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Mercury Rev: Weltraumoper im Zuckerbäckerstil

Von Werner Herpell, dpa 28.09.2015, 11:43

Berlin (dpa) - Ende der 90er Jahre waren sie Brüder im Geiste und Konkurrenten der Psychedelic-Spinner Flaming Lips. Dann machten sich Mercury Rev rar. Nun versuchen sie ein Comeback als Duo, mit einem stets an der Grenze zum Kitsch wandelnden Dreampop-Album.

Aber Kitsch kann, in Maßen genossen, ja durchaus einschmeichelnd und anrührend klingen. Und so ist auch The Light In You (Bella Union/Pias/Cooperative) letztlich ein sehr schönes Album geworden, das den Mercury-Rev-Kosmos logisch erweitert.

Denn die spacig-körperlosen Falsettgesänge von Jonathan Donahue und die futuristischen Klanggemälde von Sean Grasshopper Mackowiak, gepaart mit zauberhaften Folk- und Pop-Harmonien, waren ja schon immer irgendwie nicht von dieser Welt. Nicht zufällig trug bereits eine ihrer frühen Platten den Titel See You On The Other Side (1995).

Auch das neue Album hört sich an wie eine watteweich produzierte Weltraumoper, die man entweder in vollen Zügen genießen oder als arg abgedrehtes Zuckerbäckerwerk verreißen kann - it's up to You! Wer sich zur positiven Sicht auf The Light In You durchringt, wird mit einigen der besten Mercury-Rev-Songs seit ihrem großen Meisterwerk Deserter's Songs (1998) belohnt.

So begeistert schon der Opener The Queen Of Swans mit üppig orchestralen Sounds voller Wärme und einer durchdringenden Oboen-Melodie. Amelie klingt wie das Ergebnis einer gemeinsamen Studiosession von Pink Floyd und Prefab Sprout (bei deren traumverlorener Ballade Anne Marie sich Donahue/Mackowiak hier kräftig bedient haben).

Weitere Highlights des Comeback-Werks der US-Amerikaner sind  Central Park East und Coming Up For Air, in denen sich Donahues androgyne Vocals und bombastisch aufgeschichtete Chorgesänge mit sinfonischen Arrangements ergänzen, die tatsächlich zu den Sternen streben. Ein Überraschungsmoment dann kurz vor Schluss einer insgesamt sehr erfreulichen Platte: der stilecht psychedelische  Sixties-Popsong Sunflower. 

Fazit: Während die einstigen Weggefährten Flaming Lips derzeit nur noch durchgeknallt rüberkommen (zuletzt mit dem neuen Miley-Cyrus-Machwerk), sind  Mercury Rev immer noch eine verlässliche Indiepop-Größe. Nicht einmal das Fehlen von Über-Produzent David Fridmann auf The Light in You hat ihnen geschadet.

Konzerte: 6./7.11. Weissenhäuser Strand (Rolling Stone Weekender), 9.11. Köln, Studio 672, 11.11. Berlin, Postbahnhof, 15.11. München, Kranhalle

Website Mercury Rev