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Tierheim Problem um Finanzierung eskaliert

Die Diskussion um die Finanzierung eskaliert. Das Tierheim in Zerbst droht der Stadt, ab sofort keine Tiere mehr aufzunehmen.

Von Thomas Kirchner 17.10.2020, 01:01

Zerbst l Das Zerbster Tierheim hat finanzielle Probleme. Seit einigen Wochen beschäftigen sich die Stadtverwaltung und die Stadträte mit diesem Thema. Nun scheinen die Fronten immer mehr zu verhärten, wie während der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses deutlich wurde. „Die Leiterin des Tierheims und Vorsitzende des Zerbster Tierschutzvereins hat vor wenigen Tagen in einem Schreiben mitgeteilt, dass sie ab sofort die Aufnahme von Fundtieren einstellt“, informierte Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) die Ausschussmitglieder.

„Das ist ein Punkt, der uns verpflichten soll, den Betrag von zusätzlichen 66.000 Euro zu den 96.000 Euro für das Tierheim bereitzustellen“, erklärte Dittmann. Die Stadt habe daraufhin deutlich gemacht, da die Leiterin des Tierheims offensichtlich die vertraglich vereinbarten Aufgaben einstellt, die Stadt ihrerseits mit sofortiger Wirkung alle Zahlungen einstellen werde.

„Wir haben ihr natürlich in aller Deutlichkeit die Möglichkeit eingeräumt, dass sie diesen Schritt der Stadt abwenden kann, wenn sie umgehend ihren Schritt rückgängig macht und die vertraglich vereinbarten Aufgaben erfüllt“, betonte Dittmann. „Ausschlaggebend für diesen Schritt könnte gewesen sein, dass sie sich trotz der uns und ihnen gegenüber vorgebrachten Überbelegung des Tierheims in der Lage sah, vom Veterinäramt des Landkreises 170 beschlagnahmte Ratten und anderes Getier im Tierheim aufzunehmen. „Da haben wir uns natürlich gefragt: Was soll das denn?“, so Dittmann.

Dem widerspricht Diana Hofmann, Leiterin des Zerbster Tierheims. „Die Stadt Zerbst hat dem Veterinäramt angezeigt, dass wir momentan überbelegt mit Tieren sind. So hatte ich anschließend ein Telefonat mit der Amtsveterinärin, die mir zu einem Aufnahmestopp geraten hat“, betont Hofmann. Aufgrund der Anzeige habe man reagieren müssen. „Dieses Schreiben und die angekündigte Maßnahme, keine Tiere mehr aufzunehmen, hat nichts mit den in Zerbst aufgenommen beschlagnahmten Ratten und entsprechenden Nachfragen zu dieser Aufnahme zu tun“, erklärt die Tierheimleiterin. Diese seien schon nach zwei Wochen weiter verteilt worden.

„So war ich vor einigen Tagen wie üblich zur Quartalsabrechnung im Rathaus und habe bei dieser Gelegenheit besagtes Schreiben übergeben, in dem eben auch angezeigt wird, dass wir zu viele Tiere haben“, so Hofmann. Wobei sie eine Mitschuld an der Überbelegung nicht leugnet. Allerdings: „Es sind eben alles Zerbster Katzen. Das heißt, wir haben das für die Stadt übererfüllt – und das jahrelang“, betont die Chefin des Tierheims.

Diana Hofmann bestätigt auch, dass das Tierheim kurze Zeit später ein Schreiben erhalten habe, in dem die Stadt mitgeteilt hat, sämtliche Zahlungen einzustellen, wenn der verhängte Aufnahmestopp nicht zurückgenommen wird. „Außerdem drohte man mit Schadenersatzforderungen, falls wir unseren vertraglich geregelten Aufgaben nicht nachkommen“, sagt Hofmann.

Die Stadt gehe davon aus, so die Chefin des Tierheims, dass keine im Tierheim befindlichen Tiere der Stadt Zerbst zuzuordnen sind, da keine Fundtieranzeigen in der Verwaltung eingereicht wurden. „Wir haben seit acht Jahren keine Fundtieranzeigen für Katzen bei der Stadt eingereicht“, gibt Hofmann zu. Dies sei jedoch vertraglich so geregelt, dafür habe man sich entschuldigt.

„Wir haben für unsere Fundtiere die entsprechenden Anzeigen nachgereicht. In diesem Jahr sind lediglich drei Katzen abgegeben worden“, sagt Hofmann und macht deutlich: „Wenn wir keine Zahlungen mehr erhalten, muss umgehend ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden, auch um die Gefahr einer Verschleppung zu umgehen. Im Übrigen haftet dann der Vereinsvorstand mit seinem Privatvermögen.“

Bestürzt zeigte sich die Tieheimleiterin über die in der Volksstimme veröffentlichte Umfrage unter den Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates zur Finanzierung des Tierheims. „Ich glaube, jedem lag die Präsentation vor, in der wir alle Aufnahmen und Vermittlungen dokumentiert haben. Es hat auch keinerlei Frage dazu gegeben. Jetzt ist zu lesen, man hätte keine Zahlen, ist absolut nicht nachvollziehbar“, ärgert sie sich.

Man arbeite teilweise 70 Stunden in der Woche, Tag und Nacht. „Uns geht es nur um die Tiere und natürlich würden wir das Tierheim gerne weiter betrieben. Aber wir arbeiten außerhalb der Gesetze, was Arbeitszeit und Pausen betrifft“, so Hofmann. So habe man seit einem halben Jahr erläutert, was notwendig und das finanzielle Minimum ist, damit die Menschen hier leben und arbeiten können. „Und natürlich sind wir gesprächsbereit und an einer einvernehmlichen Lösung interessiert“, betont Hofmann.

Das scheint inzwischen aber anders auszusehen, konstatiert Bürgermeister Andreas Dittmann auf Nachfrage der Volksstimme am 15. Oktober. „Mir liegen inzwischen nicht nur die Fundtiermeldungen vor, sondern auch die außerordentliche Kündigung des Vertrages mit Wirkung zum 31. Dezember 2020. Ich habe deshalb die Leiterin des Ordnungsamtes beauftragt, eine neue Lösung für die Aufgabe der Fundtieraufnahme zu erarbeiten“, so Dittmann.

Er schätze das Engagement der Mitglieder im Tierschutzverein. „Im Tierheim hat sich aber – nicht nur aus meiner Sicht – ein falsch verstandener Tierschutz etabliert, der so nicht weitergehen kann“, meint der Rathauschef.