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Streit um Werbefolie 18-Jähriger legt sich mit der Post an

Unerwünschte Werbung ist nervig. Ist sie von Plastikfolie umhüllt, schadet sie auch noch der Umwelt, findet ein 18-Jähriger aus Niederbayern und legt sich mit der Post an. Die verteilt an 20 Millionen Haushalte in Deutschland die Werbezeitschrift "Einkauf aktuell".

11.08.2014, 01:25

Bonn (dpa) l Fast jeder kennt die Werbezeitschrift "Einkauf aktuell". Sonnabends liegt sie bundesweit in den Briefkästen von 20 Millionen Haushalten. Wer die Broschüre aber einfach ungeöffnet ins Altpapier werfen will, steht vor einem Problem: Das Heftchen ist in eine Plastikfolie gehüllt. Dagegen setzt sich nun ein 18-jähriger Niederbayer zur Wehr - und legt sich mit der Deutschen Post an, die das Blatt versendet.

"Schlimm genug, dass man sich nicht gegen die Werbung wehren kann. Aber dass das Heft in Plastik gehüllt wird, geht gar nicht", sagt Fabian Lehner aus Simbach am Inn unweit der österreichischen Grenze. Es wirkt wie ein Kampf David gegen Goliath. Vor mehr als zwei Monaten steckte die Werbung erstmals in Lehners Briefkasten.

60000 unterschreiben Petition gegen Werbeblatt

"Einfach wegschmeißen geht nicht, die Tüte muss in den gelben Sack und der Prospekt ins Altpapier", findet er. Ob dahinter eine Methode steckt, damit der Kunde die Zeitschrift nach dem Enthüllen erst einmal in der Hand hat und auch liest, weiß der 18-Jährige nicht. "Es ist aber aus Umweltschutzgründen nicht zu akzeptieren, dass so viel Plastik verschwendet wird."

Lehner startete eine Online-Petition. Rasch hatte er knapp 60000 Unterstützer: "Die Beteiligung hat mich schon überrascht." Es scheint, als hätte der junge Mann, der sich bei der freiwilligen Feuerwehr und der SPD in seinem Heimatort engagiert, den Nerv vieler getroffen. In seiner Petition ist zu lesen: "Laut Deutscher Umwelthilfe beläuft sich die Menge an diesen unnötigen Folienverpackungen, die das Fernsehprogramm und die Werbeprospekte umhüllen, pro Jahr auf rund 2886 Tonnen, was der jährlichen Menge an Kunststoffverpackungen von rund 83000 Bürgern entspricht."

Die Aufregung blieb auch der Deutschen Post AG nicht verborgen, die Lehner einlud. Er fuhr nach Nürnberg und überreichte die Petition. "Wirklich ernst genommen hat man mich und mein Anliegen aber nicht", berichtet er.

An einem Stehtisch im Flur habe ihn jemand empfangen. "Als ich die Hintergründe erklären wollte, wurde ich gleich abgewimmelt. Nach 15 Minuten war ich wieder aus dem Gebäude", erklärt Lehner. Die zuständige Fachabteilung müsse den Fall prüfen, hieß es. "Obwohl Herr Lehner erst 18 Jahre alt ist, nehmen wir sein Anliegen sehr ernst", betont indes Postsprecher Erwin Nier. Die Petition habe ein hochrangiger Produktmanager übernommen. Nach einer Prüfung der Unterlagen werde es zeitnah in den kommenden Wochen eine Antwort geben, versichert Nier.

"Einkauf aktuell" ist ein Produkt der Deutschen Post mit Fernsehprogramm und kleinem redaktionellen Inhalt. Im Jahr 2003 wurde das Heft erstmals verteilt. Im Innenteil steckt zudem Werbung. "Der Wunsch unserer Werbekunden ist es, die Sendung sauber zu verschicken", so Nier.

Konzern hält Plastik für ökologisch vertretbar

Prüfungen hätten ergeben, dass die 0,012 Millimeter dünne Folie unter Berücksichtigung von Rohstoffeinsatz, Energieaufwand, Wasserverbrauch bei der Herstellung und Gewicht die ökologisch schonendste Umhüllung sei. Der Empfänger könne durchaus das Werbeheftchen samt Folie wegwerfen, betont Nier. "In Gesprächen mit der Altpapierindustrie haben uns die Experten versichert, dass beim Recycling Papier und Folie sauber getrennt werden."

Die Broschüre wird wie eine Wurfsendung an alle Haushalte behandelt. "Wer das Heft nicht haben möchte, sollte den Hinweis "Keine Werbung" an seinen Briefkasten kleben", erklärt der Postsprecher. Sollte es dennoch im Briefkasten landen, sei dies ein bedauerlicher Fehler des Zustellers. Vor rund einem Jahr hatte ein Rechtsanwalt aus Lüneburg erfolgreich gegen die Deutsche Post geklagt. Er hatte "Einkauf aktuell" in den Briefkasten bekommen, obwohl er mehrfach schriftlich gegen die Zustellung der wöchentlichen Sendung protestiert hatte.

Einen Aufkleber "Werbung - nein danke!" wollte der Anwalt nicht an seinem Briefkasten anbringen. "Ich möchte selbst entscheiden, welche Werbung ich bekomme und welche nicht", hatte er damals erklärt. Die Richter am Landgericht Lüneburg gaben ihm Recht und beriefen sich in ihrer Begründung auf Artikel 2 des Grundgesetzes, der das Selbstbestimmungsrecht garantiert.