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Griechenland 332 Milliarden für Kriegsverbrechen

Athen setzt alle Mittel ein, um seinen Verbleib in der Eurozone und die weitere Finanzierung des pleitebedrohten Landes zu sichern. Jetzt kommen - wieder einmal - Reparationen aus dem Zweiten Weltkrieg ins Spiel. Ein Minister droht gar mit Pfändung deutschen Eigentums.

12.03.2015, 04:56
FILE - Panagiotis Sfoudouris, a survivor of a WWII massacre from the town of Distomo, central Greece, holds a candle and a 1948 newspaper clipping depicting himself and his sister Maria standing before the grave of their parents and brother, all three victims of a massacre. Panagiotis Sfoudouris is taking part in a candlelight protest outside the German Embassy in Athens Greece on 06 January 2011, in support of their claims for war reparations.   EPA/ORESTIS PANAGIOTOU   (zu dpa "Reparationsforderungen aus Athen und Deutschlands Rechtsposition" vom 11.03.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++
FILE - Panagiotis Sfoudouris, a survivor of a WWII massacre from the town of Distomo, central Greece, holds a candle and a 1948 newspaper clipping depicting himself and his sister Maria standing before the grave of their parents and brother, all three victims of a massacre. Panagiotis Sfoudouris is taking part in a candlelight protest outside the German Embassy in Athens Greece on 06 January 2011, in support of their claims for war reparations. EPA/ORESTIS PANAGIOTOU (zu dpa "Reparationsforderungen aus Athen und Deutschlands Rechtsposition" vom 11.03.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++ ANA-MPA

Athen (dpa/dr) l Insider in Athen wussten es schon seit Wochen: Die neue Regierung will alles riskieren, um die weitere Finanzierung durch die Geldgeber zu sichern. Wieder einmal geht es um Forderungen nach Reparationen aus dem Zweiten Weltkrieg an Berlin. Ein Parlamentsausschuss soll prüfen, wie hoch diese Reparationen sein sollen. Eine Idee von der Summe hat man schon: Nach griechischen Berechnungen geht es um bis zu 332 Milliarden Euro. Der Bundeshaushalt für das Jahr 2015 umfasst knapp 300 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung sieht die Entschädigungsfrage als erledigt an. Der Streit erreicht damit einen neuen Höhepunkt und birgt die Gefahr, einen tiefen Keil zwischen Athen und Berlin zu treiben.

Der griechische Justizminister droht, deutsche Liegenschaften in Griechenland zu pfänden, falls es zu keinem Ergebnis kommt. Es geht um das Goethe-Institut von Athen, das traditionsreiche Deutsche Archäologische Institut sowie die deutschen Schulen in Athen und Thessaloniki.

Schuldenschnitt 1953
Regierungschef Alexis Tsipras verband am späten Dienstag in seiner Rede vor dem Parlament die griechischen Reparationsforderungen mit der Haltung Berlins zu den Schulden seines Landes wegen der Hilfsprogramme. Deutschland habe nach dem Ersten Weltkrieg schwere Lasten getragen. Das habe zum Nationalsozialismus geführt, so Tsipras. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei anders mit Deutschland umgegangen worden, dem Land sei unter die Arme gegriffen worden. Mit dem Schuldenschnitt von 1953 sei die Basis für den Aufschwung Deutschlands gelegt worden, sagte Tsipras - und griff damit die griechische Forderung nach einem Schuldenschnitt auf. Die deutschen Regierungen sperrten sich aber mit "juristischen Tricks", um nicht mit Athen über Reparationen zu reden, sagte er.

Zur Haltung des Bundesfinanzministers sagte Tsipras, ohne Wolfgang Schäuble beim Namen zu nennen: "Wir geben keinen Ethik-Unterricht, und wir akzeptieren auch keinen." Griechenland werde alle seine Verpflichtungen erfüllen. Manche aber "ermahnen den Sünder mit erhobenem Zeigefinger". Das erinnere ihn an Jesus, der sagte: "Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?", sagte Tsipras.

Beobachter, die mit dem Jargon der regierenden Linkspartei Syriza vertraut sind, gehen von zwei angestrebten Zielen aus. Einerseits wolle Regierungschef Tsipras seinen linken Flügel zufriedenstellen, indem er das Thema Reparationen wieder öffnet. Wenn andere die Schuld daran haben, dass Griechenland da steht, wo es sich heute befindet, weil sie keine Reparationen gezahlt haben, dann könne das vom kleinen Mann leicht geschluckt werden.

Andererseits ziele Tsipras auf eine Art Tausch ab: Schuldenschnitt für Deutschland 1953 gegen einen Schuldenschnitt für Griechenland 2015. Aufschwung durch Wachstum in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg - Aufschwung für Griechenland nach den Fehlern in Zeiten des süßen Lebens der vergangenen Jahrzehnte. "Alles ganz einfach", kommentierte ein griechischer Journalist hinter vorgehaltener Hand im Parlament.

Die Opposition warnte Tsipras. Es sei nicht richtig, die "gerechte Forderung" nach Reparationen mit dem anderen Thema der aktuellen Finanzprobleme Griechenlands zu verbinden, sagte der Chef der Sozialisten im Parlament, Evangelos Venizelos. "Das wird uns in die Sackgasse führen." Die Konservativen raten Tsipras schon lange, er solle das Spar- und Konsolidierungsprogramm in die Tat umsetzen. Nur so werde Griechenland aus der Krise herauskommen.

Nach einer Studie zum Thema Reparationen sind die Forderungen Athens schwindelerregend. Die Zeitung "To Vima" veröffentlichte das Papier am vergangenen Sonntag. Die Gesamtansprüche werden darin auf 269 bis 332 Milliarden Euro taxiert. Damit wäre Griechenland seinen Schuldenberg von 320 Milliarden Euro praktisch auf einen Schlag los.

epa04657190 A file photo dated 28 January 2015 and released on 11 March 2015, shows Justice Minister Nikos Paraskevopoulos during his swearing in ceremony at the Presidential mansion in Athens, Greece. According to reports on 11 March 2015, Paraskevopoulos warned that German property could be seized in compensation for wartime atrocities, in an escalating war of words with Berlin over Athens' current EU loan deal. EPA/FOTIS PLEGAS G. +++(c) dpa - Bildfunk+++
epa04657190 A file photo dated 28 January 2015 and released on 11 March 2015, shows Justice Minister Nikos Paraskevopoulos during his swearing in ceremony at the Presidential mansion in Athens, Greece. According to reports on 11 March 2015, Paraskevopoulos warned that German property could be seized in compensation for wartime atrocities, in an escalating war of words with Berlin over Athens' current EU loan deal. EPA/FOTIS PLEGAS G. +++(c) dpa - Bildfunk+++
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