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Weltmeister Über ein Kilogramm ausgeschwitzt

Zerbst und seine Weltmeister: Die Volksstimme stellt Martin Hesse, Mister Universum 2017, vor.

Von Paul Schulz 16.05.2019, 01:01

Zerbst | Der Weg zum Titel „Mr. Universum“ ist ein Kraftakt. Er ist geprägt von Verzicht, hartem Training und körperlicher Belastung. Martin Hesse aus Zerbst ist diesen Weg dennoch gegangen und hat im Jahr 2017 in Hamburg den heiß begehrten Bodybuilding-Titel in der Klasse Mens Physique erlangt.

Das hätte ihm vor gut zehn Jahren wohl niemand zugetraut, wie der heute 27-Jährige erzählt. „Ich hatte eine schrecklich dicke Jugendzeit. Ich war fettleibig. Aber mit 17 Jahren bin ich dann immer mehr in ein Alter gekommen, wo es mir auch wichtig war, wie ich aussehe. Ich wollte mich umformen“, blickt Hesse zurück. Und er hat sich „umgeformt“. Zusammen mit Freunden ging er ins Fitnessstudio und schwitzte, und auch zuhause stemmte er Gewichte und trainierte.

Mit 23 Jahren sei so allmählich der erste Wettkampfgedanke in ihm aufgekeimt. Mit 24 besuchte er dann bereits die ersten Wettkämpfe. „Ich wollte auch erst antreten, wenn ich eine reale Chance habe“, sagt Hesse.

In Vorbereitung auf die Wettkämpfe besucht der Zerbster fünf bis sechs Mal die Woche das Fitnessstudio und hält Diät. „Allein schon die Zubereitung des Essens hat mich jeden Tag ein bis zwei Stunden gekostet“, sagt Hesse. Besonders schwer sei ihm während der Diät der Verzicht auf Süßes gefallen. „Ich habe schon selbst gemerkt, wie launisch ich werde. Meine Frau hat mich zum Teil gemieden, so unerträglich war ich“, blickt Hesse zurück.

Doch Training und Verzicht waren nicht umsonst: Mit seinen Erfolgen bei der Ostdeutschen Meisterschaft und anschließend bei der Deutschen Meisterschaft qualifiziert er sich für den internationalen Universe-Wettbewerb in Hamburg. Insgesamt treten 22 Athleten aus 18 Ländern, zum Beispiel aus den USA, Neuseeland, Russland und Israel, an.

„Das war so eine große Konkurrenz, ich dachte nicht, dass ich da eine Chance habe“, erinnert sich Martin Hesse. Und auch an einen großen Schreck kann er sich noch sehr gut erinnern. „Vor dem Wettbewerb wird jeder Athlet gewogen und gemessen, um zu überprüfen, ob er die Zulassungskriterien auch erfüllt. Bei mir hieß es dann plötzlich, dass ich gut 1,6 Kilogramm zu schwer sei. Das war ein Schock.“ Die Wettkampfvorschriften schreiben nämlich vor, dass das Wettkampfgewicht der Athleten die Körpergröße (in Zentimeter) minus 100 nicht überschreiten darf. Als Beispiel: Hesse ist laut Personalausweis 195 Zentimeter groß. Somit dürfte er beim Wettkampf maximal 95 Kilogramm wiegen. „Ich wurde jedoch mit 193 Zentimetern gemessen und wog etwas über 94 Kilogramm – so hätte ich nicht teilnehmen dürfen“, erklärt der Zerbster.

Hesse geht in die Sauna. Wasser ausschwitzen. Der letzte Strohhalm, die letzte Möglichkeit, um innerhalb kürzester Zeit noch Gewicht zu verlieren, denn ihm bleiben nur ein bis zwei Stunden. In der Sauna trifft er einen anderen Wettkampfteilnehmer, einen Israeli. Dieser gibt ihm Tipps, wie er mehr Wasser ausschwitzen kann. „Ich habe zum Beispiel meine Beine ,ausgewrungen' oder mir ein kühles Handtuch um den Kopf gewickelt, weil man dadurch wohl länger schwitzt“, sagt Martin Hesse. Ob es an diesen Tipps lag, oder ob normales saunieren auch ausgereicht hätte, weiß Hesse nicht, doch beim erneuten wiegen: Punktlandung. 93 Kilogramm. Innerhalb kürzester Zeit hat er über 1,5 Kilogramm ausgeschwitzt. Er darf teilnehmen.

Martin Hesse überzeugt mit seinem Auftritt die Juroren in Hamburg und findet sich prompt im Finale wieder. „Das Schwitzen hat auch deutlich die Form verbessert und die letzten Wasserreste eliminiert. So eine pergamentdünne Haut wie an dem Tag hatte ich zuvor noch nie“, sagt Hesse. Die Jury weiß das wohl zu würdigen und so geht der Zerbster letztlich als Sieger, als Mr. Universum, hervor. Der Israeli aus der Sauna landet auf Platz Zwei.

Verletzungsbedingt nimmt Martin Hesse von Wettkämpfen aktuell eine Auszeit. Dem Sport an sich bleibt er aber dennoch treu. So hat er beispielsweise dieses Jahr eine Kampfrichterlizenz erworben und er betreut andere Athleten. Wenn alles klappt, dann will Mr. Universum aber im nächsten Jahr wieder „angreifen“.