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Gericht Zweite Chance für Feuerteufel

Das Urteil im Fall "Nuthaer Feuerteufel" ist gefällt: Zwei Jahre auf Bewährung und eine Geldstrafe sind das Ergebnis.

Von Arlette Krickau 30.01.2018, 00:01

Zerbst l „Schuldig in drei Fällen“, war der Urteilsspruch, den Richter Andreas van Herck Montagmittag verkündete. Es war der letzte Verhandlungstag, an dem nun auch ein Urteil im Fall „Nuthaer Feuerteufel“ gefällt werden sollte. Schuldig, mit einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung, legte das Gericht fest.

„Die Hauptfrage für uns war das Motiv, und wir sind zu der Einschätzung gekommen, dass es um soziale Anerkennung ging“, erklärte der Richter. Er und beide Schöffen hatten sich im Zuge des Verfahrens auch genauer mit ähnlichen Fällen beschäftigt, in denen das ein häufiges Motiv war. „Im Zuge der Zeugenvernehmung haben wir feststellen können, dass der Angeklagte ein sozial eingebundener junger Mann ist, der im Arbeitsleben steht und engagiert ist. Durch den Telefonmitschnitt, in dem er mit seiner Lebensgefährtin sprach, konnten wir aber auch erkennen, dass sie die dominantere Rolle einnimmt und er hier um Beachtung kämpfen könnte“, so van Herck.

Auch der in der Beweisführung angeführte, allerdings in der Vergangenheit fallen gelassene Fall, in dem der Angeklagte einen Löschzug mit Blaulicht überholte, um selbst zum Gerätehaus zu kommen, um auch beim Löschvorgang bei Alarmierung schnell dabei sein zu können, bekam viel Beachtung vom Gericht. Die Zerbster Wehr sowie die Stadt Zerbst hatten hier Strafanzeige gestellt. „So etwas macht man, wenn man löschen will, sich zeigen will, das Lob haben will“, so der Richter. Er räumte aber auch ein: „Es ging Ihnen nicht darum, Schaden anzurichten, sondern um Anerkennung.“

Das Gericht gehe davon aus, dass der Angeklagte die drei Brände bewusst gelegt hat. „Sicherlich gab es keine Augenzeugen, aber die Indizien sind so schwerwiegend, dass wenig Zweifel bleiben.“ Zu den Indizien zählt das Gericht:

1. Zwei Anrufe bei der Leitstelle, die einen Brand meldeten (einer der Brände, die verhandelt wurden). Die Anrufe gingen vom Handy des Angeklagten aus, ein Stimmtest wies nach, dass auch der Angeklagte selbst am Telefon war. Er gab aber einen falschen Namen an. „Gibt es für so ein Vorgehen eine andere Erklärung, als dass er selbst alarmiert werden wollte, um zu löschen und mit dem falschen Namen etwas verbergen wollte? Wir glauben, nein.“

2. Ein Zeuge sah am Brandort Poley Mühle das Fahrzeug des Angeklagten kurz vor dem Brand und erkannte das gleiche Fahrzeug auch wieder in Walternienburg, wo die Lebensgefährtin des Angeklagten wohnt.

3. Bei den beiden weiteren Bränden gibt es GPS-Daten eines Peilsenders der Polizei, die beweisen, dass das Fahrzeug des Angeklagten sich den Brandorten genähert hat. „Und wir konnten trotz Zeugenbefragung nicht herausfinden, ob Schlüssel für andere zugänglich waren oder das Fahrzeug von anderen mitgenutzt wird, was ausschließen würde, dass er nicht der Fahrer war“, argumentiert van Herck. Ausfälle des Peilsenders gab es, räumt er ein, aber bei den beiden Bränden seien alle Daten vollständig da.

Die Indizien seien so verdichtet, dass kein anderer in Frage kommt. Die zweijährige Haftstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, dazu noch 2000 Euro, die der Angeklagte an den Förderverein Schloss Zerbst zahlen soll, wurden bewusst vom Gericht gewählt. „Wir glauben, die Verhaftung und der öffentliche Prozess haben den Angeklagten schon sehr beeindruckt und sein Leben verändert. Wir glauben, in den zwei Jahren wird der junge Mann sich bewähren, denn er ist sozial gut eingebunden und hat ein ihm helfendes Umfeld. Eine zweite Chance hat jeder verdient“, so van Herck.

Der „Nuthaer Feuerteufel“ soll seit 2013 verantwortlich für viele Brände sein. Ab da war ein massiver Anstieg an Bränden in der Region festzustellen. Bei mehr als 50 Bränden war die Polizei vor Ort, zwei Jahre lang ermittelte sie, bis sie am 10. Juni 2016 einen Verdächtigen festnahmen, seinen Arbeitsplatz, Auto und Zuhause durchsuchte.

Der Verdächtige wurde schließlich in drei Fällen angeklagt: Der erste Brand am 21. Januar 2016 bei Poley Mühle. Dort brannten acht Strohballen. Der zweite Brand wird auf den 2. Juni datiert. Dort brannte in den Morgenstunden ein Imkerwagen zwischen Güterglück und Flöts ab. Der dritte Brand war am Tag der Festnahme, am 10. Juni 2016. An der Kreisstraße 1239, rechts an einem Feldweg hatte ein Waldstück gebrannt. Der entstandene Schaden wir insgesamt auf rund 27.000 Euro geschätzt.