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Waldbrände Kanada als Rechenvorbild

Die Waldbrandgefahrenstufe gibt an, wie hoch die Gefahr für einen Waldbrand in einer Region ist. Doch wie wird sie ermittelt?

Von Bianca Oldekamp 30.07.2019, 01:01

Zerbst | Immer häufiger kommt es auch in der Einheitsgemeinde Zerbst zu Wald- und Flächenbränden. Allein in den vergangenen zehn Tagen mussten die Zerbster Ortswehren zu zahlreichen Feld- und Ödlandbränden ausrücken. So standen Felder an der Tochheimer Chaussee, bei Lietzo, bei Bias, bei Kermen und zuletzt am Freitag bei Nedlitz in Flammen. Am Freitag galt die Waldbrandgefahrenstufe vier und seit Sonnabend gilt Warnstufe fünf – die Höchste.

Bestimmt wird die Waldbrandgefahrenstufe genau wie der Grasland-Feuerindex als Flächenbrand-Frühwarnsystem vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Während der Waldbrandsaison in Deutschland, die in der Regel von März bis Oktober andauert, stellt der DWD täglich aktualisierte Waldbrandgefahrenprognosen in fünf Stufen mit verschiedenem Gefährdungspotential bereit. Der Zeitraum kann im Jahr in Abhängigkeit von der aktuellen Witterung unter- oder überschritten werden.

Der sogenannte Waldbrandgefahrenindex (WBI), der später in den Waldbrandgefahrenstufen 1 bis 5 ausgegeben wird, dient den verantwortlichen Landesbehörden zur Einschätzung der Waldbrandgefahr sowie zur Ausgabe von Warnungen. Denn Waldbrandwarnungen fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich des DWD.

Für Sachsen-Anhalt ist das Landeszentrum Wald zuständig. Zerbst und der Landkreis Anhalt-Bitterfeld sowie die kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau fallen in den Zuständigkeitsbereich des Betreuungsforstamtes Dessau, das von Forstamtsleiter Michael Weninger geleitet wird.

„Die Daten des Deutschen Wetterdienstes nehmen wir als Grundlage“, sagt Michael Weninger. In die Entscheidung zur Festlegung der Waldbrandgefahrenstufe würde jedoch auch die örtliche und regionale Wettersituation sowie die Wetteraussichten im gesamten Zuständigkeitsbereich des Betreuungsforstamtes einfließen. „Die jeweils aktuelle Waldbrandgefahrenstufe übermitteln wir an die Einsatzleitstellen der Landkreise, alle benachbarten Forstdienststellen und an die Presse“, erklärt Weninger.

Berechnet wird der WBI auf Grundlage stündlicher Werte. Als Eingangsdaten in das Berechnungsmodell des DWD werden Lufttemperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Niederschlagsmenge beziehungsweise Schneemenge, sowie die kurz- und langwellige Strahlung der Atmosphäre verwendet. Das Berechnungsmodell orientiert sich an der Struktur des kanadischen Fire Weather Index (FWI) und betrachtet entsprechend den Boden, die Streuauflage und den Kronenbereich. Aus einem anderen Modell werden zur Berechnung der Waldbrandgefahrenstufe drei unterschiedliche Gefährdungsregionen berücksichtigt: die Bodenauflage als Ort der Initialzündung, die vermutete Laufgeschwindigkeit der Feuerfront und die geschätzte Bodenfeuchte.

Die Modellausgabe des WBI erfolgt in den Stufen 1 bis 5 (sehr geringe bis sehr hohe Gefahr), wobei auf den Maximalwert des Zeitraums von 14 bis 20 Uhr der Mitteleuropäischen Sommerzeit Zone zurückgegriffen wird. Dabei werden die Daten einmal am Tag gegen 6 Uhr mitteleuropäischer Zeit aktualisiert. Da Grasland wesentlich schneller in Brand gerät als Waldgebiete, ist die Flächenbrandwarnungsstufe (ebenfalls I bis V) in der Regel höher als die Waldbrandwarnung. Wichtig ist der Grasland-Feuerindex in erster Linie für die Landwirtschaft.

Zwei der größten Brände in diesem Jahr ereigneten sich vergangene Woche Donnerstag zwischen Steutz und Rietzmeck, wo ein Feldbrand auf ein Waldstück übergegriffen hatte sowie ein Feldbrand am Freitag bei Nedlitz. Hier konnten die 115 Einsatzkräfte ein Übergreifen der Flammen auf das angrenzende Waldstück in letzter Sekunde verhindern.