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Hardcore"War Music": Refused machen wieder Klassenkampf

Wegen ihres Erfolgs löste sich die schwedische Hardcore-Band Refused einst auf. Gut zwanzig Jahre danach liefert sie ein knüppelhartes Album ab. Mit der Weltrevolution dürfte es so allerdings schwierig werden.

Von Oliver Beckhoff, dpa 22.10.2019, 14:00

Umea (dpa) - Es kam einem musikalischen Erdbeben gleich, als Refused vor mehr als 20 Jahren "The Shape of Punk To Come" veröffentlichten. Bis heute gilt das Album als Meilenstein: Hardcore-Punk traf auf Jazz-Einflüsse und Elektronik-Samples.

Während die Scheibe 1998 einen Siegeszug um die Welt antrat, wuchs eine neue Hörerschaft, die sich kaum noch für die antikapitalistischen Botschaften der Gruppe um Sänger Denis Lyxzen interessierte.

Die Band wurde zum Verkaufsschlager, die Mitglieder zu Popstars. So unterschiedliche Künstler wie Linkin Park, Steven Aoki oder Blink-182 gaben die Schweden als großen Einfluss an. Die Band stürzte es in eine Identitätskrise, sie löste sich auf - und trat erst 2012 wieder zusammen. "Refused were f*cking dead", heißt es dazu im Albumanschreiben. Ein einzelnes Album steht seitdem zu Buche - mit "War Machine" kehrt die Band nun endgültig auf die Bildfläche zurück.

Und nicht vieles spricht dafür, dass sich die Geschichte wiederholen wird. Denn um die politischen Botschaften auf "War Music" zu überhören, muss man sich schon beide Ohren zuhalten. Und allzu viele Konzessionen an Hörer außerhalb der Hardcore- oder Punkszene gibt es auch nicht.

"War Music" ist hart, laut - und klar in seinen Aussagen: Kapitalismus und Patriarchat als Krebsgeschwüre, gewaltsamer Kampf gegen gegen das "eine Prozent" - eine Chiffre für die Reichen und Mächtigen, für die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen. "Time for some militance. The fight will come down for us and them" (Es ist an der Zeit für etwas Militanz. Der Kampf wird über uns und ihnen niedergehen), heißt es in "Blood Red". Und: "Blood red until we're fucking dead" (Blutrot bis wir verdammt nochmal tot sind). Auch vom "letzten Atemzug" des "einen Prozent" ist die Rede: Klassenkampf in Reinkultur.

In den Szene-Echokammern wird man sich über dieses fest in der Hardcore-Subkultur verwurzelte Album freuen. Dass "War Music" jedoch zum Katalysator für die von der Band herbeigesehnte Revolution wird, dürfte allein schon daran scheitern, dass das Album kaum Gefahr läuft, wie "The Shape of Punk to Come" einen Nerv zu treffen: vom Ende der Neunziger so populären "Nu Metal" spricht heute kaum jemand mehr. Und die großen Zeiten des Polit-Punk liegen noch länger zurück.

Allzu traurig wird das die Truppe um Lyxzen nicht machen. Schließlich fühlt sie sich, wie die Vergangenheit zeigt, ohnehin in der Subkultur wohler als im Mainstream - auch wenn sich so sicher nur schwer eine Weltrevolution anzetteln lässt.

Tourdaten: 04.11. Köln, Carlswerk - 05.11. Hamburg, Große Freiheit - 11.11. München, Tonhalle - 12.11. Berlin, Huxleys

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