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Palace Winter: Folkpop trifft auf Krautrock

Von Werner Herpell, dpa 16.06.2016, 05:00

Berlin (dpa) - Das erste Studioalbum des dänisch-australischen Duos Palace Winter hat alles, was tollen Indiepop ausmacht. Eines aber nicht: einen unverwechselbaren Sound. Ob man dazu nun gut geklaut oder epigonal oder nur The War On Drugs sagen muss?

Man kann sich auch einfach an neun hochwertigen Liedern erfreuen, die die fantastischen Folk-Krautrock-Epen von Adam Granduciel alias The War On Drugs gewissermaßen weiterschreiben. Vielleicht ist Waiting For The World To Turn (Tambourhinoceros/Indigo) von Palace Winter ja auch als tiefe Verbeugung vor dem 2014er Meisterwerk Lost In The Dream des US-Kollegen zu verstehen.

Wie dem auch sei: Es klingt super, was der australische Singer-Songwriter Carl Coleman und der dänische Pianist Caspar Hesselager hier aus fetten Gitarren, treibenden Motorik-Beats im Kraftwerk- oder Neu!-Gedächtnismodus, allerlei Keyboards und verträumten Bariton-Gesängen im Studio zusammengeschraubt haben.

Schon das noch etwas rauere EP-Debüt Medication (2015) ließ viel erhoffen, auch hier war die Produktion bereits riesengroß und auf Überwältigung ausgerichtet. Die Reaktionen bei den Internet-Hipstern waren dementsprechend. Für ihren ersten Longplayer mischen Palace Winter den kantigen Rhythmen nun eine Menge Popsensibilität den geschmeidigen Melodien bei - auch R.E.M. kommen als Vorbilder in den Sinn, beispielsweise in der feinen Ballade What Happened.

Manchmal wünscht man angesichts dieser fast schon zu perfekten Platte, dass Coleman/Hesselager sich auch mal über sieben, acht Minuten in einem schier endlosen Gitarren-Mahlstrom oder einem Tunnel-Groove so verlieren wie Granduciel in seinen allerbesten Momenten. Doch das ist Jammern auf hohem Niveau. Waiting For The World To Turn mag es an Originalität mangeln, und man freut sich schon auf ein Palace-Winter-Album mit ganz eigener Handschrift. Aber bis dahin gibt es hier weiß Gott viel Schönes zu entdecken.  

Website Palace Winter