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Wirtschaft Immer mehr melden Gewerbe ab

Die Existenzgründungen in Zerbst stagnieren. Im Handel ist ein großer Rückgang von Gründungen zu verzeichnen.

Von Thomas Kirchner 12.08.2019, 01:01

Zerbst l Fachkräftemangel und fehlende Azubis sind längst zum Problem geworden, auch in Zerbst. Unternehmen und Handwerksbetriebe suchen händeringend nach qualifiziertem Personal und geeigneten Lehrlingen.

Doch wie sieht es eigentlich mit den Firmenneugründungen und Gewerbeabmeldungen aus? Immerhin stehen beispielsweise mehr als 15 Ladenlokale in der Zerbster Innenstadt leer. Hielten sich 2013 die An- und Abmeldungen von Gewerben noch in etwa die Waage, überwiegen zwischen 2014 und 2018 die Abmeldungen – in Zahl 802 – gegenüber 723 Gewerbeanmeldungen.

„Im Zeitraum von 2013 bis 2018 gab es den größten Rückgang bei den Handelsbetrieben. Hier scheint sich der allgemeine gesamtwirtschaftliche Trend zu einer Abnahme der stationären Einzelhandelsbetriebe auch in Zerbst abzubilden“, sagt Peter Staudte, Mitarbeiter im Gewerbeamt der Zerbster Stadtverwaltung.

Die Schließung von stationären Einzelhandelsbetrieben werde dabei nicht einmal ansatzweise von Neugründungen im sogenannten Onlinehandel aufgefangen. „Der Anteil an Handelsbetrieben am Gesamtgewerbe in Zerbst liegt bei 27 Prozent“, so Staudte.

Das zweite Sorgenkind sei der Rückgang bei den Handwerksbetrieben. „Hier scheinen sich auch die Probleme des Handwerks im Bundestrend widerzuspiegeln. Ein Großteil der Abmeldungen erfolgt hier aus Altersgründen der Inhaber“, weiß Staudte. Es würden sich leider immer seltener Nachfolger finden, die für eine Betriebsübernahme in Frage kommen.

„So werden die Firmen aus Altersgründen abgemeldet, die als Einzelunternehmen ohne Angestellte geführt wurden. Der Anteil an Handwerksbetrieben in unserer Stadt gemessen an allen Gewerbebetrieben beträgt 19 Prozent“, erläutert Staudte. Positiv: Die absolute Mehrzahl der gewerbetreibenden in der Einheitsgemeinde habe ihren Wohnsitz in Zerbst und seinen Ortschaften und ein Drittel der Neugründungen gehe erfreulicherweise von Frauen aus, nämlich 23 Prozent. Entsprechend seien es 77 Prozent Männer, die Firmen gründen.

Den größten Anteil an allen Gewerben verbuche das Dienstleistungsgewerbe mit knapp 50 Prozent, der über den benannten Zeitraum auch relativ stabil geblieben sei. In den letzten beiden Jahren zeichne sich ein Aufwärtstrend ab. „Es wäre jedoch verfrüht eine positive Bilanz zu ziehen, da die Branche starken Schwankungen bei den An- und Abmeldungen ausgesetzt sei“, so Staudte.

Ähnlich sieht es im gesamten Landkreis aus. „Die offiziellen Statistiken weisen für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld im Bezugsjahr 2018 die mit Abstand meisten Anmeldungen im Dienstleistungsbereich aus. Auf dem zweiten Platz folgt der Handel, auf dem dritten das Baugewerbe“, sagt Sven Horn, Leiter Geschäftsstelle Dessau der Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau. Die gleiche Reihenfolge finde man analog auch bei den Abmeldungen.

Im gesamten Vergleichszeitraum 2013 bis 2018 gab es im Landkreis Anhalt-Bitterfeld 5078 Gewerbean- und 5841 Gewerbeabmeldungen. „Bis auf weiteres gilt als belastbarer Befund aus dem Gründerreport: Die Neugründungen bleiben - über den gesamten IHK-Bezirk betrachtet - weiterhin rückläufig“, so Horn. Allerdings habe sich dieser Abwärtstrend verlangsamt, der Rückgang bei den Gründungen vollziehe sich also nicht mehr mit der gleichen Dynamik wie beispielsweise noch vor fünf Jahren.

Nach der Altersstruktur der Existenzgründer gefragt sagt der IHK-Geschäftsstellenleiter: „Flankierend dazu haben wir auch noch einmal unser Firmenregister nach den aktuellen, bisherigen Einträgen für 2019 bezogen auf die Stadt Zerbst selektiert. Die Gründer waren im Schnitt 40 Jahre alt.“ Erfahrungen aus der Erstberatung für Existenzgründer bei der IHK würden zeigen, dass die Mehrzahl der Existenzgründer aus der Altersgruppe „30 bis 40 Jahre“ stammt.

Auch bei den sogenannten „Start-ups“ mische Zerbst erfreulicherweise mit. „Eines der wenigen aktuellen Beispiele, das tatsächlich in diese Kategorie eingeordnet werden kann, ist das Unternehmen Gesellschaft für additive Fertigung mbH (GAF) aus Zerbst. Sowohl die Wirtschaftsfördergesellschaft des Landkreises (EWG) als auch die IHK haben die beiden Gründer Lukas Bergholz und Andreas Flöter im Gründungsprozess begleitet“, erläutert Sven Horn.

Interessante Randnotiz sei, dass die beiden Vater und Sohn sind – diese Konstellation sei grundsätzlich recht selten und daher umso bemerkenswerter. „Das junge Unternehmen produziert Kunststoffformen und -gehäuse auf Basis der 3D-Druck-Technologie“, sagt der Dessauer IHK-Chef.