereits im kleinsten Haus von Zerbst

Ich hoffe, meine Erinnerung trügt mich nicht, wenn ich sage, dass mir dieses Bild von Herrn Preuss zur öffentlichen Einweihung nach der Sanierung geschenkt wurde“, schreibt Michael Hanisch in seiner E-Mail. Kein Wunder, das er sich sicher ist, denn ihm gehört das kleinste Haus von ja schließlich.

Michael Hanisch: „Die ersten Gäste nach Wiederaufbau als Ferienhaus buchten im April 2012. Seitdem gab es etwa 2000 Übernachtungen. Darunter waren junge Menschen und auch ältere, ehemalige Zerbster Bürger, Kinder und Verwandte der Zerbster Einwohner.“

Erkannt haben den Klosterhof auch Harald Neupert, Fritz Rekow, Helmut Lehmann, Detlef Teßmann, Helmut Morbach, Isolde Wallendorf, Gerda Zähle, das DRK-Rateteam um Stefanie Alarich, Lothar Platte, Rosemarie Klitsch und das Rheingold-Rateteam aus Loburg.  Der kleine Sachpreis geht in dieser Woche an das DRK-Rateteam in Zerbst.

Zerbst Großer Klosterhof um 1930.
Zerbst Großer Klosterhof um 1930.
Repro: Thomas Kirchner
Das kleinste Hasus von Zerbst auf dem großen Klosterhof.
Das kleinste Hasus von Zerbst auf dem großen Klosterhof.
Foto: Thomas Kirchner