Teil 2 der Volksstimme Serie "Zerbster Unterwelten": Das Stadtarchiv Viele erforschen die Familiengeschichte
Keller, Gewölbe und verschlossene Türen haben seit jeher etwas Geheimnisvolles. Die Zerbster Volksstimme schaut sich in einer losen Serie in der Zerbster Unterwelt um und öffnet auch Türen, die sonst verschlossen blieben. Heute: Das Stadtarchiv in der Schloßfreiheit 12.
Zerbst. Helle Wände, ein helles, strahlendes Orange in den Bögen des Gewölbes setzt Akzente, zwei Schreibtische, ein Tisch für Besucher und an den Wänden links und rechts große graue Schränke - so stellt man sich nicht gerade ein altes Gewölbe vor. Aber alt ist es, denn die Rede ist vom Stadtarchiv, das im Keller der Schloßfreiheit 12 beheimatet ist. Das etwa 1595 errichtete ursprüngliche Gebäude wurde für den Kanzler Dr. Laurencius Biedermann gebaut. Jetzt hat in ihm die Stadtverwaltung das Sagen, inklusive Keller, der das Reich von Margitta Felgenträger geworden ist.
In dem hellen freundlichen Raum begrüßt einen Margitta Felgenträger, nachdem sie die kleine versteckte Tür auf dem Innenhof geöffnet und einen direkt hierher geführt hat: "Das ist unser Besucherraum", erzählt sie und macht einen Schwenk mit ihrem Arm durch den Raum. "Besucher des Stadtarchives dürfen sich nur hier aufhalten."
Zugriff auf die etwa 10 000 Stücke des angelegten Bestands des Stadtarchivs hat nur sie. Diese sind auf 110 fortlaufenden Regalmetern im Magazin untergebracht. Wo eigentlich der Zutritt verboten ist, gewährt Margitta Felgenträger der Volksstimme ein kleinen Einblick. Noch eine Treppe tiefer eröffnet sich ein etwa 115 Quadratmeter großer Raum mit einer ebenfalls gewölbten Decke, die ihren höchsten Punkt bei etwa 3,05 Meter hat. Auch dieser Raum hat einen hellen Anstrich, zu dem die großen, hellen, rollbaren Magazinschränke und Regale passen. In ihnen stapeln sich Archivierungskartons, Sammelbände von Zeitungen, Ordner und Bücher. Die alten Buchrücken stechen deutlich zwischen den neuen Kartons hervor. "Davon gehört das Meiste zum historischen Archiv, das wiederum zur historischen Bibliothek gehört", erklärt sie.
Aber auch das Stadtarchiv hat so einige alte Stücke. Nachdem 1876 die Standesämter eingeführt wurden, wurden alle Geburten, Sterbefälle und Hochzeiten von den Verwaltungen festgehalten. "Viele kommen zu uns, um ihren Familienstammbaum zu erforschen", sagt Felgenträger. Dann blättert sie in den alten Registern mit Handschuhen an den Händen, um das Papier zu schonen, das größtenteils aber noch gut erhalten ist.
In einem Regal können die Aufschriften "Oberschule und Grundschule 4 Amtsmühlenweg" entdeckt werden. "Hier haben wir die Klassenbücher gesammelt", verrät sie. Zu Klassentreffen kommen gern Ehemalige und lassen sich die Namenslisten und auch einige witzige Einträge rauskopieren.
Ebenfalls immer wieder in-teressant sind Bauakten. "Vor allem, wenn ein altes Haus gekauft wurde und es saniert werden soll, wenden sich die Besitzer, die keine Bauzeichnungen zu den erworbenen Eigenheimen haben, zuerst an uns", so die Archivarin.
Damit die vielen alten Bestände gut erhalten bleiben, müssen in dem Gewölbe immer bestimmte, möglichst gleichbleibende klimatische Bedingungen herrschen. "Empfohlen sind 18 Grad Raumtemperatur und eine relative Feuchte von 50 Prozent", erklärt Felgenträger. Deshalb gibt es im Archiv eine Klimaanlage und hier und da sind kleine summende Apparate zu entdecken - Entfeuchter. "Einen Eimer Wasser bringe ich hier jeden Tag von den Geräten raus", sagt sie.
An den großen Raum grenzen noch zwei kleine, die Margitta Felgenträger mit ihren Archivalien auch zunehmend einnimmt. Mehr Platz ist dann aber nicht mehr.