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Tiere Die Rettung des kleinen Schwan Ferdinand

Glück im Unglück für den kleinen Schwan Ferdinand. Das in Wörlitz gefundene Tier konnte gerettet werden.

Von Andreas Behling 26.07.2018, 23:01

Wörlitz l Ramponiert. Das Wort drückt noch einigermaßen freundlich aus, in welch wenig erbaulichem Zustand sich Ferdinand befand, als ihn Jessica Boas am Rande des Stegs unweit der Roseninsel im Wörlitzer Park entdeckte. Das war am frühen Nachmittag des 24. Mai 2018. Seither ist der kleine Schwan schon sichtlich in die Höhe geschossen und verspricht ein Prachtexemplar seiner Art zu werden.

Ein Wunder ist das nicht. Denn der Vogel wird nicht nur von Jessica Boas, die demnächst eine Lehre als Erzieherin beginnt, und ihrem Freund Roberto Krüger, umsorgt. Auch Kerstin Freier aus Vockerode und eine Familie aus Biederitz, auf deren Erfahrungen im Umgang mit pflegebedürftigen Tieren zum Glück der Storchenhof in Loburg hinwies, gewährten Ferdinand schon Quartier und die Chance, Erfrischung zu finden und das eine oder andere naturnahe Bad zu nehmen.

„Tatsächlich haben Stefanie und Adolf Otto mit ihren Töchtern Antonia und Miriam den größten Teil der Arbeit übernommen. Wir sind den Biederitzern sehr dankbar, dass sie Ferdinand in ihre Obhut genommen haben. Uns hätte hier vor allem der Platz gefehlt“, erzählt Kerstin Freier, die auf der Felseninsel „Stein“ für die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz als Gästeführerin arbeitet. Für Jessica Boas und sie war es ganz besonders schön zu erleben, wie vorsichtig-fürsorglich sich Ottos Hund Duplo um das Schwänchen kümmerte.

Weil die Familie, die laut Kerstin Freier in der Vergangenheit schon einen Bussard und Stockenten unter ihre Fittiche nahm, derzeit jedoch im verdienten Urlaub weilt, kann Ferdinand, dem in den Anfangstagen das Futter per Spritzen, die aus der Apotheke besorgt wurden, eingeflößt worden ist, ein paar sonnige Ferienstunden in seiner alten Wörlitzer Heimat verbringen.

Dort verfolgt er seine beiden aufmerksamen „Pflegemuttis“ mit seinen großen Füßen - Jessica Boas: „Ich habe gestaunt, wie warm die sind.“ - auf Schritt und Tritt.

Ferdinand ist offenbar eine dankbare und treue Seele. „Aber wenn man von hinten kommt und ihm über den Rücken streicheln will, das hat er nicht so gern“, hat seine Wörlitzer Finderin beobachtet. „Ihm ist es lieber, er bekommt mit, wer etwas von ihm will. Abends möchte er immer kuscheln. Dann macht er es sich - gestärkt zum Beispiel von Maiskörnern - auf meinem Bauch oder Rücken bequem.“

Dass es der Schwan trotz aller Bemühungen schaffen würde, das schien unmittelbar nach der Rettungstat übrigens nicht zu 100 Prozent ausgemacht. Zu lädiert wirkte der winzige Körper. „Sieht man jetzt jedoch seine Entwicklung, haben wir wahrscheinlich nicht viel falsch gemacht. Nun müssen wir bloß überlegen, wie wir Ferdinand über seinen ersten Winter bekommen. Denn irgendwie fühlt man sich ja verpflichtet, es zu einem guten Ende zu bringen“, findet Kerstin Freier.

Zumindest für die Vockeroderin ist es nicht die erste Hilfsaktion für einen Schwan gewesen. Vor fast genau sechs Jahren hatten Wachleute des Parks einen Vogel, der aus dem Schnabel blutete, zur Gästeführerin gebracht, die sich um die dringend notwendige tierärztliche Versorgung kümmerte. Sonst hätte der Schwan verhungern müssen, da ihm die Zunge durch den offenen unteren Gaumen hing.

Damals streckte Kerstin Freier das Geld für die Operation vor, bekam die Kosten wenig später aber von der Stiftung erstattet. Ihre Devise damals wie heute: „Es gehört zur Ehre, dass man sich um verletzte Tiere kümmert.“