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Florian Silbereisens "Die Besten im Frühling" Weniger wäre mehr gewesen

Nur 4,51 Millionen Zuschauer (15,4 Prozent) haben die Samstagabendshow
aus Magdeburg in der ARD verfolgt. Vor zehn Jahren lockten die Feste der
Volksmusik noch mehr als 7,5 Millionen vor die Fernseher.

Von Wolfgang Schulz 16.03.2015, 01:20

Magdeburg l Das begeisterte Publikum in der nicht ausverkauften Halle am vergangenen Sonnabend, das mehrfach im Stehen applaudierte und Zugaben forderte, sollte nicht der Maßstab sein. Es sind die treuesten der Treuen, die ihren "Flori" lieben und mit bunten Luftschlangen sowie aufgeblasenen Silberherzen nach den Anweisungen eines Stimmungsmachers die Luft aufheizen. In den Wohnzimmern dagegen scheint die Luft für die Feste der Volksmusik mit Florian Silbereisen immer dünner zu werden.

Die ARD hatte diesmal "Die Besten im Frühling" zu ihrer dreistündigen Livesendung eingeladen und diese auch nach Österreich übertragen. Zum Glück ist die Sendung bei unseren Nachbarn wenig verbreitet. Denn wenn das die "Besten" waren, die das deutsche Fernsehen zu bieten hat, werden wohl künftig noch mehr Zuschauer eher Krimis oder Sport sehen als die Schunkelparaden. Am Sonnabend hatte die Tagesschau 7,23 Millionen Zuschauer, der ZDF-Krimi kam auf 6,93 Millionen und die Sportschau auf 5,78 Millionen.

Über Länge der Sendung sollte diskutiert werden
Zu Beginn des Abends wurde von Maite Kelly und Ross Antony musikalisch die "Samstagnacht" beschworen. Ein echter Ohrwurm, mit dem am Ende die Zuhörer von Howard Carpendale verabschiedet wurden. Dazwischen gab es von den knapp 20 Interpreten mal mehr, mal weniger Mitreißendes zu hören. Zu spüren war das Bemühen, die Bereiche volkstümliche Musik, Volksmusik, Schlager, Popmusik, Musicals, Evergreens und Klassik irgendwie in einer guten Mischung unter einen Hut zu bringen. Ein bisschen weniger von allem wäre dabei allerdings mehr gewesen.

Vielleicht sollte auch mal über die Länge der Sendung nachgedacht werden. Wenn das Angebot an Spitzenkräften nicht so groß ist, reichen sicher auch zwei Stunden.

Showmaster Florian Silber-eisen, diesmal akkurat mit Schlips und Kragen, begrüßte seine Gäste, sang und tanzte mit ihnen in gewohnter Manier, konnte aber seine Ankündigungen von "vielen Storys und spannenden Überraschungen", die der Abend bringen würde, nicht erfüllen. Claudia Jung, Roland Kaiser, Johnny Logan, Jogl Brunner, Oonagh, Jörn Schlönvoigt und andere sangen neue und alte Titel, wobei die Hits vergangener Jahre meist am besten ankamen.

DJ Ötzi beispielsweise schwor noch vor der eigentlichen Sendung die Zuschauer auf seinen neuen Song "I want you to want me" ein und bat sie inständig, später bei seinem Vortrag aufzustehen, was diese auch brav taten, ohne in die Begeisterung wie für seine alten Hits zu fallen. Anna-Maria Zimmermann brachte frischen Wind in den Abend, langweilte jedoch mit Bildern von der eigenen Hochzeit.

Zu Höhepunkten der Sendung wurden ohne Zweifel der singende Brummifahrer Winni Biermann, das Ensemble des Musicals "Ich war noch niemals in New York" und Guidos Orchestra. Das Talent des 47-jährigen Biermann aus Bocholt wurde erst vor wenigen Monaten entdeckt. Mit der Robert-Stolz-Melodie "Ob blond, ob braun" sang sich der Amateurtenor in die Herzen der Zuhörer.

Niederländisches Orchester zum ersten Mal dabei
Die mehr als 70 Bläser und Streicher des niederländischen Orchesters von Guido Dieteren traten zum ersten Mal im deutschen Fernsehen auf und entführten die Zuhörer in eine Welt, in der Klassik und Pop zu einem facettenreichen Feuerwerk aus eingängigen Melodien verschmelzen.

Die Amerikanerin Gayle Tufts und Quizmaster Jörg Pilawa schließlich sorgten für eine humoristisch-musikalische Unterhaltung. Für die Besucher, die regelmäßig MDR-Radio Sachsen-Anhalt hören, bleibt der Trost, mal wieder aktuelle deutsche Schlager gehört zu haben - die der Sender ansonsten zu ihrem Leidwesen aus seinem Programm verbannt hat.